David Meili, 1. März 2009, 09:09 Uhr

In eigener Sache, Max Küng war kurz mal weg und Boris Becker heiratet in St. Moritz

Pressespiegel zum Wochenende vom 28. Februar/1.März 2009
090228_ursVom Einbruch im Inseratemarkt bleibt auch fotointern nicht verschont. Aufgrund der Auftragslage, die eine Kostendeckung für das Printmedium nicht mehr erlaubt, hat sich Herausgeber Urs Tillmanns entschlossen, die gedruckte Ausgabe von fotointern vorläufig einzustellen. Die erfolgreich lancierte Internet-Ausgabe bleibt davon nicht betroffen.

In einem Interview in der aktuellen Ausgabe des 14-täglichen Informationsmagazins (Ausgabe vom 1.März 2009) nimmt Tillmanns  Stellung zur aktuellen wirtschaftlichen Situation der Fotobranche in der Schweiz. Er weist vorerst daraf hin, dass bedeutende internationale Unternehmen, wie Agfa, Kodak, Konica-Minolta, Polaroid und Yashica-Contax innerhalb von kurzer Zeit vom Markt verschwunden sind. Zudem unterliegt der Fotohandel einem grundlegenden Strukturwandel. An Stelle von direkten Unternehmensvertretungen sind zunehmend Distributoren entstanden. Dadurch wurde der Kuchen bei den Margen bei der Werbung anders verteilt.

Die Einstellung der Branchenzeitschrift verhallt nicht ungehört. Hansruedi Morgenegg, Präsident des VFS, bedauert, dass damit ein wichtiges Sprachrohr und zugleich ein wegen seiner hohen Qualität geschätztes Fachmedium verloren geht. Auch Christian Reding von Olympus, der regelmässig aus seinem Unternehmen interessante Information vermittelte, bedauert den Verlust von fotointern als PR-Plattform und weist seine Leser/innen auf das deutschsprachige E-System-Forum unter www.oly-forum.com hin.

fotointern.ch wird die Printausgabe nicht ersetzen können. Profunde Markt- und Erfahrungsberichte, wie in der Ausgabe 2/2009 über portable Blitzanlagen lassen sich kaum und sicher nicht kostendeckend für das Internet erarbeiten und publizieren. Wir werden uns noch intensiver auf möglichst aktuelle und kompetent aufgearbeitete Meldungen aus Technik, Fachbranche und Fotogeschehen konzentrieren, die wir Ihnen in unserem täglichen Newsletter in der Übersicht zustellen können.

Fotointern ist innerhalb der Fachpresse im deutschsprachigen Raum kein Einzelfall. Auch für Monatsmagazine dürfte die Luft dünner werden. Wohl sind im Kioskverkauf noch eine Reihe von Zeitschriften verfügbar (und oft kommen sogar neue hinzu), doch sie werden zunehmend schmäler im Umfang wie in der inhaltlichen Qualität. Leider musste auch PHOTOGRAPHIE den Schweizer Split im vergangenen Jahr einstellen. Andere Zeitschriften setzen vermehrt auf Sonderpublikationen, z.B. in Zusammenarbeit mit Softwareherstellern und Reiseveranstaltern.

090301_du_coverFür Qualitätszeitschriften im obersten Preissegment, die Fotografie publizieren, scheint ein Markt zu bestehen. Wallpaper und Monocle sind nur zwei von mehreren Medien, die den globalisierten Markt nutzen. Du hat sich in den vergangenen Monaten im deutschsprachigen Raum mit gewichtigen Fotoreportagen und Reportagen über Fotografen profiliert. Auch die Ausgabe vom März 2009 überzeugt. Sie bringt unter eine Vielzahl von Beiträgen zum Thema Identität eine Langzeitreportage von Andreas Seibert über Wanderarbeiter in China. Charles Fréger spielt mit dem Gegensatz von Gruppe und Individuum. Wang Qingsong ist einer der bedeutendsten Fotografen Chinas und gibt in einem Interview Einblick in seine Arbeit und seine Betrachtungsweise.

