David Meili, 22. November 2009, 10:03 Uhr

Homestories, Lea bekleidet und Roschacher als Fotorealist

Pressespiegel zum Wochenende vom 21./22. November 2009

091123_SchroeterWenn es draussen ungemütlich wird, kommt die Zeit der Homestories mit Cheminéefeuer und Kerzenlicht. Das SonntagsBlick Magazin stellt Frank Baumann zur Lancierung seines Märchenprojekts in Küche und Wohnzimmer vor. Über das Familienleben mit der erfolgreichen Verlegerin Gabriella von Arx erfahren wir im Text von Helmut Maria Glogger wenig. Doch das Einstiegsbild von Stefano Schröter ist grossartig.

@home war auch die Schweizer Illustrierte zum Thema Schweingerippe, beim wohl gefragtesten Experten, dem Immunologen Beda Stadler.  In seiner Facebook-Gruppe zeigte sich Stadler etwas erstaunt, dass aus einer Testimonial-Reportage für die Impfung gegen Schweinegrippe letztlich eine Homestory entstanden ist. Doch die stilvolle Wohnung im Obergeschoss des Burgerspitals beim Bahnhof Bern darf sich zeigen lassen, vor allem in den gelungenen Aufnahmen von Kurt Reichenbach.

Die ultimative Homestory  mit dem Glarner Ständerat This Jenny muss vertagt werden. Seine Frau hat ihn gemäss SonntagsBlick vor zwei Wochen wegen einer Affäre vor die Tür gestellt. Die Nicht-Story ist mit Ausschnitten aus nicht unverfänglichen Archivbildern und einem wenig erleuchtenden Kommentar von Kommunikationsberaterin Beatrice Tschanz dem SonntagsBlick immerhin eine Seite wert. Sollten Hochzeitsglocken wieder einmal läuten, sind zwei Seiten zur Wiedergutmachung das Minimum.

091123_BoeschDas fotografische Highlight dieses Wochenendes sind die Aufnahmen der Extrem-Skifahrer am Corvatsch von Robert Bösch. Das SonntagsBlick Magazin hat das Einstiegsbild doppelseitig vertikal gedruckt, und dies in hervorragender Qualität. Leider nicht in der Mittelseite, sonst könnte man es herausnehmen und als Poster an die Wand pinnen. In seinem Interview betont Bösch, dass man nur als Teil der Szene zu diesen, auch fotografisch die Messlatte immer höher setzenden Bilder kommt.

091121_MagazinDAS MAGAZIN versprach in der Voranzeige zwei fotografisch interessante Beiträge. Das Interview von Dieter Bachmann mit dem Schriftsteller Paul Nizon ist die Vorwegnahme der Laudatio zum achtzigsten Geburtstag und ermöglicht ebenso eine Selbstbespiegelung Bachmanns. Man erfährt im Name-Dropping, mit wem die Herren alles befreundet waren oder noch sind. Der zweifellos sehr teure Bildteil von Roswitha Hecke hinterlässt zwiespältige Gedanken. Hecke versucht an der Grenze zum Kitsch mit starkem Weitwinkel Nizon in romantisch verklärten Pariser Szenen zu erfassen, – gut gemeint, ironisch oder gefällig?

091121_AugsburgerLeider ist der Beitrag von Mathias Ninck über Evangelikale in Ebnat-Kappel lediglich mit einem schummrigen Dorfbild und zwei Porträts illustriert. Schade, dass Fotograf Herbert Augsburger von der „Expedition“ ins kaum fünfzig Minuten von Zürich entfernte Toggenburg nicht mehr Bilder publizieren konnte. Auf der Website findet sich eine wesentlich bessere Ansicht der Dorfstrasse, nachbearbeitet und stärker in der Botschaft als der text. (Copyright Herbert Augsburger)

091123_Geri_BornIn seichten Gewässern bewegt sich die von der Bildzeitung übernommene Blick-Serie „Heute bin ich ein Star“. Leider ist das Angebot an blitzlichttauglichen und Blick-willigen Models in der Deutschschweiz begrenzt. Lea aus Alten, Detailhandeslverkäuferin aus einem einem kleinen Dorf im Zürcher Weinland belegt die Frontpage vom Samstag, dem 21. November. Mit einem Supermarkt-Slip bekleidet weckt sie Mitleid, doch am Schluss der online verfügbaren Bilderstrecke ist sie in Jeans und Sweatshirts das Mädchen von nebenan und könnte  sie als zukünftige Schwiegertochter durchgehen, – und zeigt Sex-Appeal. (Foto Geri Born)

