Urs Tillmanns, 24. Januar 2021, 10:00 Uhr

Björn Walter: «Grosse Bilder und mehr Videos sind im Trend»

Der Fotofachhandel muss sich in der heutigen Zeit vielerlei Diversifikation einfallen lassen, um überleben zu können. Dabei reicht es nicht einfach das Sortiment auszubauen, sondern es gilt Marktlücken zu entdecken, für die eine erhöhte Nachfrage besteht. Wir beleuchten in diesem Artikel die Walter Egon AG in Grächen, ein Spezialgeschäft, das mit vier Bereichen sehr breit aufgestellt ist. Dabei ist die Fotografie, von der Aufnahme bis zum Output von Fotobüchen und Grossformatbildern, der wichtigste Zweig. Wir haben uns darüber mit dem Leiter des Fotobereiches Björn Walter unterhalten.

Der Verkaufspunkt von Foto Walter in Grächen. Hier gibt es alles rund um’s Bild, vom einfachen Print bis zu exklusiven Fotobüchern

Fotointern: Herr Walter, das Fotofachgeschäft Expert Walter – Foto Walter in Grächen liegt in einem der schönsten Touristikorte der Schweiz. Durch welche Besonderheiten zeichnet sich das Geschäft aus?

Björn Walter: Wir haben ein spezielles Marktumfeld. Grächen hat nur etwa 1500 Einwohner und etwas mehr als 6000 Gästebetten, die aber nur ein Bruchteil vom Jahr mehr oder weniger besetzt sind. Hinzu kommt, dass wir in unserer Berglandschaft auch kein wirkliches Einzugsgebiet aus der Region haben, welches eine Laufkundschaft generieren würde. Aus diesem Grund haben wir unsere Angebote schon seit jeher stark diversifiziert.

 

In welche Richtungen?

Unsere Firma, die Walter Egon AG, hat vier Standbeine. Das erste Standbein ist der Center-Shop, das ist der Verkaufspunkt für die Einheimischen und Gäste mit Spielwaren, Schmuck, Uhren, Papeterie, Geschenkartikeln und Souvenirs. Diese Abteilung wird von meiner Mutter und einer Verkäuferin gemanagt.

Das zweite Standbein ist die Abteilung Unterhaltungselektronik Expert Walter. Diese Abteilung wird von meinem Bruder Sören Walter geleitet, der gelernter Radio und TV Elektriker ist. Hier haben natürlich die Netzwerktechnik, die W-Lan-Lösungen für Gästewohnungen, das Swisscom TV bis hin zu Gesamtkonzepten von Musikanlagen für Restaurationsbetriebe und Bars, Präsentationsdisplays, etc. einen starken Schub bewirkt.

Das dritte Standbein ist die Fotobuch Produktionsabteilung expertfoto.ch. Diese Abteilung managt meine Frau Claudia Walter. Hier entstehen wunderschöne, hochwertige Fotobücher auf echtem Fotopapier mit der Layflat Bindung. Hier ist auch die persönliche Beratung ein wichtiger Punkt, der bei unseren Kunden sehr geschätzt wird. Wir produzieren neben den Bildern für ‘Amateur’-Kunden auch zu einem grossen Teil für professionelle Fotografen in der ganzen Schweiz. Vom kleinen Quadratbuch (20×20 cm) bis zum Big One Pano Fotobuch (45×30 cm) bieten wir dort verschiedene Formate an. Unsere Stärke ist, dank einem super speziellen Einband, dass wir Echt-Fotobücher bis zu einer Dicke von 150 Seiten produzieren können. Dazu kommen, neben dem klassischen Fotocover und dem klassischen Leinencover, auch ganz spezielle Einbände oder sogar Holzcover mit Lasergravur und Schuber zum Schutz des Buches.

