(Update) Der Ausverkauf von Foto Ernst im letzten Sommer war eine spannende Sache. Unzählige sind fündig geworden und fragen sich heute, wie es wohl mit dem legendären «Foto Ernst-Haus» nun weitergehe. Der zweite Akt beginnt am nächsten Dienstag: Ars-Imago eröffnet dort ein neues Geschäft für analoge Fotografie. Fotointern hat mit dem Inhaber Alessandro Franchini exklusiv gesprochen.
Fotointern.ch: Herr Franchini, Sie haben vor zwei Wochen ein neues, grösseres Verkaufslokal für analoge Fotografie in Rom eröffnet und jetzt eines in Zürich. Welches ist Ihr Konzept?
Alessandro Franchini: Ars-Imago ist auf analoge Fotografie spezialisiert, und wir wollen in diesem Bereich unseren Kunden nicht nur alles Verbrauchsmaterial vermitteln, sondern wir wollen sie auch auf Grund unserer praktischen Erfahrungen optimal beraten können. Mit unserem Internet-Verkauf, mit dem wir in der Schweiz zwei Drittel unseres Umsatzes erwirtschaften, kann man zwar verkaufen, aber nicht beraten, deshalb drängen sich, ergänzend zur Webshop, Verkaufspunkte auf. Die Kunden wollen die Artikel sehen, anfassen können, Musterbilder begutachten und darüber diskutieren können.
Das neue Lokal von Ars-Imago an der Via Caio Mario 25 in Rom. Es dient als Vorbild für die Raumgestaltung in Zürich
Dennoch, der Internethandel scheint doch im Trend zu liegen, gerade bei Ihrer Firma.
Das ist richtig, aber wir sind überzeugt, dass wir in Zürich mehr für unsere Kunden tun können. Zürich ist die Marktmetropole der Schweiz – hier spielt die Musik. Das Lokal, welches wir seit 12 Jahren in Zug betreiben, ist zwar schön und gut gelegen, aber nur wenige Zürcher kommt dort hin, weil sie ein paar Filme oder Labormaterial kaufen wollen. Hier in Zürich hingegen schon, zumal man den Laden von Foto Ernst seit Generationen kennt.
Das traditionsreiche Haus «Foto Ernst» sieht einer neuen Zukunft entgegen – einer analogen, natürlich
Wann haben Sie sich eigentlich dazu entschlossen, das Lokal von Foto Ernst zu übernehmen?
Das war im letzten Sommer. Ich fand die Idee von Nicole Gerber und Erico Reis bewundernswert und der Publikumszuspruch, unterstützt durch die Manifesta, beachtlich. Was aber sollte damit weiter geschehen? Niemand wusste so recht eine Antwort darauf, und so war es für mich naheliegend, die analogen Wurzeln zu nutzen und mich hier einzumieten. Schnell und einfach – per Handschlag. Und ab Dienstag in einer Woche ist Ars-Imago nicht mehr in Zug, sondern mit mehr Kundennähe hier in Zürich. Wir freuen uns darauf …
Die Kodak-Girls sind auch noch da und warten auf ihren neuen Einsatz
Sie werden also Ihr Geschäft in Zug nicht mehr weiter betreiben?
Nein, wir konzentrieren uns voll auf Zürich. In Zug bleibt lediglich die Administration und der Internethandel.
Was bieten Sie im neuen Laden an der Badenerstrasse 211 an?
Wir wollen unseren Kunden, wie im Internet, einen Vollservice bieten, von Filmen über Papier, Laborgeräten und Chemie bis zur Filmentwicklung und Vergrösserungen. Dazu gehört auch das Material für Spezialtechniken, wie die Cyanotypie zum Beispiel, die so einfach zu bewerkstelligen und überraschend effektvoll ist. Und dann ist natürlich die Sofortbildfotografie ein absoluter Dauerbrenner – trotz Digitaltechnik.
Dazu kommen wir noch. Werden Sie auch analoge Kameras anbieten?
Noch wird fleissig renoviert. Ab nächstem Diestag wird es hier ganz anders aussehen …
… nämlich so! Alles neu gestaltet und in Produktgruppen präsentiert
Sofortbild sei ein Dauerbrenner, haben Sie gesagt. Wie sehen Sie diesen Trend längerfristig?
Die Sofortbildfotografie ist der analoge Fels in der digitalen Brandung. Das Bild gleich in der Hand zu haben und jemanden weitergeben zu können, ist ein einzigartiges und repetatives Erlebnis. Gerade die Jungen, die sonst nur mit dem Handy fotografieren, haben grossen Spass daran. Dann gibt es das Kundensegment der Kreativen, die vor allem die Einzigartigkeit jedes Sofortbildes schätzen. «Impossible» ist das Musterbeispiel dafür, weil der Bildeffekt kaum wiederholbar ist. Es ist Fotografie mit Charisma …
Sie haben ja die digitale Revolution miterlebt – aber von der anderen, der analogen Seite her betrachtet. Wie war ihr Eindruck?