091121StijadinovicHöher hinaus will die Kreuzlingerin Julija Stojadinovic. Hubertus von Hohenlohe hat sie für die Dezemberausgabe des Playboys in Szene gesetzt. Gleichzeitig posiert sie im österreichischen Skilehrerinnen-Kalender, wobei sich ihre Berufserfahrung vor allem auf das Schlitteln mit Kleinkindern beschränkt. Immerhin darf die 27-jährige, die seit acht Jahren Single ist,  der Thurgauer Zeitung ein Interview gewähren. Der Kollege erwähnt die Bezugsadresse für den Kalender und weist lakonisch darauf hin, dass der Playboy am Kiosk erhältlich sei. (Pressebild Playboy)

Michel Comte ist Dauergast in unserer Rubrik „People in Photography“, oder wie wir sie einmal benennen werden. Nun musste er eine herbe Enttäuschung erleben. Gemäss Tages-Anzeiger vom 21. November (Seite 16) erzielte sein Print der nackten Carla Bruni im Auktionshaus Drouot, das weltweit Preisindikatoren für Kunst mitbestimmt, lediglich 5 800 Euro. Der Mindestpreis lag bei 6 000 Euro, und das Objekt wurde zurückgezogen. Noch im vergangenen Jahr kam ein Aktbild von Carla Bruni auf 91 000 Dollar.

0901121_RoschacherDer frühere Bundesanwalt Valentin Roschacher hat seine  Berufung als Maler mittlerweile gefunden. Er zeigt in der Galerie Dutoit in Unterentfelden die neusten Werke mit fotorealistischen Darstellungen aus dem Hochgebirge. Roschacher hat die Einhaar-Pinseltechnik weiterentwickelt. Das Resultat irritiert, wenn man sich mit HDR-Fotografie befasst. Der Künstler entwickelt die Kontrast- und Farbdifferenzierung Punkt für Punkt, oder in unserer Sprache, Pixel für Pixel. Die Kunstkritik geht mit dem Maler Roschacher so ungnädig um, wie die Newspresse damals mit dem Bundesanwalt. Daher verzichten wir auf weiterführende Links.

In der SonntagsZeitung findet man auf Seite 79 einen Beitrag von Simone Lucchetta über Alpa. Seit zehn Jahren wird die modulare Kamera von bedeutenden Fotograf/innen weltweit eingesetzt. Schwerpunkte sind Landschafts- und Architekturfotografie. So arbeitet auch Ferit Kuyas mit einer Alpa. Ursula Capaul und Thomas Weber als Entwickler und Inhaber sind stets bescheiden geblieben, wie die Seitz AG im Thurgau, die über CNC-Fräsen die Module On Demand herstellen kann. Die meisten Alpa-Benutzer fotografieren digital (Hinweis der Redaktion: Update einer früheren Version des Beitrags, in der Scan-Backs erwähnt wurden). Das Basiskonzept und die mechanische Qualitäten machen Alpa zu einem der Marktführer in der Kunstfotografie. (Ergänzung von Thomas Weber im Kommentar zu unserem Beitrag)

Jemand, mit dem man gerne vor seinem Tod noch einmal gesprochen hätte, ist Hansjörg Budliger. Der frühere Rektor der damaligen Schule für Gestaltung (Zürich) verstarb am 19. November in seinem Heim in Uitikon. Der promovierte Jurist Budliger leitete die heutige Kunsthochschule in bewegter Zeit.

Er hielt als gewiegter Kommunikator mit einem weitreichenden Beziehungsnetz in der bürgerlichen Politik sowohl Dozenten wie Studierenden den Rücken frei. Wer nicht provokativ über die Stränge schlug, konnte seine Projekte weiterentwickeln. Zudem unterstützte Budliger stets das Museum für Gestaltung mit seinen Sammlungen und der für die Schweiz einzigartigen Bibliothek. Bedeutende Fotograf/innen der mittleren Generation, die ihn persönlich gekannt haben, trauern mit Familie und Freunden.