Das vierte Standbein ist die Fotografie. Dies ist meine Abteilung, in der alles rund ums Bild entsteht –Bilder, die Freude bereiten, einen speziellen Moment festhalten oder dem Kunden einen sicheren Wert schaffen. Wir fotografieren, bearbeiten die Bilder und machen auch den Output. Bei uns entstehen normale Fotoabzüge, Fotobücher, Wandbilder auf Leinwand (bis 100 x 200 cm) oder auf Dibond (bis 100 x 300 cm), Fototapeten und Bilder für 360° Google-Online-Panoramas.

 

Im Center-Shop Walter werden Spielwaren, Schmuck, Uhren, Papeterie, Geschenkartikeln und Souvenirs angeboten

Lassen sich in den vier Bereichen Synergien nutzen?

Durchaus. Es ist einer unserer Vorteile, dass wir mit unserem kleinen Team jeweils dort anpacken können, wo es gerade viel zu tun gibt. Auch ist unser Workflow dazu sehr gut optimiert. Fotografisch teilt sich bei uns das Jahr in verschiedene Saisons auf: Im Winter ist die Sportfotografie Trumpf, und wir arbeiten mit den Skischulen in Grächen und auf der Riederalp zusammen. Im Frühling sind die verschiedenen kirchlichen Feste wie Kommunionen und Firmungen aktuell und anschliessend sind wir an den Schulen im Wallis mit der Schulfotografie unterwegs. Der Übergang zur Hochzeitssaison ist dann fliessend. Im Herbst ist dann der zweite Teil der Schulfotosaison. Über das ganze Jahr hindurch sind wir in den Hotels, Restaurants und Ferienwohnungen beschäftigt, um diese für Werbezwecke optimal darzustellen. Betriebsreportagen von kleinen und grossen Firmen begleiten uns auch das ganze Jahr. Leider ist das im Moment Corona-bedingt alles ein bisschen heruntergefahren, aber es werden wieder bessere Zeiten kommen.

 

Seit wann gibt es den Betrieb schon, und wie hat sich dieser im Laufe der Zeit verändert

1936 hatte meine Grossmutter Mathilda Walter ein kleines Geschäft gegründet, das sich im Wandel der Zeit auch immer verändert hatte. Dazu kam auch die Fotografie und der Handel mit fotografischen Produkten. Anfang der 1970-er Jahre machte dann mein Vater Egon Walter die Lehre als Fotograf und übernahm anschliessend das Fotogeschäft. Er machte sich einen sehr guten Namen im Wallis als Hochzeitsfotograf. Eine Zeit lang hatte er zusammen mit anderen Oberwalliser Fotografen ein Grosslabor in Brig betrieben. Als die Zeit der ersten Minilabors begann, war er einer der ersten, der in diese Gerätschaften investiert hatte. Mein Vater hatte dann im 1996 einen Motorradunfall und ist seit dem als Tetraplegiker im Rollstuhl. Das geschah etwa ein Jahr nach dem ich die vierjährige Fotografenlehre beendet hatte. So bin ich direkt in seine Fussstapfen getreten und habe als 21-Jähriger die Leitung der Firma übernommen. Natürlich ging das nur dank meiner Mutter und den Mitarbeitern die den Betrieb bereits gut kannten. Etwas später kam auch mein Bruder Sören Walter als Radio TV-Elektriker ins Geschäft und konnte die Abteilung Unterhaltungselektronik übernehmen. In diesen Jahren war auch der Wandel vom Analog ins Digitale Fotografenzeitalter voll im Gange. Wir investierten dann in ein digitales Minilabor und in einen Grossformatdrucker. Anfangs waren die Digitalkameras qualitativ noch nicht überzeugend, so dass wir die Hochzeitsreportagen immer noch auf Mittelformat fotografierten, die Negative einscannten und auf den Minilab ausdruckten. Mit den neuen Generationen von Kameras erübrigte sich mit der Zeit dieser Schritt. Eine weitere Investition war dann ein Grossformattrucker bis 34 Zoll und dann endlich in ein Noritsu Green ll. Dieses Drylab hatte unseren Workflow, vor allem bei der Sportfotografie, noch mal massiv vereinfacht und die Abläufe beschleunigt.

