Urs Tillmanns, 9. Oktober 2020, 15:15 Uhr

Annemarie Schwarzenbach: «Aufbruch ohne Ziel»

Die Schriftstellerin, Journalistin, Fotografin, Reisende: Annemarie Schwarzenbach ist eine der schillerndsten Figuren der modernen Schweizer Kulturgeschichte. Erstmals in der Schweiz widmet sich eine Ausstellung ausschliesslich ihrem rund 7’000 Bilder umfassenden fotografischem Werk, das auf langen Reisen durch Europa, Asien, Afrika und Amerika entstanden ist.

Schwarzenbach verstand sich hauptsächlich als Schriftstellerin. Sie war aber auch eine Pionierin der Reportagefotografie in der Schweiz. Rund 300 Textbeiträge von ihr erschienen zu Lebzeiten in Schweizer Zeitschriften und Zeitungen. Ab 1933 waren diese zunehmend von eigenen Bildern begleitet. Da aber die Mehrzahl ihrer Fotografien unveröffentlicht blieb, sind die Qualität und der Umfang ihrer Tätigkeit als Fotografin bisher nur wenig bekannt.

Die meisten dieser Fotografien entstanden auf Reisen, die Schwarzenbach zwischen 1933 und 1942 nach Vorder- und Zentralasien, in die USA, durch Europa und nach Zentral- und Nordafrika führten. Ihre Tätigkeit als Journalistin, aber auch ihre grossbürgerliche Herkunft und ihr Status als Diplomatengattin ermöglichten ihr bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges eine für diese Zeit aussergewöhnliche Reisefreiheit. 

Ihre Bilder und Texte stehen in engem Zusammenhang und dokumentieren die gewaltigen Umbrüche, Spannungen und Konflikte der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg: Die Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise, die Hoffnung auf gesellschaftlichen Fortschritt, die Folgen von Modernisierung und Industrialisierung, die Bedrohung durch den Faschismus oder die europäische Faszination für den «Orient». 

Aber auch private Themen wie Heimatlosigkeit, Leben im Exil, Homosexualität oder das Ausbrechen aus klassischen Geschlechterrollen spiegeln sich in den Bildern. Und nicht zuletzt zeigen sie Schwarzenbachs ungebrochene Leidenschaft für das Reisen selbst – und ihre Suche nach der Begegnung mit dem Unbekannten, dem «Aufbruch ohne Ziel» als existentielle Erfahrung.

Diese Ausstellung basiert auf dem rund 7‘000 Fotografien umfassenden Nachlass Annemarie Schwarzenbachs, der im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern aufbewahrt wird und öffentlich zugänglich ist.

Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee in Bern ist noch bis 3. Januar 2020 zu sehen. Das Museum ist am Montag geschlossen und von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. 

Weitere Informationen finden Sie unter www.zpk.org

(Pressetext)

Unser Einstiegsbild: «Porträt von Annemarie Schwarzenbach mit Kamera», Fotograf unbekannt, 1939, © Esther Gambaro, Nachlass Marie-Luise Bodmer-Preiswerk

2 Kommentare zu “Annemarie Schwarzenbach: «Aufbruch ohne Ziel»”

  1. Interessant auch der Dokumentarfilm über eine ihrer Reisen nach Kirgistan von Fosco Dubini, dem Schweizer Regisseur aus dem Tessin. Bis zu seiner kürzlichen Rente hatte er eine Professur an der Film- und Foto-Hochschule in Dortmumd.

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