4 Kommentare zu “Homestories, Lea bekleidet und Roschacher als Fotorealist”

  1. Danke für die Erwähnung des Berichts über uns (ALPA) in der SonntagsZeitung von heute. Leider enthält Ihr Artikel einen groben Fehler: es gibt keinen einzigen Scan-Back, der an irgendeine ALPA 12 passt – dafür passen alle digitalen Backs mit Flächensensoren (plus nach wie vor verschiedene Rollfilm-Backs bis 6×9). Hier liegt wohl eine Verwechslung z.B. mit den Seitz-Roundshot-Produkten vor. Sie können Ihren Fehler aber wieder einigermassen gutmachen, indem Sie auf die neuste „review“ der ALPA-Kameras hinweisen (November 09):

    http://www.luminous-landscape.com/reviews/cameras/alpa-field.shtml

    Nach der Lektüre dieses Test sind dann wohl viele Fragen zur ALPA beantwortet – ausser die nach den Preisen. Aber auch dieses Problem lässt sich lösen: siehe unsere Preisliste auf unserer Web-site alpa@alpa.ch

    Übrigens: von den heute in Ihrem Artikel erwähnten acht Fotografen (hoffentlich haben wir richtig gezählt) haben vier irgendwann in den letzten Jahren mindestens eine ALPA 12 gekauft und von mindestens drei wissen wir, dass die Kameras bei ihnen im täglichen Profi-Einsatz steht. „… Einer der Marktführer…“ ist also eine durchaus vertretbare Aussage.

  2. Besten Dank Herr Weber
    für Ihre Ergänzungen. Es sind natürlich Digital Backs. Da ich an einem Beitrag über Scan Backs arbeite, die wohl demnächst nur noch für die Fotogeschichte von Bedeutung sein werden, ist mir der Fehler unterlaufen.
    Die hohe Wertschätzung der Alpa als „Top of the Line“ habe ich immer wieder erleben dürfen. Wenn ich selbst diesem Format etwas zu fotografieren hätte, würde ich auch die Alpa wählen.
    Was ich als Stärke der Alpa sehe (das nun subjektiv), ist die Produktion „on demand“. Sie können auf Wunsch des Kunden innerhalb von kurzer Zeit entsprechende Module produzieren.

  3. Merci, Herr Meili, für Ihre Worte!

    Zu den Scan-Backs: wir sehen da nicht sooooooo schwarz wie Sie = in Spezialbereichen gibt es aus unserer Sicht durchaus Raum für diese Technik.

    Das mit der „production on demand“ ist natürlich heikel = wir planen (soweit als möglich mit den Zulieferern zusammen) die Produktion auf mindestens 6 Monate hinaus – in aller Regel sogar auf 12 Monate. Und das geht ja dann kaum mehr unter dem Begriff „production on demand“. Wie auch immer das im Detail gelöst wird – wir haben ja dauernd Anschauungsunterricht in unserer Branche, wie man es machen kann und wie halt eben nicht. Wenn ich zurückdenke, mit welcher Arroganz wir zu unseren Anfangszeiten von einigen der damals in der Schweiz und anderswo angesiedelten Firmen der Foto- und Kameraindustrie behandelt worden sind, dann ärgere ich mich heute noch. Andererseits haben diese damals „grossen Namen“ und ihr Niedergang für uns erstklassige Lehrstücke abgegeben und tun dies z.T. heute noch.

    Wie auch immer: MERCI für Ihr „fotointern“, das wir regelmässig „anklicken“!

    Mit freundlichen Grüssen, Thomas Weber-Capaul / ALPA AG

  4. wenn ich in den letzten 30 jahren nicht soviel zeit und geld verloren hätte mit nicht richtig funktionierenden foto und panoramakameras(exakta,pentacon six, olympus, horizont/horizon, widelux) und objektiven(olympus) so würde ich heute mit alpa und roundshot digital fotografieren. der niedergang der fotoindustrie ist gepflastert von ignoranz und dilletanz. dazu beigetragen haben aber auch kunden, welche jeden s….h gekauft haben aber auch fotozeitschriften, welche aus lauter rücksicht auf schonungslose berichterstattung verzichtet haben. wie sagte der wahrhaftig stephen gandi von cameraquest: wenn die fotofirmen nur topqualitäts-objektive herstellen würden so wären sie schon lange konkurs. es ist allerdings ein umdenken im gang welches zuversichtlich stimmt.

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