090228_zZ Die schönen Seiten nennt sich das Luxusmagazin der NZZ und der NZZ am Sonntag. Um ein attrakives Werbeumfeld zu schaffen, bringt die Redaktion (im Gegensatz zur Tageszeitung) immer mehr Qualitätsfotografie mitein. Die Ausgabe vom März 2009 beginnt mit einer Bildkomposition von Walter Pfeiffer mit Flaschen des Tiroler Schnapsproduzenten Rochelt. Natürlich verschwischen sich Redaktion, PR und Produktewerbung, – man setzt ja auf „Die schönen Seiten“ des Lebens, – und dies bedeutet für die Herausgeber Konsum. Welche Einfluss die Rezession auf die Mode hat ergründet Chefredaktor Jeroen von Rooijen selbst in einem Essay mit aufwändig gestalteten Modeaufnahmen von Sarah Maurer (Styling Kim Dang). Auch die Modefotografie selbst wird zum Thema in einem illustrierten Interview mit Bruce Weber, der durch Werbekampagnen von Calvin Klein und Ralph Lauren weltweit bekannt wurde. Es folgen vier weitere Modeseiten mit Backstage-Aufnahmen der Modeschau von Akris. Ganz klein gedruckt entdeckt man, dass die interessanten Aufnahmen von Tobias Siebrecht beigetragen wurden.

090228_magazinfotointern.ch hat sich vor längerer Zeit gefragt,weshalb Max Küng für einige Wochen nicht mehr in DAS MAGAZIN präsent war. Nun wissen wird, dass er kurz mal weg war, nicht auf einer Pilgerreise, sondern auf einer klassischen GRAND TOUR zwischen England und Budapest. Was buchfüllend wäre, bringt DAS MAGAZIN in einer einzigen monothematischen Nummer. Eigentlich zeigt uns auch Küng die „schönen Seiten des Lebens“. Es ist das Reisetagebuch eines hedonistischen Gentlemans, etwas sentimental, oft ironisch doch niemals verletztend. Die Redaktion hat Küng einen kongenialen Fotografen zur Seite gestellt. Lukas Wassmann studierte in Zürich und bildet sich zur Zeit in Los Angeles weiter. Ungewöhnlich: Wassmann fotografiert analog und hat von der Reise sehr interessante Stimmungsbilder mitgebracht.

Das magazin zum SonntagsBlick kämpft mit dem mageren Angebot an interessanten People in der Schweiz. Wie Whitney Toyloy mit ihrer Katze zu Hause lebt, haben wir aus anderen Publikationen des gleichen Medienunternehmens auch schon erfahren. Christoph Chammartin bringt JUSO-Präsident Cédric Wermuth als zornigen jungen Mann ins Bild. In einer Beilage zum Automobilsalon erfahren wird, dass Francine Jordi Peugeot fährt. Michael Sieber hatte die originelle Idee, Prominente mit Modellautos abzubilden.

Die beste People-Story des Wochenendes entging Blick wie der übrigen Presse. Als die Zeitungen bereits gedruckt wurden, kündigte Boris Becker gegen den Schluss der Sendung von Thomas Gottschalk an, er werde am 12. Juni mit Lilly Kerssenberg in St. Moritz Hochzeit feiern. Dies war der denkbar unglücklichste Zeitpunkt für Printmedien. Becker dürfte für die Ankündung nicht zufällig das reichweitenstärkste Medium gewählt haben.

stark_jack1Doch offensichtlich fehlen heute People-Reporter, wie Jack Stark, über den im Verlag Rüffer&Rub eine aufschlussreiche und witzige Autobiographie erschienen ist. Stark hätte zweifellos frühzeitig Wind von der Sache bekommen und in letzter Minute die Frontpage umgebaut.

11 Kommentare zu “In eigener Sache, Max Küng war kurz mal weg und Boris Becker heiratet in St. Moritz”

  1. Dieser Schritt ins der Richtige. Die Printausgabe ist seit langem überholt. Fotointern war und ist ein wichtiger Newsletter der Schweizer Fotobranche. Doch das festhalten an Papier ist schlechtweg nicht mehr Zeitgemäss und letztlich unökologisch. Ich bin ein fleissiger RSS Feed und blog Leser seit langen vom BJP, PDN und dem RSS feed von fotointern.

    Wer der Printausgabe nachweint hängt im gestern rum. Ich bin ehrlich und froh und hoffe das es nie wieder eine Printausgabe geben wird, die erklärung ist einfach die News deren informationswert weniger als 6 Monate gehören nicht auf Papier gedruckt, dass ist zu teuer und dient nur der Abholzung unserer Wälder.

