Christoph Jehle, 29. Juli 2021, 16:00 Uhr

Leica Camera und ihre Kooperationen

Die Leica Camera AG in Wetzlar nutzt den Namen «Leica» im Rahmen einer langfristigen Lizenz von der zum Leica Microsystems-Konzern zählenden Leica Microsystems IR GmbH, Wetzlar. Leica Microsystems gehört seit 2005 zum US-Konzern Danaher Corporation in Washington D.C. 

Daneben gibt es unter dem Namen Leica Geosystems noch ein weiteres Unternehmen, das nach der Aufspaltung der Wild Leitz AG Ende der 1990er-Jahre noch den Namen Leica führt. Dieses geht zurück auf die 1921 gegründete Firma Wild Heerbrugg, die Ende der 1980er-Jahre zusammen mit grossen Teilen von Kern & Co. AG in Aarau mit Leitz Wetzlar fusionierte. 2005 wurde Leica Geosystems mit Unternehmenssitz in Heerbrugg Teil des schwedischen Hexagon-Konzerns. Die ehemalige Kern-Marke «Switar» wird heute von Alpa gehalten.

Der Name Wild wird von der österreichischen Wild Holding GmbH in Völkermarkt weitergeführt, die 1995 aus dem damaligen Leica-Konzern ausgegliedert wurde. 2015 übernahm die Wild-Gruppe mit Hilfe eines Asset Deals das «geistige Erbe» der Braunschweiger Zett Optics GmbH nach deren Insolvenz. Die Zett Optics ging zurück auf das Zett Gerätewerk von Zeiss Ikon und firmierte ab 1990 unter dem Namen Leica Projektion, bevor es mit dem Ende der analogen Diaprojektoren an Allegra Capital veräussert wurde. Das ehemalige Leitzwerk in Kanada führt den Namen Ernst Leitz als Elcan für Ernst Leitz Canada weiter, zählt jedoch seit 1999 zum US-Rüstungskonzern Raytheon.

 

Eigentümerin der Leica Camera AG, Wetzlar

Die Lisa Germany Holding GmbH, Wetzlar, hält 100% der Stimmrechte an Leica. Mit der Lisa Germany Holding GmbH besteht seit dem 2. April 2012 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. An der Lisa Germany Holding GmbH ist die Austrian Capital Management GmbH, Salzburg, Österreich, mit 55% und die BCP Lisa Germany GmbH, Frankfurt am Main, mit 45% beteiligt. Die Austrian Capital Management GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Socrates Privatstiftung, Wien, Österreich. Die BCP Lisa Germany GmbH ist ein Tochterunternehmen der Private-Equity Investors Blackstone Cayman Islands Exempted Limited Partnership.

Die Leitz-Park GmbH sowie die WLC Immobiliengesellschaft mbH, zuvor Welt der Leica Camera Immobiliengesellschaft mbH und die für Cine-Objektive, die in der Vergangenheit von der CW Sonderoptik vermarktet wurden, zuständige Ernst Leitz Wetzlar GmbH zählen offensichtlich ebenso wenig zum Leica Camera-Konzern wie die Weller Feintechnik und die ViaOptic. Nach vorliegenden Informationen ist die Leica Camera im Wetzlarer Werk nicht Eigentümer sondern Mieter.

Die Leica – Aparelhos Ópticos de Precisão, S.A in Portugal produziert im Fotobereich einerseits Komponenten, die dann in Wetzlar endgefertigt werden, anderseits auch M-Objektive, die in dieser Version nicht den US-Strafzöllen unterliegen. In Wetzlar gibt es u.a. die Leitz-Park Marketing GmbH und die gemeinnützige Ernst Leitz Wetzlar Archiv und Ernst Leitz Museum GmbH als Konzern-Gesellschaften.

 

Kooperation mit Panasonic

Seit dem Jahre 2000 hat Leica Camera ein Kooperations-Abkommen mit Panasonic. Der direkte Partner im Panasonic-Konzern ist die AVC Networks Company. Die jeweils zeitlich befristeten Abkommen wurden in der Vergangenheit jeweils verlängert. Seit sechs Jahren besteht auch eine langfristig angelegten Technologiepartnerschaft mit Huawei in China. In diesem Zusammenhang wurde kurz darauf das gemeinsame Max Berek Innovation Lab GmbH in Wetzlar gegründet, die jedoch per Verschmelzungsvertrag vom 8. Mai 2019 in die Leica Camera AG, Wetzlar integriert wurde. Ein Schicksal, das am gleichen Tag auch die für Industrieoptiken zuständige LC Light & Imaging Systems GmbH in München ereilte.

