Gastautor/-in, 25. September 2020, 16:00 Uhr

Arbeit im Fluss – der Workflow

Das Wort Workflow enthält zwei elementare Begriffe, für den (fotografischen) Arbeitsprozess: zum einen geht es um die (bezahlte) Arbeit und zum anderen um den (ungebremsten) Fluss.

Wenn wir in unseren Workshops den relativ komplexen Workflow, der über verschiedene Applikationen führt, vorstellen, werden wir das eine oder andere Kopfschütteln verursachen. Man möchte ja nur ein Bild aus der Kamera auf den Drucker schicken. Dazu gibt es inzwischen Selphy-Drucker mit künstlicher Intelligenz für den Eigengebrauch. Das Resultat ist in vielen Fällen überraschend gut. Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch und wer sie in einer einzigen Applikation zur Optimierung von Bildern testen möchte, sollte sich einmal die Software Photolemur anschauen …

Nun geht es aber in unserem Workflow weder um Automatisierung noch um die Nutzung künstlicher Intelligenz. Es geht um unsere persönliche Interpretation der mit grossem Aufwand erstellten Aufnahme, um unser «Zielbild» zu erreichen.

Im RAW-Konverter – wir verwenden standardmässig Capture One Pro, da es die feinste Steuerung zulässt – geht es darum, die maximale Bildinformation aufzubereiten: Helligkeit steuern, Schatten und Lichter retten, Farbigkeit über Weissabgleich und Kameraprofil beeinflussen sowie Perspektiven-und Objektivkorrektur falls notwendig. Capture One bietet heute eine Palette an Werkzeugen, welche über diese Bedürfnisse hinausgeht und kann damit Photoshop in weiten Bereichen abdecken. Wer auf schnellstem Weg ein Resultat haben möchte, kann fürs Erste allein mit Capture One arbeiten.

 

Dank Luminar 4 lassen sich in vielen Fällen HDR-Serien vermeiden. Voraussetzung sind optimal belichtete RAW-Files. Links voroptimiert mit Capture One Pro; rechts Schatten geöffnet mit Luminar 4 und Restfarben verstärkt. Die Farbigkeit lässt sich anschliessend nach Belieben in Photoshop steuern.

Adobe Photoshop ist nebst den eigenen Werkzeugen die Schalt- und Schnittstelle für den digitalen Workflow per se. Wer Plugins und andere Hilfsprogramme zur Bildbearbeitung programmiert, ist gut beraten, Photoshop-kompatibel zu sein. So können wir denn heute beispielsweise auf Luminar von Skylum zugreifen, das als Standalone-Applikation aber auch als Plugin funktioniert und eine Öffnung der Schattenpartien und eine Verstärkung der Restfarben zulässt, wie wir es bis dato nicht gekannt haben. Dank diesem Werkzeug, in Kombination mit dem riesigen Dynamikumfang der modernen Kameras, ist es möglich Mehrfachbelichtungen für HDR-Aufnahmen mit wenigen Ausnahmen zu umgehen.

Schärfung und Rauschunterdrückung sind in unseren Augen Dinge, die wir idealerweise sehr gezielt und selektiv in Photoshop steuern können. Das hat vor allem den Grund, dass wir in Photoshop mit pixelgenauen Masken operieren und zu schützende Bereiche ausklammern können. Eine globale Rauschunterdrückung im RAW-Konverter würde bereits viel zu viele Details wegfressen, die wir auf diese Weise erhalten können. In Sachen Schärfung setzen wir auf ein hochpräzises Monitorbild, bei welchem wir die Pixel kontrollieren können. Dies bedingt, dass die Monitorauflösung 120 ppi nicht überschreitet. 4K-Monitore oder Retina-Displays gaukeln uns wunderbar scharfe Bilder vor. Auf einem niedriger auflösenden 27-Zöller von Eizo (CG 277 oder 279) beispielsweise, sehen wir erst, ob unser Bild wirklich scharf ist. Diese Schärfekontrolle ist vor allem bei der Datenoptimierung für grosse Prints essenziell.

Die weitere Bildoptimierung dient der Interpretation: Steuerung der Farbigkeit, Erstellen eines Looks oder die Schwarzweiss-Konvertierung sind in unserem Workflow die nächsten Schritte. Dabei gilt es beim Erstellen eines Looks seriell zu denken – also nicht für jedes Bild eine andere Farbigkeit einzusetzen, sondern mit der Zeit ein durchgehendes Erscheinungsbild zu erarbeiten. Dies dient auch dem Wiedererkennungseffekt eines Fotokünstlers.

 

Der Schwarweiss-Workflow ist vermutlich die komplexeste Umsetzung des digitalen Workflows. Dabei geht es zu allererst darum, selber zu wissen/herauszufinden, was man erreichen will und sich nicht von der Fülle an Konvertierungen in den verschiedenen Tools ablenken zu lassen. Dann geht es aber ebenso um die Fein- und Feinstbearbeitung von Tonwerten und Details und Blickführung. Wir orientieren uns mal wieder an den guten alten Zeiten!

Die Schwarzweiss-Konvertierung und die anschliessende Optimierung gehören zum Aufwendigsten im digitalen Workflow. Ein Schwarzweissbild lebt von den feinen Graunuancen, von der Interpretation und von der Blickführung. Dabei bedienen wir uns der Werkzeuge, die wir schon in der Dunkelkammer verwendet haben: Nachbelichten und Abwedeln. Ein gutes Schwarzweissbild braucht fast immer nachbelichtete Ränder, die man zwar so nicht sieht, aber spürt!

 

Fazit

Es gibt auch im Bildbearbeitungs-Workflow fastfood und haute cuisine. RAW-Konverter, wie Capture One bieten praktisch alle notwendigen Werkzeuge, um rasch zu einem guten Resultat zu kommen. Wer aber etwas mehr Zeit und persönlichen Touch ins Bild bringen möchte, wird von Photoshop und hilfreichen Plugins optimal unterstützt. Dabei ist oft weniger mehr! Das bedeutet aber nicht, dass wir wenig an einem Bild arbeiten sollen, sondern uns viel mehr zuerst überlegen, was wir eigentlich erreichen wollen, bevor wir loslegen.

Text und Bilder: Markus Zuberfineartpix

Nächsten Freitagabend lesen Sie: «Das Mass aller Dinge: der Print»

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Folge 2 – «Aufnahme Technik Bild» 
Folge 3 – «Glas klar»
Folge 4 – «Bunt ist nicht alles»

 

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