    Natürlich ist ein einstampfen der Printausgabe einem bestehenden Betrieb nicht ohne Kollateralschäden möglich von den Emotionen die sich mit einem Produkt welches man in Händen halten kann wollen wir gar nicht erst reden.

    Ihr seid aber auf dem richtigen Weg!

  2. Die oben genannte Meinung zu Print- und Online-Publishing mag man ja haben, aber Sie ist radikal, sicher nicht representativ und bisweilen gar faktisch falsch.
    Hier also eine „andere“ Ansicht:

    – wenn nicht mehr gedruckt werden soll, mit Newswert von weniger als 6 Monaten, braucht es keine Zeitungen und Magazine mehr.
    Nicht jedermann hat aber einen PC im richtigen Moment zur Hand oder will News prinzipiell nur digital konsumieren. Tausende von Pendlern lesen jedenfalls gerne Ihre Morgenzeitung in Zug und Bus in papierner Form.
    Ich habe das Fotointern neben ÖV auch im Bad, auf dem Balkon, auf der Toilette und primär im Geschäft gelesen, wenn zwischen Kunden ein paar Minuten freie Zeit blieben, aber kein PC direkt verfügbar war.
    Meine Frage im Team heute hat ergeben, dass von 12 Mitarbeitern ausnahmslos alle die gedruckte Version bevorzugen (ich habe nicht deklariert, warum ich frage). Die Anname also, dass es keine gedruckte Ausgabe mehr braucht, mag für einige zwar zutreffen, ist aber ansonsten grundlegend falsch.

    -dann wäre noch die Frage des Inhalts: ich mag mich an sehr informative, aufwändige Beiträge erinnern, zu letzt jene über die portablen Blitzanlagen, aber auch über einen grandiosen Vergleich von Fotobüchern.Diese Beiträge sind nicht nur besser und übersichtlicher zu konsumieren in Printform, sondern ohne eine Printausgabe mit deren Anzeigeeinnahmen gar nicht mehr möglich, weil nicht finanzierbar.
    Ich gehe davon aus, dass für diese online-Beiträge auf fotointern kaum akzeptables Honorar bezahlt wird, dann frage ich mich, wie man umfassende, spannende Geschichten zusammen tragen will, ohne dafür etwas zu bezahlen. Eine Kooperation zwischen online- und print wäre hier also das Wunschszenario. Und dieses, das ist meine Kritik an fotointern, ist viel zu wenig genutzt worden. Wann kam eine spannende Geschichte online, wo am Schluss noch auf einen Zusatzbeitrag oder ein Zusatzinterview mit Mehrwert im Heft verwiesen wurde? Wann gab es zu einem Beitrag im Heft auch noch eine LInkliste oder Zusatzinfos online? leider nie.

    -Umweltverträglichkeit ist angesprochen und die Abholzung der Wälder. Letztere ist mir auch zu wider und müsste gestoppt werden. Dies allerdings in diesem Kontext zu erwähnen und für elektronische Medien zu plädieren ist allerdings der blanke Hohn. Jede neuzeitliche Studie belegt, dass die Naturbelastung von IT-Infrastruktur heute viel belastender für die Umfelt ist. Kleiner Tipp: im Internet mal danach suchen, was eine Google-Anfrage an Naturbelastung „kostet“ – mit dieser Anfrage hat man dann bereits mehr als eine fotointern-Ausgabe in Print „kompensiert“.

  3. Liebe Redaktion. Der Entscheid ist natürlich nur bedingt Nachvollziehbar. Die Online Variante ersetzt auf keinen Fall die Printausgabe, welche über Wochen hinweg mehrfach zur Hand genommen wird und durch mehrere Hände gereicht werden kann. Bitte prüft dich auch die Möglichkeit, die Printausgabe als PDF bereitzustellen, gerne auch Kostenpflichtig. Danke.

