Urs Tillmanns, 23. Oktober 2016, 07:00 Uhr

80 Jahre Foto Zumstein

Foto Zumstein in Bern feiert sein 80jähriges Bestehen und gehört damit zu den ältesten Fotofachgeschäften der Schweiz. Fotointern hat aus diesem Anlass den früheren Geschäftsinhaber Beat Zumstein und den heutigen Leiter Markus Säuberli zu Rückblick und Ausblick befragt.

 

Beat Zumstein, Ihre frühere Firma feiert heute das 80jährige Bestehen. Wie hatte das alles begonnen?

Beat Zumstein: Firmengründer war 1936 mein Vater Leo Zumstein. Er hatte sich zunächst auf Laborarbeiten spezialisiert, auf das Entwickeln von Filmen und das Herstellen von Vergrösserungen. Deshalb hat dieser Zweig immer eine sehr wichtige Rolle in unserer Firma gespielt. Zwei Jahre später konnte er die Photo + Kino AG eines Herr Karg übernehmen, was die Aktivitäten meines Vaters mit der Beratung und dem Verkauf von Kameras, Zubehör und Filmen erweiterte. Mit diesen beiden Bereichen entwickelte sich die Firma, insbesondere nach den durchgestandenen Kriegsjahren, sehr positiv. Fotografieren war wieder «in», die Leute verdienten wieder mehr, konnten sich ein solches Hobby wieder leisten und die aufkommende Industrie brauchte Fotos ihrer Produkte und Grossvergrösserungen für ihre Stände an Ausstellungen.

 

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Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Für mich war schon früh klar, dass ich in das Geschäft meines Vaters einsteigen würde. Wir alle von der Familie waren da irgendwie involviert, auch wenn die Firma mit der Zeit bis zu 70 Angestellte umfasste – etwa 30 im Labor und 40 im Verkauf und den Administrations- und Infrastrukturbereichen. Ich machte zunächst das Handelsdiplom und ging dann an die Fotoschule nach Köln, um dort meinen fachlichen Wissensrucksack zu füllen. 1976 waren dann meine Lehr- und Wanderjahre vorbei, und ich trat in das Geschäft meines Vaters ein – mein Gott, das ist ja auch schon wieder 40 Jahre her …

 

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Die Laborbelegschaft in den 1950er-Jahren …

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… und das Verkaufsteam

 

Wie haben Sie diese erlebt?

Im Gesamten gesehen haben wir eine sehr gute Zeit gehabt. Erst gegen Ende, mit der Digitalisierung, wurde es immer schwieriger.

Weshalb?

Die Margen wurden immer enger, man konnte sich nicht mehr so viel Personal leisten, der Konkurrenzkampf wurde härter … alles Faktoren, die ein Zeichen der Zeit und nicht unbedingt typisch für die Fotobranche waren.

 

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Das Labor war mit modernsten Maschinen auf rationellste Produktion ausgelegt

Hat Ihnen die digitale Revolution Mühe bereitet?

Sie war für mich persönlich natürlich Neuland, und ich hatte mich erst langsam damit befasst, als ich erkannte, dass die digitale Fotografie wirklich zukunftsweisend war und das analoge Bild mindestens im Massenmarkt verdrängen könnte. Als Unternehmer sah ich sie aber nicht als Gefahr sondern eher als eine grosse Herausforderung. Wichtig für mich war, dass ich junge Leute als mein Personal gewinnen konnte, die das erforderliche Knowhow und die «elektronische Sprache» mitbrachten. Und das ist mir zum Glück sehr gut gelungen.

 

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Im Eingangsbereich gab es regalweise verschiedenste Filme. Heute haben sie wohl in einer Schublade Platz

Hat sich das Kundenprofil mit der Digitalfotografie verändert?

Auf jeden Fall. Die Kundschaft war von Anfang an zweigeteilt. Einerseits ältere Kunden, die sich sagten «jetzt erscht rächt», und dann eine jüngere, oftmals neue Kundschaft, die mit der digitalen Technologie erst in die Fotografie eingestiegen war. Die Altersgruppe dazwischen fotografierte noch lange gewohnt analog und stieg dann erst allmählich um, als die Technologie ausgereift genug erschien.

 

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Der Verkaufraum passte sich über die Jahre immer dem Warenangebot an. Diarähmchen, Fotolampen, Alben und Laborzubehör nahmen damals viel Platz in Anspruch

Von einem Bereich haben wir noch nicht gesprochen, nämlich der Handel mit Astrogeräten. Wie ist es dazu gekommen?

Ein Fotohändler in Bern, welcher sehr engagiert im Verkauf von Astrogeräten war (Foto Christener in der Marktgass-Passage), liquidierte sein Geschäft, verkaufte mir sein Astro-Lager und instruierte einen meiner Verkäufer. Dank guter Beziehung mit der Uni Bern entwickelte sich dieser Zweig sehr gut und ein Astrohändler aus Frankreich suchte sogar eine Kooperation mit uns, welche wir aber ablehnten, um selbstständig zu bleiben. Die Astrogeräte wurden ein sehr wichtiges Standbein für uns mit einem sehr konstanten Geschäft, auch in Zeiten, als der Fotohandel starken Schwankungen unterworfen war. Dass dieser Bereich heute sogar ein eigenes Verkaufslokal im Parterre hat, war sicher eine gute Entscheidung: die Produkte haben den Platz, den sie brauchen, die grossen Geräte wecken die Publikumsneugier und das Lokal strahlt eine grosse Kompetenz aus. Wenn ich früher diese Gelegenheit gehabt hätte, ich hätte sie wahrscheinlich auch beim Schopf gepackt.

