Urs Tillmanns, 12. September 2021, 10:00 Uhr

Strassenleben von Paris – die Scheinwelten von Peter Schudel

Der berühmte Zürcher Fotograf Peter Schudel ist allzu früh von uns gegangen (Fotointern Nachruf). Seine Frau Anna Halm Schudel ist im Archiv auf einen Schatz gestossen – auf Kompositionen, welche Strassenszenen in Paris zeigen, die es so nie gegeben hat. Es sind Bildfantasien, bei denen die Betrachterin nie weiss, was Wirklichkeit und was Scheinwelt ist. Die hier gezeigten Kompositionen sind alle in Paris entstanden, der Lieblingsstadt von Peter. Er hat unzählige Stunden, ja Tage, damit verbracht Bildelemente zu sammeln, aus denen «sein Paris» entstand – mit Szenen, die der Wirklichkeit sehr nahe scheinen und doch den Betrachter mit Ironie und Humor gekonnt täuschen.

 

Überall und nirgendwo in Paris

Wenn es Nacht wird, erwacht Paris

Das Versteckspiel …

 

Er liebe gute Schnappschüsse, erklärt Peter Schudel. Leider gebe es aber zu wenige davon, weil man oft einfach zu spät komme.

Erst die Entwicklung der Digitalfotografie bescherte ihm die Möglichkeit, am Computer Bilder nach eigenen Vorstellungen zu realisieren. Wohl baute er zu analogen Zeiten in seinem Studio Modelle von Szenerien auf, die seinem Kopf entsprangen. Das war aber sehr aufwändig und doch nicht ganz befriedigend.

 

Rollentausch

Rue du Temple – Sie kommt jeden Tag um die gleiche Zeit …

Das bekannte Restaurant «Le Rouquet» am Boulevard Saint-Germain

Heute ist das Syndicat geschlossen

 

Im digitalen Zeitalter montiert er bis 30 Einzelaufnahmen zu einem neuen Bild im Panorama-Format. Das Material dazu sammelt er auf Reisen. Er durchstreift die Metro-Stationen von Paris, beobachtet durchs Kameraauge Märkte und Plätze. Aber auch menschenleere Gegenden der USA faszinieren ihn. Aufnahmen aus aller Welt liefern schliesslich Bühne und Puzzle-Teile für seine atmosphärischen Fotomontagen.

 

Passt wohl nicht mehr ganz …

Einladendes Bistrot

Les Halles – hier entstehen Freundschaften

Die Rätsel um das Motel zur blauen Stunde

Eine alte Schwarzweiss-Aufnahme, die ein verlassenes Motel zeigt, wird in einen surreal anmutenden Schauplatz verfremdet. Die gespenstische Kulisse von Landschaft und Gebäude mutiert in tiefes Blau, als wäre sie vom Mond beschienen. Das Innere der Absteige ist mit gemalten tanzenden Paaren belebt. Doch Schudel hat hier nicht wirklich zum Pinsel gegriffen, sondern ein Gemälde vom Flohmarkt reproduziert und Ausschnitte davon gekonnt seiner erfundenen Geschichte einverleibt. Vor dem Motel geht eine leicht gekleidete Schönheit vorbei.  Es darf gerätselt werden, ob die Fremde am Fest teilnehmen wird oder sich in die blaue Nacht verflüchtigt.

 

Auf dem Flohmarkt Porte de Clignancourt – traue keinem Spiegel …

Le bistrôt au coin …

Multikulturelles Treiben im 18ième arrondissement

 

Andere Fotomontagen scheinen auf den ersten Blick eine belebte Strasse, eine überfüllte Bus- oder Metro-Haltestelle abzubilden. Doch bei näherem Betrachten gerät das realitätsgestählte Auge in den Sog von Ungereimtheiten und irritierenden Details. Als wär‘s im Film, taucht ein Afrikaner gleich zweimal an der irrealen Haltestelle auf, einfach in verschiedenen Posen. Frauen in Stöckelschuhen schweben leichtfüssig über dem Boden. Sie tragen Taschen und Blumensträusse oder führen Hunde an der Leine spazieren. Eine Touristin hält einen Kunstprospekt mit aufgedruckter Mona Lisa in der Hand und hat auch gleich deren Gesichtszüge angenommen. Manchmal rinnen echte Farbläufe vom oberen Bildrand ins Geschehen, was den auf Keilrahmen aufgezogenen Pigment-Inkjet-Prints die Aura eines Gemäldes verleiht.

 

Faszinierendes Gegenlicht

Doppelgängerin im 10ième arrondissement

Paris, die Stadt der Verliebten

 

Text: Anna Strausack

Unser Einstiegsbild, «Trinkerin», ca 1975 von Peter Schudel, ist die Komposition eines Gemäldes mit der Realität.

Peter und Anna, ein kreatives Paar

Peter Schudel (1942-2021) und Anna Halm Schudel haben eine wunderbare und sehr kreative Zeit miteinander verbracht. Kennengelernt haben sie sich 1968 im Fotostudio von René Groebli, dann haben Sie geheiratet und von 1973 bis zu Peters Tod zusammen ein erfolgreiches Fotostudio geführt. Neben der kommerziellen Fotografie waren beide auch mit freien Themen äusserst kreativ und erfolgreich. Unser Bild zeigt Peter und Anna in ihrem Fotostudio in den Siebziger-Jahren.

 

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