Urs Tillmanns, 1. März 2018, 16:34 Uhr

CP+ – das Frühlings-Fotoschaufenster in Japan

Das Neuheitenjahr 2018 hat mit vielen interessanten Produkten schon gut begonnen, und so verspricht auch die wichtigste Fotomesse im asiatischen Raum, die CP+ in Yokohama (Japan), spannend zu werden. Fotointern ist wieder vor Ort und berichtet live von dieser Publikumsmesse, die während vier Tagen gegen 70’000 Interessierte anzieht.

 

Das Messezentrum Pacifico Yokohama wird bald zu klein für die sich ausdehnende Messe

Die Messe findet wie jedes Jahr im Messezentrum Pacifico Yokohama statt, das mittlerweile zu klein wird, nicht nur weil zunehmend auch Rahmenveranstaltungen und Ausstellungen dort stattfinden, darunter verschiedene Workshops, Vorträge und nicht zuletzt einer der grössten Fotoflohmärkte. Schon seit zwei Jahren löst man das Problem damit, dass ein Teil dieser Attraktionen in eine etwa 1000 Meter entfernte Hafenmole verlagert wird, die mit einem Shuttlebus erreichbar ist.

 

Bisherige Neuheiten

Fotomessen sind nicht mehr unbedingt der Ort, um das Zaubertuch über den Neuheiten zu lüften. Längst hat das verzögerungsfreie Internet den physischen Veranstaltungen den Rang abgelaufen, so dass die meisten Hersteller dazu übergehen ihre Neuheiten kurz vor einer wichtigen Messe anzukünden, nicht zuletzt um das Publikumsinteresse zu fördern und so mehr Besucher anzulocken. Auch kurz vor dieser CP+ sind verschiedene markante Neuheiten bekanntgegeben worden, die natürlich jetzt auf der Messe Publikumsmagnete sind. Hier eine Übersicht:

Fujifilm X-H1 mit Konzentration auf 4K-Video

• Panasonic Lumix GX9 als kompakte Spiegellose

• und Lumix TZ202 Kompaktkamera mit mehr Zoom

Pentax K-1 Mark II mit Handeheld-PixelShift

• Canon spiegellose EOS M50 mit 4K-Video

Canon EOS 2000D und EOS 4000D als preisgünstige DSLRs

Canon Speedlite 470EX-AI mit intelligenter Reflektorsteuerung

Sony α7 III mit schnellem AF und Touchscreen

• und Sony Profi-Blitz HVL-F60RM

 

Highlights omnipräsent

Natürlich sind diese aktuellsten Produkte auch die Highlights auf den Ständen der CP+ – aber nicht nur. Denn da und dort gab es Prototypen zu entdecken, die vielleicht im Vorfeld schon angekündigt waren, jedoch nun auf der CP+ erstmals öffentlich gezeigt werden. Kommen Sie mit auf einen Rundgang:

Interessant präsentiert sich der Stand von Canon – allerdings nicht ganz ohne Überraschung. Schwerpunkt hier ist die spiegellose M50, die sich als Einsteigermodell zwischen der M6 und der M100 ansiedelt. Sie ist mit dem Slogan «Kiss is my life» auch der Schwerpunkt des Standes und fraglos für Canon ein strategisch sehr wichtiges Produkt

 

Der technologische Höhepunkt am Canon-Stand ist jedoch der Automatikblitz Speeedlite 470EX-AI, der beim indirekten Blitzen den Reflektor automatisch optimal einstellt. Das Publikumsinteresse an diesem Gerät ist äusserst hoch, denn schliesslich hanelt es sich dabei nach vielen Jahren um eine echte Innovation in der Blitztechnologie.

 

Nach den beiden Einsteiger-Spiegelreflexmodellen EOS 2000D und EOS 4000D gefragt, wird man etwas verlegen, und erst nach mehrmaligem Nachhaken kommt schliesslich eine EOS 2000D zum Vorschein, die hier Kiss X90 heisst. Sie sei nur für gewisse Absatzkanäle bestimmt, und die EOS 4000D werde vorläufig in Japan gar nicht eingeführt.

 

 

Nein, die gerüchteumwobene Spiegellose von Nikon wurde auf der CP+ wieder nicht gezeigt. «Später» meinte man mit einem charmanten japanischen Lächeln. «Photokina?» – «may be …». Der Neuheitenstar hier am Nikon-Stand ist das bereits angekündigte AF-S Nikkor 4/180-400 E TC1.4 FL ED VR mit integrierten 1,4fach Konverter, der das Objektiv in ein 252 bis 560 mm verwandelt. Es soll in Kürze lieferbar sein – worauf schon unzählige Sport- und Naturfotografen warten.

