Gastautor/-in, 1. Dezember 2019, 10:00 Uhr

Hugo Jaeggi – Fotografien und Träume

In der Druckereihalle im Ackermannshof in Basel ist – 15 Monate nach dem Tod – eine umfangreiche Ausstellung zu Hugo Jaeggi zu sehen. Die Ausstellung gibt einem interessierten Publikum einen Einblick in das Werk des Solothurner Fotografen Hugo Jaeggi. Die analogen Schwarzweissfotografien sind nach thematischen und ästhetischen Gesichtspunkten gegliedert und zeigen insbesondere Hugo Jaeggis Faszination für den Menschen in unterschiedlichen Situationen.

In der Druckereihalle im Ackermannshof in Basel ist noch bis 15. Dezember 2019 eine Retrospektive zu Hugo Jaeggi’s Schaffen zu sehen (Foto: Nicole Reichenback, Philosophicum Basel)

Einprägend sind besonders die Arbeiten, die in einer ausgeprägten künstlerischen Handschrift besondere Stimmungen hervorrufen und an Traumwelten erinnern. Ergänzt werden diese Arbeiten mit Bildern des Alltags im Belarus und rund zwölf Jahre nach der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl. Die Schwarzweissfotografien werden mit Farbfotografien, die von einer experimentellen und schöpferischen Entdeckungs- und Schaffensfreude zeugen.

 

Hugo Jaeggi «Giesser», Martigny, 1956. © Fotostiftung Schweiz

Mit Produktefotografie und einige Zeit als (Industrie)Fotograf bei von Roll konnte er zum Teil seine freien Projekte finanzieren. In Langzeitprojekten portraitierte er Peter G., Trudy R. und andere – von den meisten sind Bilder in der Ausstellung zu sehen. Andere freie Projekte realisierte er auf Reisen mit dem Journalisten Peter Jaeggi (sie sind nicht verwandt) in Guatemala, Indien, in Ländern Afrikas und in Osteuropa. Eine Malaria-Reportage von Peter Jaeggi führte ihn zusammen mit dem ehemaligen Tropeninstitut-Direktor Marcel Tanner nach Tansania. Die Bilder dieser Reportage sind heute noch im Tropeninstitut zu sehen. Einige Bilder der Belarus-Reise mit Peter Jaeggi wurden hingegen vom damaligen Regime zensiert – eines der zensierten Bilder ist in der Ausstellung zu sehen.

 

Hugo Jaeggi «Muottas Muragel», Engadin, 1995. © Fotostiftung Schweiz

Im Film «Hugo Jaeggi – Zudem ist der Traum oft Realität genug» erzählt Hugo Jaeggi wie die Porträts von Peter G. entstanden sind. Er habe Peter G. hinter eine Glasscheibe gesetzt und mit einer Gabel das Glas geritzt bis genau das Bild so war wie er es sich vorgestellt hatte. Hugo Jaeggi spricht auch über sein gespaltenes Verhältnis zu seinem Vater und wie er ein Bild, das er kurz vor dessen Tod gemacht hat, in seinem Teich unter einer Eisschicht platzierte und es so fotografierte.

 

Farbaufnahmen von Hugo Jaeggi. (Leihgaben von Peter Jaeggi)

Erst mit etwa 65 Jahren hat Hugo Jaeggi mit Digitalfotografie begonnen und experimentierte seither mit Farbfotografie – ein paar Bilder sind in der aktuellen Ausstellung zu sehen. Die meisten Bilder sind in seinem Garten entstanden – oft richtete er die Linse in Teich im Garten.

 

Ein Leben für die Fotografie

Hugo Jaeggi (1936 – 2018) wuchs in Solothurn auf und absolvierte eine Lehre als Fotograf bei Ernst Räss. 1957 machte er Stages bei Gertrude Fehr und Yvan Dalain an der Fotoschule Vevey (CEPV). 1958/59 war er Kameramann beim Schweizer Fernsehen, er machte 1960 die Meisterprüfung. Seither war er freischaffender Fotograf in Basel. Seine Arbeiten wurden mehrfach in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert (Fotostiftung Schweiz, Winterthur, BelleVue, Basel, Ausstellungsraum Klingental, Basel, Kunstmuseum Solothurn, Das verborgene Museum, Berlin und andere) und ausgezeichnet (Kunst- und Kulturpreis Kanton Solothurn, Fotoforum PasquArt Biel, Fotopreis Kanton Bern und andere). Hugo Jaeggi lebte und arbeitete in Burg im Leimental BL, wo er am 23. August 2018 verstorben ist. Bis 2016 wurden auch einige Bildbände veröffentlicht, darunter «Hugo Jaeggi. Nahe am Menschen: Fotografien» im Benteli Verlag von Peter Jaeggi und Peter Pfrunder (Hg.).