 

Das Noritsu Green II beansprucht wenig Platz. Es ist ein Alleskönner rund um’s Bild

 

Betreiben Sie auch noch einen klassischen Fotohandel mit Kameras, Zubehör und Verbrauchsmaterial?

Nein. In diesem Segment machen wir seit dem Aufkommen des Internethandels praktisch keinen Umsatz mehr. Wir haben zum ‘Handwerk’ zurückgefunden, zum Fotografieren. Hier können wir Dienstleistung mit besseren Margen anbieten als dies im Handel möglich wäre. Neben den Porträtshootings, die wir hier in Grächen lokal machen, können wir raus gehen und in der ganzen Region Aufträge ausführen.

 

Gibt es besondere Highlights in Ihrem Angebot?

Ja, die personalisierten Geschenke, die wir hier bei uns produzieren können. Tassen, Kissen, Aluflaschen, Puzzle, etc, was bei den Gästen für Spontangeschenke sehr beliebt ist. Wir haben auch einen Plotter im Betrieb, mit dem wir Schriften schneiden können, um unseren Kunden auch hier fixfertige Lösungen anbieten zu können, sei es von einem T-Shirt mit einem witzigen Spruch bis hin zur Beschriftung ganzer Schaufenster.

 

Der Trend zu grösseren Formaten ist offensichtlich. Hier ein 2,5 Meter grosses Leinwandbild, das für eine Ferienwohnung auf Mass angefertigt wurde.

Hat sich mit dem Aufkommen der Smartphones die Kundennachfrage, und damit Ihr Angebot, grundlegend verändert?

Ja. Mit dem Aufkommen vom Smartphone ist der klassische 10×15 cm Print fast ganz verschwunden. Da wir aber immer noch die Skischulfotografie und die Schulfotografie haben und deshalb unverändert viel printen, haben wir den Maschinenpark nicht redimensioniert. Im Gegenteil, wir haben neue Produkte in unser Angebot genommen. Mit dem Kauf einer manuellen Rillmaschine konnten wir auf einen Schlag in Kombination mit den Noritsu Green ll gefaltete Fotokarten anbieten – und das in unzähligen Varianten. Der Handykunde lässt bei uns nicht unbedingt viele Prints machen, sondern er sucht eher etwas Spezielles zur Präsentation seiner Bilder, zum Beispiel ein Leinwand- oder Dibondbild, ein Fotogeschenk, eine Fotokarte oder dann eben ein Fotobuch, das er selber gestalten kann oder wir übernehmen die Gestaltung für ihn.

 

Schwarzweissbilder von Grächen von anno damals sind ein Dauerbrenner

Welchen Stellenwert nimmt die Bild- und Fotobuchproduktion in ihrem Betrieb ein?

Die Fotobuchproduktion ist ein sehr wichtiges Standbein, dessen Dienstleistungen wir als lokal produzierende Firma, dank dem Internet, auch schweizweit anbieten können. Die Nachfrage dieser Profikunden nach hochwertigen Fotobüchern und Wandbildern hat in den letzten Jahren sehr stark zugenommen. Als wir damals mit dem ersten Minilabor 15x20cm Prints verkaufen konnten, war das ein recht befriedigendes Geschäft. Dann boten wir die 25×38 cm Bilder an, was eine stärkere Nachfrage bewirkte, und heute ist das Format 60 x 90 cm der Renner. Grössere Bilder und Spezialitäten beflügeln das Geschäft – und bringen auch mehr Umsatz. Standardmässig können wir unseren Kunden jederzeit Leinenbilder von 20×20 cm bis 100×200 cm oder Dibond-Bilder von klein bis 300×100 cm innert kürzester Zeit liefern. Die Dibond-Platten beziehen wir entweder fertig konfektioniert oder wir können diese mit einer Fräse selber auf jedes gewünschte Mass zuschneiden und mit einer Laminier- und Aufziehmaschine bearbeiten. Mit solchen Produkten sind auch noch befriedigende Margen möglich – aber auch nötig, um die Investitionen abzuschreiben.