 

Und doch gab es noch einen Erlkönig am Nikon-Stand, auch wenn dieser nicht gerade weltbewegend, aber für viele doch nützlich sein wird. Nikon wird noch diesen Monat den Filmdigitalierungs-Adapter EP-2 vorstellen, mit dem Dias und Negativstreifen einfach digitalisiert werden können. Sicher, an sich nichts Neues – jetzt aber wieder sinnvoll, weil immer noch Millionen von analogen Bildern darauf warten endlich zügig digitalisiert zu werden.

 

Am Sony-Stand bilden sich nicht nur um die neue A7 Mark III Trauben Interessierter, sondern auch vor dem Sony Objektiv FE 2,8/400mm GM OSS, das sich nicht nur durch eine besonders hohe Auflösung auszeichnen soll sondern ebenso durch ein extra-zartes Bokeh. Erstmal auf der CP+ öffentlich gezeigt soll es im Sommer auf den Markt kommen.

 

 

Gleiches gilt für die beiden Pentax-Objektive 1:2,8/11-18 mm und 1:1,4/50mm, die bereits im letzten Jahr angekündigt wurden. Jetzt sind sie auf der CP+ zu sehen, noch unter Plexiglas, doch sollen sie zwischen Frühjahr und Sommer lieferbar sein.

 

Da ist das neue Leica DG Vario-Elmarit 2,8-4,0/50-200mm ASPH/O.I.S. von Panasonic für das Lumix-System schon etwas eher greifbar. Es ist spritzwasser- und staubgeschützt für den harten Einsatz konzipiert und ergibt mit den optionalen Konvertern 1,4x und 2,0x eine kleinbildentsprechende Brennweite von 560 bzw. 800 mm. Dann braucht es auch den integrierten Bildstabilisator …

 

Erstpräsentation auch von Lensbaby: Das Burnside 2,8/35mm Objektiv ist mit einer zweiten Blende versehen, mit der die Vignettierung der Bokeh-Effekt variiert werden kann. Das Objektiv mit manueller Fokussierung versehen, zeichnet Vollformat aus und soll in Kürze für Canon EF, Nikon F, Sony A, Pentax K, Micro Four Thirds, Sony E, Fujifilm X und Samsung NX Kameras verfügbar sein.

 

 

Noch etwas am Panasonic-Stand entdeckt: In Japan gibt es zwei Modelle von Systemkameras, die völlig identisch sind, jedoch unterschiedliche Bezeichnungen haben: GF-10 und GF-90. Sie sind als Einsteigerkameras gedacht, und es gibt sie in den drei Ausführungen Silber/Leder, Gold/Silber und Schwarz. Tja, mit Kameranamen ist es so eine Sache …

 

 

Schwerpunkt am Fujifilm-Stand ist neben dem publikumsstarken Instax-Bereich die neue X-H1, mit der Fujifilm in den professionellen Videobereich einsteigt. Mit verschiedenen Peripheriegeräten und den neuen Cine-Objektiven lässt sich die Kamera weiter ausbauen.

 

Tamron bringt ein neues Telezoom 4/70-210mm Di VC USD für Canon und Nikon, das sehr kompakt gebaut ist und deutlich unter einem Kilo wiegt. Das Objektiv ist für Vollformat- und APS-C-Kameras gleichermassen geeignet und bewährt sich mit einem maximalen Abbildungsmassstab von 1:3,1 vor allem im Nahbereich. Für scharfe und verwacklungssichere Aufnahmen steuern zwei getrennte Prozessoren den Autofokus und die Bildstabilisierung.

 

 

Rechtzeitig zur CP+ hat Tokina zwei neue Objektive angekündigt. Das Fírin 1:2/20mm FE AF, das für Sony E-Mount und Vollformat konzipiert ist, verfügt über einen schnellen Autofokus und eine Nahgrenze von 28 cm. Es dürfte ab Ende Mai weltweit lieferbar sein. Die zweite Neuheit ist das Tokina Opera 1.4/50mm, das als Vollformatobjektiv mit Canon oder Nikon-Anschluss ab Sommer auf den Markt kommen wird.

 

Sigma ist bekannt dafür, dass sie zur CP+ immer gleich mehrere Neuheiten präsentiert, so auch dieses Jahr. Beachtlich ist die Neuvorstellung von sieben Festbrennweiten-Objektiven, die in Neuauflage mit Sony E-Anschluss verfügbar sein werden (Fotointern berichtete). Neu zeigt Sigma auf der CP+ das 1,4/105mm DG HSM, das als «Bokeh-Master» für Vollformatkameras entwickelt wurde. Es liefert den Beweis dafür, das sich Sigma weiterhin auf die hohe Lichtstärke von 1:1,4 konzentriert. Das zweite Objektiv 2,8/70mm DG Macro hat seine Stärken im Nahbereich. Es wird für Canon-, Sony-E- und Sigma-Kameras lieferbar sein, doch steht der Zeitpunkt noch nicht fest.