 

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Im Vorführraum wurden die neuesten Schmalfilm- und Diaprojektoren präsentiert

Die Fotoszene war ja auf dem Platz Bern immer überschaubar. Wie war die Konkurrenzsituation mit den anderen Fotogeschäften?

Im Gegensatz zu anderen Grossstädten hatten wir, die fünf bis sechs Fotogeschäfte Berns, immer ein sehr gutes und kollegiales Einvernehmen. Wir waren auch alle auf irgend eine Weise spezialisiert und sprachen so unterschiedliche Kundenzielgruppen an. Bei uns stand ganz klar der Mix von Laborarbeiten und Verkauf im Vordergrund. Zu Foto Schuler kamen mehr Profis, weil er sie weniger mit Fotoaufträgen konkurrenzierte als wir. Foto Ruessi, der spätere Foto Dany, war vor allem auf Reportagen spezialisiert. So hatte jeder sein Gärtchen, und oft halfen wir uns gegenseitig mit Warenaustausch aus, wenn einer beispielsweise dringend ein Objektiv brauchte, das er nicht am Lager hatte. Eigentlich hat sich diese kollegiale Denkweise in Bern bis heute bewährt.

 

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Dann, 2007, verkauften Sie ja Ihre Firma an Markus Säuberli – schweren Herzens?

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie man so oft sagt. Ich war natürlich froh, diese Nachfolgelösung gefunden zu haben und damit Markus Säuberli die Chance zu geben, mein Lebenswerk weiterzuführen. Das Schöne dabei war, dass wir uns sehr schnell in allen Punkten per Handschlag einig waren. Natürlich brauchten wir die üblichen vertraglichen Abmachungen, aber unsere beiden Juristen kamen nie auf ihre erhoffte grosse Tantiemen.

 

Herr Säuberli, seit 2007 Inhaber von Foto Zumstein – nächstes Jahr steht schon wieder ein Jubiläum an …

Markus Säuberli: Das werde ich relativ gelassen feiern … Das Glück für mich war, dass ich nicht nur eine gut positionierte Firma übernehmen konnte, sondern damit auch einen sehr guten und treuen Kundenstamm – und vor allem eine fachlich kompetente und sehr loyale Truppe von Mitarbeitenden. Sie stehen alle voll hinter mir und meinen Ideen, aber anderseits lasse ich sie auch in vielen Bereichen ihre Initiativen realisieren. Gerade mit den neuen Sozialmedien und den heutigen Kundenerwartungen bin ich sehr froh um ihren Input.

 

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Wie würden Sie den Rückblick auf die letzten zehn Jahre charakterisieren?

Aus kommerzieller Sicht könnte ich jetzt von einem grossen Erfolg sprechen – wir haben den Umsatz fast verdoppelt. Aber Umsatz ist nicht alles! Denn die Margen sind massiv schlechter geworden und ebenso die Kostendeckung. Kommt ein neuer Konkurrent hinzu, nämlich das Internet, das zu jeder Tages- und Nachtzeit und über alle Grenzen hinweg verkauft.

 

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Heute wird die Ware kundenfreundlicher und übersichtlicher präsentiert

Aber das Internet ist sicher auch eine Chance? Sie betreiben ja mit Photohandel.ch selbst einen bedeutenden Shop.

Das ist richtig, aber der Aufwand dahinter ist enorm, denn diese Webseite muss Tag und Nacht vollautomatisch und reibungslos funktionieren, und die Logistik muss exakt auf das Lager und die Aktivitäten im Ladenverkauf abgestimmt sein. Wichtig und spannend sind auch die Synergien aus diesen beiden Verkaufsformen, man spricht von «Showrooming» und «Webrooming». Einerseits kommen die Leute zu uns ins Geschäft, lassen sich beraten und bestellen dann gemütlich abends auf dem Sofa auf unserer Webseite. Die «Webroomer» machen das Gegenteil: Sie suchen den Artikel auf der Webseite aus, wollen die Ware jedoch sofort und kommen am nächsten Tag zu uns in den Laden, um die bestellte Ware abzuholen.

 

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Der neue Astroraum im Erdgeschoss ist ein Alleinstellungsmerkmal von Foto Zumstein

 

Wie hoch ist bei Ihnen etwa der Umsatzanteil des Webshops?

Das ist aus obigen Gründen schwer zu quantifizieren, aber ich würde sagen, dass der Webshop langfristig einen guten Viertel des Umsatzes ausmachen wird. Sicher ist: Wer heute nicht mit dabei ist, ist morgen weg vom Fenster. Das geht mit dem Internet gleich, wie es gewissen, sogar sehr grossen Firmen mit der Digitalfotografie ergangen ist: Wer nicht rechtzeitig auf den Zug aufsprang, sah nur noch das Schlusslicht.