 

Hugo Jaeggi, «Königin der Nacht», Positano, Italien, 1997. © Fotostiftung Schweiz

Auf der Website jaeggifotografie.ch sind Fotografien von Hugo Jaeggi veröffentlicht, welche die Zeitspanne 1953 bis 2015 umfassen. Sie sind alle mit ihrer Werknummer gekennzeichnet. Die Rechte dazu liegen bei der Fotostiftung Schweiz in Winterthur, welche einen grossen Teil des Nachlasses von Hugo Jaeggi verwaltet.

 

Mit Hugo Jaeggi unterwegs

Der Journalist, Buchautor und Fotograf Peter Jaeggi, war mit Hugo Jaeggi seit 1997 befreundet, aber nicht verwandt. Er organisierte verschiedene Reportagereisen nach Guatemala, Indien, Tanzania, Kamerun, Belarus, Rom, Sumatra sowie in der Schweiz und lud Hugo jeweils ein, Fotos der Reisen und der damit verbundenen Projekte zu machen. So entstand ein wichtiger Teil seines Werkes. Dazu konzipierte Peter Jaeggi als Autor und Mitherausgeber die Monografie «Hugo Jaeggi – Nahe am Menschen», die im Benteli/NZZ-Verlag erschien und im Buchhandel nicht mehr erhältlich ist. Wenige Exemplare dieses Buches sind noch bei Peter Jaeggi erhältlich. 

Auf diesen gemeinsamen Reisen hat Peter Jaeggi den Fotografen Hugo Jaeggi bei seiner Arbeit fotografiert. Einige davon, die meisten davon bisher unveröffentlicht, zeigen wir hier in einer Diaschau:

Die Stimme von Hugo Jaeggi

In der Ausstellung in Basel gibt es eine Hörstation, in welcher Hugo Jaeggi von seinen Träumen erzählt. Diese Tondokumente wurden uns von Peter Jaeggi zur Verfügung gestellt – sie sollen uns auch akustisch an den grossen Schweizer Fotografen erinnern.

 

• Das Wesen, das sich selbst isst

• Die Lösung hinter der Tür

• Erdbeertraum

 

Ein weiteres Bild- und Tondokument ist der Film «Hugo Jaeggi – Zudem ist der Traum oft Realität genug», der noch bis am 16. Dezember 2019 in der Mediathek von SRF abrufbar ist.

 

Die Druckereihalle im Philosophicum

Die ehemalige Druckereihalle wird von zahlreichen Kunst- und Kulturschaffenden genutzt, weil sie Vieles zulässt und kaum Vorgaben macht. Der Saal im hinteren Gebäudeteil ist das Herzstück für öffentliche Veranstaltungen und ausgewählte Projekte. Improvisation und Professionalität sollen hier genauso Platz finden wie Diskussion, Bewegung und Dokumentation.

(Foto: Nicole Reichenback, Philosophicum Basel)

Das Philosophicum möchte ein Ort der schöpferischen Musse sein: für individuelle Arbeitszusammenhänge, persönliche Begegnungen und für die gemeinsame Suche nach Antworten auf Fragen unserer Zeit. Personell wie thematisch ist das Philosophicum ein offener Werdeprozess. Im Philosophicum entfaltet jede und jeder Mitwirkende eine eigene Forschungs- und Kulturtätigkeit. Daraus können sich gemeinsame Forschungs-, Bildungs- und Kulturinitiativen entwickeln. Zukunfts- und ergebnisoffene, sich aktuell entwickelnde Prozesse gehören zum Kernanliegen des Philosophicums.

Die Ausstellung «Hugo Jaeggi – Fotografie» ist noch bis 15. Dezember 2019 in der Druckereihalle im Ackermannshof in Basel zu sehen.

Text: Miryam Abebe, sichtbar.art / Urs Tillmanns

Fotointern dankt Miryam Abebe, Peter Jaeggi und dem Philosophicum Basel für ihre Unterstützung.

 

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