 

Cosina ist bei uns nicht besonders bekannt, doch gehört sie zu den grossen japanischen Optikunternehmen und produziert neben ihren Hausmarken Cosina und Voigtländer auch einen Teil der Zeiss-Objektive. Am Stand gibt es gleich drei Erstpräsentationen zu sehen, das Voigtländer Macro Apo-Lanthar 2,5/110 mm mit einem Abbildungsmassstab von 1:1 (35cm Nahgrenze) und Vollformat-Auszeichnung mit E-Mount. Ebenfalls mit E-Mount bestückt ist das Voigtländer Color-Skopar 3,5/21 mm als kompaktes Weitwinkelobjektiv für Vollformatkameras. Ergänzt wird die Neuheitenriege mit den lichtstarken Voigtländer 1.2/50 mm mit Leica M (VM) Anschluss mit einer kürzesten Fokussierdistanz von 70 cm.

 

Toshiba zeigt neue Speicherkarten, einmal die besonders schnelle Exceria Pro, die es vorläufig bis 256 GM Speicherkapazität gibt, dann die Wireless-Karte FlashAir für die schnelle Datenübermittlung ins Internet und letztlich eine brandneue Exceria-Speicherkarte, die sich mit Nearfield-Technologie und einer entsprechenden App so sperren lässt, dass der Inhalt unberechtigen Personen nicht mehr zugänglich ist.

 

Der Nissin Blitz MG10 mit Leitzahl 80 (165Ws) kann als Stabblitzgerät für alle Marken eingesetzt werden und wird über einen mitgelieferten Controller gesteuert. Für indirektes Blitzen lässt er sich beliebig drehen und schwenken. Er leuchtet brennweitenentsprechende 24 bis 200mm aus und verfügt über eine Leuchtzeit von 1/400 bis 1/20‘000 Sekunden. Für den Studio- oder Outdoor-Einsatz kann er an verschiedene Lichtwandlern montiert werden.

 

Wie bei Autovorstellungen gibt es auch bei Kameramarken sogenannte Konzeptstudien mit Designs, die wahrscheinlich nie kommerzialisert werden. Olympus hat davon auf der CP+ gleich mehrere gezeigt, wobei die Studie «Sports» mit Klavierlackoberfläche und goldenen Verzierungen noch am ehesten Marktchancen haben könnte – vor allem in den Emiraten.

 

Laowa ist in Europa nicht mehr unbekannt, da sie sich doch mit einigen Konstruktionen Marktnischen abdecken konnten. Nun präsentiert Venus Optics, wie die Herstellerfirma heisst, ein 2,8/9mm APS-C Objektiv mit manueller Blende, das es mit verschiedenen Anschlüssen geben soll, wie Sony, Fujifilm und Canon vorerst.

 

Ebenfalls am Laowa-Stand entdeckt haben wir ein Ultra-Makro-Objektiv 2,8/25mm mit 2,5 bis 5facher Vergrösserung. Es ist vor allem für den naturwissenschaftlichen und technischen Bereich gedacht, doch steht noch nicht fest, wann es verfügbar sein wird.

 

Die CP+ bietet noch einen zweiten Schwerpunkt, der in den letzten Jahren auf immer stärkere Beachtung gestossen ist: der Fotoflohmarkt. Er findet während der gesamten Messedauer in einem Nebengebäude statt und wird sehr stark frequentiert. Hier gibt es alles, was das Nostalgieherz begehrt – allerdings zu entsprechenden Preisen, die etwa mit europäischen Massstäben mithalten, ja sogar eher noch etwas darüber liegen. Anderseits gibt es auch Wühlkisten mit günstigen Wracks, an denen man nicht wirklich Freude haben kann.

Alles in allem präsentiert sich die diesjährige CP+ im Sonntagsgewand, was von einem starken Publikumsstrom quittiert wird. Zwar ist der Fotobranche in den letzten Jahren der Massenmarkt der Kompaktkameras weggebrochen, doch scheint sich die Industrie jetzt mit qualitativ höherwertigen, aber auch teureren Produkten langsam zu erholen.

Text und Bilder: Urs Tillmanns
aufgenommen mit der Lumix G9

 Weitere Informationen auf der Webseite von CP+ 

 

 

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