Wie haben Sie den digitalen Wandel miterlebt?

Die digitale Fotografie hat uns natürlich sehr viele Vorteile gebracht, und sie hat sicher eine neue Kundschaft in den Laden gebracht. Für mich persönlich ist sie mit der Erfahrung verbunden, dass ich 30 Jahre lang immer gewusst habe wie etwas funktioniert und welche Entscheidungen ich weshalb treffen musste. Heute bin auch ich sehr froh um junge Mitarbeitende, die hier den Anschluss schneller finden und visionärer denken als unsere Generation. Ich glaube, das ist der Lauf der Zeit, der meinen jüngeren Mitarbeitenden spannende Perspektiven für ihre Zukunft gibt.

 

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Schon sind wieder knapp zehn Jahre vergangen, seit Markus Säuberli den Foto Zumstein übernommen hat. Eine bewegte und herausfordernde Zeit …

Foto Zumstein ist eines der wenigen Fotofachgeschäfte der Schweiz, die eine eigene Reparaturabteilung unterhalten. Rechnet sich das?

Es rechnet sich insofern als wir damit unseren Kunden eine zusätzliche Dienstleistung anbieten können. Oft sind es Kleinigkeiten, die an einem Gerät defekt sind, die rasch und ohne eine kostenpflichtige Offerte behoben werden können. Das schätzen die Kunden, und auf dem Platz Bern hat es sich schon herumgesprochen, dass der Zumi schnell repariert – übrigens auch Handys. Das ist wie mit unserem Rentservice, der logischerweise mit einer grossen Kapitalbindung verbunden ist, aber von unseren Kunden sehr geschätzt wird.

Wo sehen Sie die Fotografie in den nächsten Jahren?

In diesem Ding hier (zeigt auf sein Smartphone) steckt noch sehr viel mehr drin, als wir meinen! Und die Fotografie ist ein ganz wesentlicher Teil davon. Aber es wird in Zukunft noch viel mehr sein als wir uns heute vorstellen können. Eine junge Generation wächst damit auf und gewinnt so schon früh ein grosses Bildverständnis. Es zeichnet sich ja heute schon ab, dass viele junge Leute nur noch mit dem Handy fotografieren, die früher gar keine Kamera benutzten. Anderseits glaube ich, dass es mit noch grösseren Sensoren in den Kameras und noch besseren Objektiven immer eine qualitativ sehr hochwertige Fotografie geben wird – für die Werbefotografie und den Kunsthandel mit den Fine Art Prints beispielsweise. Wir leben in einer sehr spannenden Zeit – keine Frage. Doch glaube ich, dass das Interesse an guter, hochwertiger Fotografie eher zunehmen wird.

Meine Herren, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview führte Urs Tillmanns

Open Days bei Foto Zumstein

zumstein-80-jahre_banner_sk1Jedes Jahr finden im Herbst bei Foto Zumstein die «Open Days» statt, Tage, an denen die Produtespezialisten der Herstellerfirmen vor Ort sind, an denen es spezielle Verkaufsaktionen und Attraktionen gibt. Dieses Jahr finden die Open Days am kommenden Freitag 28. und Samstag 29. Oktober 2016 statt – mit einem besonderen Jubiläumsprogramm, das Sie auf www.foto-zumstein.ch finden.

 

 

 

 

 

5 Kommentare zu “80 Jahre Foto Zumstein”

  1. „Glückliche Menschen gehen in ihrer Arbeit auf, aber niemals unter.“

    Härzlich Gratulation und merci für all die Jahre, Markus!!!

    Liebi Grüess
    Wilfred

  2. Ich wünsche Markus noch viele erfolgreiche Jahre in Bern. Natürlich wird er seit Jahren in Biel sehr vermisst. Er war hier in Biel immer die Nummer 1. Ich erinnere mich noch vor über 20 Jahren als Markus in Biel bei Foto Ruckli gearbeitet hat. Schon damals hat es für ihn keine Rolle gespielt ob jemand nur einen 120-er Film oder eine Kamera gekauft hat, er nahm sich für beide gleich viel Zeit zur Beratung…….. Alles Gute weiterhin !

  3. Seit Markus Säuberli bei Foto Zumstein angefangen hat, ist in der Branche kaum mehr ein Stein auf dem anderen geblieben. Markus hat mit seinem Engagement, seiner klaren Kommunikation und vor allem seiner Arbeit im Bereich der Teamentwicklung Erfolg – und dieser ist ihm zu gönnen.
    GRATULATION MARKUS!
    Simon Grob

  4. Beat Zumstein war ein sehr grossartiger und toller Mensch. Vielen Dank das er dies alles ermöglicht hat und einfach DANKE für alles… Sie waren einer der Besten!!!

    Herzlichst A.

  5. Gute Erinnerungen an meine Lehrzeit von 1977 bis 1980.
    Als Fotolaborantin , im Schwarz Weiß und Color Labor
    Viel Glück für die Zukunft.
    F. Monnier

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