  4. Hallo.
    ich sehe es grundsätzlich auch so wie die Beiträge 2 und 3 umschreiben. Die Meinung in Beitrag 1 ist ziemlich „betriebsblind“, weil sie ganz einfach nicht auf die Zielgruppe eingeht.
    Für mich ist der Entscheid teilweise nachvollziehbar, weil ja kaum jemand gerne über längere Zeit einfach Geld verliert und die Fotobranche auch eine gehörige Mitschuld trägt, wenn man eine Fachpublikation Inseratemässig einfach ignoriert.
    Allerdings hätte ich mir auch gewünscht, dass da vom Herausgeber etwas mehr Puste da ist und man eine Durststrecke auch mal durchstehen muss.
    Dies ist auch einer der Gründe, warum ich nicht an ein wieder erscheinen der Printausgaben glaube. Wer inseriert schon in einem Medium, dass in zwei Wochen dann vielleicht bereits wieder aufgbiebt.
    Die in Beitrag 2 erwähnte Kooperation zwischen elektronischen und gedrucktem Medium ist wirklich zu kurz gekommen. Dies war ja ein Vorteil, den sonst kaum jemand hatte.
    Für fotointern.ch sehe alleine sehe ich realistisch eher schwarz. Denn es gibt dutzende oder gar hunderte Fotoportale, die zumindest gleich, oft aber auch besser und umfassender informieren.
    trotzdem alles gute.

  5. An Stelle von Urs Tillmanns, der ab Morgen von der PMA berichten wird, erlaube ich mir einige kurze Bemerkungen.
    Verlag und Redaktion haben in zahlreichen Gesprächen mit Inseratekunden und Partnern seit vergangenem Sommer nach Lösungen gesucht. Mit dem für alle Beteiligten schwierigen Schritt wurde zugewartet, bis definitive Grundlagen für die mittelfristige Planung von Seite der Inserenten und Agenturen vorhanden waren.
    fotointern.ch wurde nicht als Ersatz geplant und aufgebaut, sondern als eigenständiges Medium. Wir sind weder ein Themenportal noch ein Online-Magazin, sondern der einzige unabhängige Nachrichtendienst der Fotobranche in der Schweiz. Es macht auch keinen Sinn Communities und Netzwerke von Flickr oder Facebook zu konkurrenzieren, in denen viele von unseren Nutzern bereits aktiv sind.
    Die Site wurde bewusst im Blogformat aufgebaut, um Leserinnen und Leser miteinzubeziehen. Die hohen Zugriffszahlen und die vielseitigen Kontakte off- und online motivieren uns täglich. fotointern.ch wird weiter ausgebaut und qualitativ verbessert, – und wir freuen auf ihre kritische Mitwirkung.

  6. Die Verlagerung der Bedeutung von Printmedien hin zum Internet als Informationskanal stellt die traditionellen Geschäftsmodelle der Medienbranche auf eine harte Probe. Die Medienkonzerne verkleinern lieber ihre Redaktionen und setzen auf „user-generated content“, als seriös recherchierten „Qualitätsjournalismus“ als Produkt zu vermarkten, dessen Wert darüber hinaus geht, als gefälliges Umfeld für die Platzierung von Werbung zu dienen. Die Nachfrage bestimmt den Preis, und offenbar ist das Angebot vieler Printmedien nicht oder zu wenig auf die Interessen und Bedürfnisse der Konsumenten ausgerichtet.

    Interessante Beispiele für neuere Trends publizierte kürzlich Time Europe:
    http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1880581,00.html

  7. Einstellung Print-Ausgabe:
    Die Meldung ist bedauerlich. Und eines auffällig: es werden bloss externe Faktoren als Grund zum Scheitern aufgezählt. Wie einfach! Nirgends wird von der kläglichen Aufmachung der Ausgabe gesprochen. Vom ältlich-hölzernen Layout über die biedere Bebilderung und zuweilen auch die peinliche Reproqualität. Wieder ein Fall von Schlafmützen und Besitzstandwahrung. Wie viele in unserem Land.

  8. alte printausgaben werden gesammelt, weil wertvolle informationsträger. wenn ich sehe mit welchem aufwand anderswo riesenschrott gedruckt wird, werde ich stinksauer. offenbar stehen jene medien noch nicht unter genügendem leidensdruck um sich zu ändern.
    bitte lanciert hier eine umfrage, wie die online-ausgabe erfolgreich erweitert werden soll. wir brauchen eine informationsdrehscheibe. die werbenden sind auch bereit zu bezahlen.

  9. Danke für Ihre sehr gute Idee. Geplant haben wir so etwas schon länger, wollten jedoch mit fotointern.ch noch etwas mehr Erfahrungen sammeln. Nach der PMA werden wir alle Anregungen und Kritiken, für die wir Ihnen danken, auswerten. Man kann uns Mitteilungen auch ausserhalb des Blogs zukommen lassen, unter redaktion@fotointern.ch.

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