Die Einnahmen aus Lizenzen lag im Geschäftsjahr 2018/2019 noch bei 49,5 Millionen Euro und sank im folgenden Geschäftsjahr um 25,9% auf rund 36,7 Millionen Euro. Der letzte veröffentlichte Jahresabschluss vermerkte in diesem Zusammenhang «Zusätzlich stellt die Unsicherheit über die weitere Vorgehensweise mit aktuellen Lizenzpartnern und die Abhängigkeit von Schlüssellieferanten ein hohes Risiko dar».

In Folge der US-Massnahmen gegen Huawei kam inzwischen die Befürchtung auf, dass die Beziehung zwischen Leica Camera und Huawei in der Krise sei. Leica Camera äussert sich zum Thema Huawei wie folgt: «Die vertrauensvolle und langfristige Technologiepartnerschaft mit der Huawei Consumer Business Group besteht seit 2015. Seit Beginn bringt die Partnerschaft sowohl den Verbrauchern als auch den beiden Unternehmen einen grossen Nutzen. Die damit verbundene Einhaltung aller Vertraulichkeiten wird selbstverständlich gewahrt. Die Partner haben Stillschweigen über alle Details des Vertrages vereinbart.»

Leica betont in diesem Umfeld auch, dass sich die Zusammenarbeit mit der japanischen Sharp Corporation, die mit dem Sharp Smartphone Aquos R6 und dem Leitz Phone 1 zwei Smartphones hervorbrachte, exklusiv auf den japanischen Markt bezieht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Sharp Corporation seit 2016 mehrheitlich zur Hon Hai Precision Industry Co., Ltd., in Taiwan gehört, die zur Foxconn-Gruppe gehört und in Shenzen beispielsweise als Auftragsfertiger für Marken wie Apple arbeiten. Zur Fotografie kam Foxconn mit der 2006 erfolgten Übernahme des Kameraauftragsfertiger Premier Image Technology Corp. wodurch diese schlagartig zum grössten Hersteller von digitalen Kompaktkameras wurde.

Leica hat darüber hinaus weitere Kooperationspartner, die den Name «Leica» von Leica Camera lizenziert erhielten, darunter JMGO für Digitalprojektoren, Mykita im Brillenmarkt und in Zusammenarbeit mit Novacel wurde speziell für die Leica Eyecare Produktreihe eine Produktionsstätte in Château-Thierry (Frankreich) aufgebaut.

Christoph Jehle

Lesen Sie zum Thema auch
• «Leica Camera will Stellen in Wetzlar abbauen – die Hintergründe» (Fotointern 24.06,2019)
• «Leica kooperiert mit Sharp» (Fotointern, 17.05.2021)
• «Leica Camera AG präsentiert das Leitz Phone-1 exklusiv in Japan» (Fotointern,16.07.2021)

 

4 Kommentare zu “Leica Camera und ihre Kooperationen”

  1. Hervorragend recherchiert und unpolemisch präsentiert. Fehlt bloss noch die Story des Waldorflehrers mit der generösen Erbtante, doch für Hintergründe gibt es u.a. Wikipedia. Die Cayman-Inseln und die weissen Sondereditionen für Oligarchen passen übrigens bestens zusammen. Genau, das war tendenziell polemisch eben.

  2. Interessant – aufschlussreich wäre gewesen, auch einige Namen prominenter Akteure und ihre Bezüge zu den diversen Firmen zu nennen, z.B. von Thomas Schmidheiny damals im Rheintal oder heute von Andreas Kaufmann.

Schreibe einen Kommentar

  • Kommentare werden erst nach Sichtung durch die Redaktion publiziert
  • Beachten Sie unsere Kriterien für Kommentare im Impressum
  • Nutzen Sie für Liefer- und Kontaktnachweise die Angaben im entsprechenden Artikel
  • Für Reparaturanfragen und Support bei Problemen wenden Sie sich bitte direkt an den Hersteller (siehe dessen Website) oder Ihren Händler
  • Beachten Sie, dass Fotointern.ch eine reine und unabhängige Informationsseite ist und keine Waren verkauft oder vermittelt
  • Ein Kommentar darf maximal 800 Zeichen enthalten.

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Noch 800 Zeichen

Werbung
Werbung

Abonnieren Sie jetzt Fotointern per E-Mail direkt in Ihr Postfach und verpassen Sie keine Beiträge mehr. Wir nutzen MailChimp für den Versand. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt dazustellen.Den Browser jetzt aktualisieren

×