Sie arbeiten sowohl mit einem chemischen als auch mit einem trockenen Gerät von Noritsu. Für welche Arbeiten setzen Sie welches Gerät ein, und wo liegen die Vorzüge dieser beiden Produktionslinien?

Das chemische Fotolabor ist das Arbeitstier. Es produziert an manchen Tagen fast ohne Pause Fotokarten und Inhaltsseiten für die Fotobücher. Die Maschine bekommt die Aufträge und meckert praktisch nur, wenn sie wieder Nachschub braucht – Wasser, Papier oder Chemie. Sie ist auch perfekt in den Workflow des restlichen Maschinenparks eingebunden. Auf dieser Maschine werden nur zwei Papierarten verwendet, ein speziell dünnes Fotopapier für die Albumcover und ein spezielles Fotobuch Fotopapier mit einer sehr schönen Oberfläche, das bei unseren Kunden sehr gut ankommt.

 

Björn Walter zeigt Spezialitäten, die mit dem chemischen Labor entstanden sind. Es hat unverändert seinen Platz, um Fotokarten und Inhaltsseiten für Fotobücher wirtschaftlich zu produzieren.

Das Drylab Noritsu Green ll ist als flexibles Fotolabor ein idealer Alleskönner. Auf diesem Gerät machen wir die restlichen Aufträge bis zu einer Grösse von 30 x 90 cm. Auch alle Passbilder und die ganzen Schulfotos werden auf dem Drylab produziert, sowie sämtliche Sportfotos, die wir auf der Riederalp und in Grächen in Zusammenarbeit mit den Skischulen machen.

Mit seinen beiden Magazinen und mit der Möglichkeit, dass man in ein Magazin zwei Papiergrössen oder zwei verschiedene Oberflächen (Glanz / Matt) laden kann, habe ich immer verschiedene Formate zur Verfügung. Wenn es mal schnell gehen muss, kann ich im gleichen Magazin auch die gleiche Papierbreite mit der gleichen Oberfläche laden. So kann ich eine Menge Bilder in kürzester Zeit drucken. Das kommt bei uns vor allem bei der Schulfotografie und der Sportfotografie oft vor. Zudem ist die Maschine ist sehr schnell betriebsbereit. Die Bildqualität ist sehr gut, das Schwarz ist sehr satt. Starke Kontraste, Kanten von schwarz zu weiss, zeigen keine Randeffekte, wie dies beim mit Laser belichteten Fotopapier des chemischen Labors ist.

 

Das kleine Team ist flexibel. Man packt dort an, wo gerade viel Arbeit ansteht.

Welche Nachfragetendenzen stellen Sie bei Ihren Kunden fest? Welches sind die Trends?

Wie bereits erwähnt gehören Wandbilder oder Tapeten zu den momentanen Trends. Dann haben die Kunden gerne fertige Produkte, passgenaue Lösungen und eine persönliche Beratung, auch wenn es um Prints geht. Wir arbeiten auch mit Fotografen in der ganzen Schweiz zusammen, die unsere Flexibilität und die gute Qualität schätzen – und dass wir wissen wovon sie sprechen … Dann darf man die Präsenz im Internet und auf den Social Medias nicht vergessen, um dort die gemachten Bilder online zu präsentieren und verkaufen können. Dabei ist das schnelle Auffinden der Bilder elementar. Und letztlich stellen wir schon seit einiger Zeit einen starken Trend zum bewegten Bild fest, zu Videoreportagen, Kurzfilmen, Produktevideos etc., die vermehrt von unseren Kunden gewünscht werden. In Zukunft dürfte die Entwicklung je länger je mehr in diese Richtung gehen.

(Das Interview wurde schriftlich geführt)

Weitere Informationen:
expertphoto.ch
Noritsu-Geräte

 

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