Bei mir machte sich eine «Jetzt erst recht»-Überzeugung bemerkbar. Fotografie war mein Hobby, und studiert habe ich Wirtschaftsinformatik. Es war 2003, als ich bei einem lokalen Fotohändler eine Flasche Rodinal kaufen wollte. Die Antwort, ich könne nicht eine, sondern ich müsste zehn Flaschen nehmen, weil dies die bestellbare Mindestmenge wäre, war die Initialzündung für meinen Versandhandel.
Die Instant-Abteilung – das Komplettangebot als Spezialität von Ars-Imago
Und wie entwickelte sich dieser?
Anfänglich harzig. Natürlich waren die meisten Fotografen auf die junge Digitalfotografie fokussiert, doch mit der Zeit wendete sich das Blatt. Nicht nur, dass sich alte Analoghasen wieder der altbewährten Technik zuwandten, sondern es kamen plötzlich auch junge Interessenten, welche die Fotografie mit Film und das Vergrössern im Labor erleben wollten. Und diese Gruppe der Jungen hat sich immer stärker entwickelt.
Und was war die Initialzündung für das Geschäft in Rom?
Das ist einfach: Rom ist meine Lieblingsstadt, reich an Foto- und Kinotradition – und hier sah ich nach der digitalen Revolution eine grosse Marktlücke für die analoge Fotografie. Der Standort hat sich bewährt, auch weil wir aus Italien in alle europäischen Länder liefern können, was aus der Schweiz aus zolltechnischen Gründen viel zu umständlich ist.
Ars-Imago präsentiert ein umfassendes Sortiment für Analogfotografie im neuen Beratungs- und Verkaufslokal frisch, luftig und übersichtlich.
Welche Zukunft sagen Sie der analogen Fotografie voraus?
Ich bin überzeugt, dass sie weiterhin an Marktpräsenz zulegen wird, wie das gegenwärtig der Fall ist. Die heutigen Anbieter – Impossible und Maco, beziehungsweise Rollei neben Kodak, Ilford, Adox und Fujifilm – stellen dieses Jahr eine wesentlich stärkere Abnahme ihrer Produkte fest als sie budgetiert hatten. Vor allem die beiden ersterwähnten. Es sind neu Player da – wobei Maco vom RPX 400-Film heute mehr verkauft als vom legendären Kodak Tri-X. Dies bestätigt nicht nur den Erfolgstrend, sondern auch die Tatsache, dass die Kunden Vertrauen in neue Marken und Produkte gewonnen haben, die sie vor zehn Jahren noch nicht kannten.
Noemi und Alessandro Franchini vor dem legendären Haus «Foto Ernst» an der Badenerstrasse 211 in Zürich, kurz nachdem sie sich entschieden, diesen grossen Schritt zu wagen
Am nächsten Dienstag eröffnet das Geschäft in Zürich offiziell. Welches ist Ihre Vision?
Meine Vision? Ich möchte, dass Ars-Imago nicht nur als Internetplattform bekannt ist, sondern dass jeder fotografierende Zürcher und alle Schweizer wissen, dass man an der Badenerstrasse 211 alles für die analoge Fotografie bekommt. Dass wir von Dienstag bis Samstag für unsere Kunden da sind, um sie zu beraten und ihnen den Spass an einer andersartigen und nachhaltigeren Fotografie zu vermitteln. Wir können das – und wir freuen uns darauf!
Das Interview führte Urs Tillmanns
Eröffnung und Party für Jedermann
Dienstag, 29. November 2016: Ars-Imago öffnet für seine Kunden, die alles für die analoge Fotografie suchen.
Donnerstag, 8. Dezember 2016 ab 19:00 Uhr: Grosse Eröffnungsparty. Kommen Sie vorbei und stossen Sie mit Ars-Imago an.
Ars-Imago GmbH (ex. Foto Ernst)
Badenerstrasse 211
CH-8003 Zürich
Tel. 044 461 18 49
Lesen Sie auch
«Foto Ernst – analoge Zeitinsel, wie weiter?» (21.08.2016)
Da kann man ja richtig neidisch werden, so was hätte ich auch gerne in München, der Weg nach Zürich ist doch eine ganz schöne Ecke 😉
Den Betreibern wünsche ich viel Erfolg und einen Expansionsdrang nach München ;-)))
Tolle Sache !
Endlich wieder etwas in ANALOG.
Wünsche viel Erfolg. Sie haben die Marktlücke voll getroffen.
Hoffentlich auch bald in Bern ?