Urs Tillmanns, 4. Februar 2023, 14:47 Uhr

Buchtipp: Helmut Newton «A Gun for Hire»

Zur gegenwärtigen, gleichnamigen Ausstellung in der Helmut Newton Stiftung in Berlin ist das Buch «A Gun for Hire» im Taschen-Verlag erschienen. Es ist der Auftragsfotografie von Helmut Newton gewidmet und zeigt viele ikonenhafte Modebilder aus vier Jahrzehnten.

Helmut Newton hat die Modefotografie in den frühen 1960er Jahre bis zur Jahrtausendwende beeinflusst, wie nur wenige andere Fotografen. Er hat einen eigenen Stil gepflegt, arbeitete mit sehr einfachen, oft unkonventionellen Mitteln und verstand es, mit seinen Modellen und einem Touch von Sinnlichkeit und Verführung eine unmissverständliche Bildsprache zu entwickeln.

Im Gegensatz zu vielen anderen (Mode-)Fotografen sah sich Helmut Newton nicht als Künstler, sondern als Auftragsfotograf. Dies unterstreicht auch das berühmte Zitat aus dem Jahre 2004 gegenüber Newsweek: «Die fotografische Arbeit mancher Menschen ist Kunst. Meine nicht. Wenn meine Fotos zufällig in einer Galerie oder einem Museum ausgestellt werden, soll es mir recht sein. Aber das ist nicht der Grund, warum ich sie mache. Ich bin ein ‘Auftragskiller’». Helmut Newton wehrte sich konsequent, wenn seine Bilder als «Kunstwerke» bezeichnet wurden. Dennoch gibt es unzählige Beispiele in der Fotogeschichte, von einst kommerziellen Bildern, im Laufe der Zeit und dem Wandel des Zeitgeistes zu Kunst werden – dies auch im Fall von Helmut Newton, weil viele seiner Bilder zu Ikonen der Modefotografie geworden sind. Und davon gibt es in diesem Buch jede Menge.

Das Buch zeigt schwerpunktmässig die kommerziellen Arbeiten von Helmut Newton und ist in vier Kapitel unterteilt. Es beginnt mit einer Bilderreihe aus dem Katalog des Modehauses Biba in London von 1969, das sehr frühe Modebilder von Helmut Newton mit den Modellen Donna Mitchell und Ingemari Johanson zeigt, geht im zweiten Kapitel auf seine Arbeiten für die grossen Modehäuser Chanel, Yves Saint-Laurent,  Versace, Thierry Mugler und Blumarine ein, widmet sich danach den redaktionellen Arbeiten, vor allem für die Zeitschrift Vogue und schliesst mit Werbeaufnahmen für Villeroy & Boch, den Bikini Calendar des Sportmagazins und für «Absolut» Vodka.

Die Texte im Buch sprechen die Leserinnen und Leser als sehr aufschlussreich und spannend an, vor allem das Exposé «Kunst und Kommerz» von Matthias Harder, dann aber auch die Stimmen wichtiger Zeitzeugen, wie diejenige der Herausgeberin June Newton (alias Alice Springs), die mit Helmut Newton verheiratet war, dann die Erinnerungen des Yves Saint-Laurent-Auftraggebers Pierre Bergé, des Modedesigners Tom Ford, der Verlegerin Josephine Hart sowie diejenige von Anna Wintour, der Chefredaktorin von Vogue in Paris. Ihre Zitate vermitteln uns ein abgerundetes Bild zur Persönlichkeit von Helmut Newton und geben einen Einblick in seine Arbeitsweise.

Für wen ist dieses Buch? In erster Linie für Leserinnen und Leser, die sich für das Lebenswerk von Helmut Newton interessieren, zeigt es doch einen Schaffensbereich von Newton auf, der in vielen Retrospektiven im Schatten bekannter erotischer Bilder steht. Dann ist es für Leute, die sich für die Modefotografie interessieren ein «Must-have», dies besonders auch für junge Fotograf/innen, die den Einstieg in die Modefotografie finden möchten. Die Bilder von Helmut Newton sind auch heute noch «Vor-Bilder», weil sie während rund vier Jahrzehnten ikonenartig die Mode und die Modefotografie geprägt haben. Sie sind eben doch zu Kunstwerken geworden …

Urs Tillmanns

Hinweis: Das Buch ist zur Ausstellung 2022 erschienen, die noch bis 14. Mai 2023 in der Helmut Newton Stiftung in Berlin zu sehen ist. 

 

Buchbeschreibung des Verlages

Helmut Newton unterschied kompositorisch und stilistisch nicht zwischen der Arbeit für Zeitschriften und den Aufträgen von Werbekunden. Selbstironisch nannte er sich «A Gun for Hire» (‘Auftragskiller’) – und so hiess auch June Newtons legendäres Buch über seine kommerzielle Fotografie, das nun in einer von der Helmut Newton Stiftung überarbeiteten Neuausgabe erscheint.

A Gun for Hire vereint eine Auswahl von Newtons Auftrags- und Modefotografien der frühen 1960er-Jahre bis 2003, u.a. für BiBA (erster Modekatalog 1962), Chanel, Yves Saint Laurent, Versace, Thierry Mugler, Blumarine, Villeroy & Boch und Absolut Vodka, sowie seine letzten Bilder für die amerikanische und italienische Vogue – alles Auftragsarbeiten des «Gun for Hire».

 

Der Inhalt

Matthias Harder «Art and Commerce / Kunst und Kommerz / Art et commerce»

June Newton «A Gun for Hire»

Pierre Bergé «Transforming the World»

BIBA

Tom Ford «My Idea of Heaven»

Fashion Catalogues
Chanel / Yves Saint-Laurent / Versace / Thierry Mugler

Josephine Hart «Nothing happens. It’s all a Dream»

Blumarine

Anna Wintour «A Visual Genius»

Editorial Work
Italian Vogue / US Vogue / German Vogue

Publicity
Villeroy & Boch / Bikini Calendar for Sportmagazin / Absolut Vodka

Appendix
Biography / Exhibitions / Publications / Impressum

 

Der Fotograf

Helmut Newton (1920–2004) war einer der einflussreichsten Fotografen aller Zeiten. Ersten internationalen Ruhm erlangte er in den 1970er-Jahren, vor allem durch seine Arbeit für die französische Vogue. Newton inszenierte seine Modelle nicht im Studio, sondern in Alltagssituationen, Innenräumen und auf der Strasse. Seine Mischung aus widersprüchlichen Szenarien, kühner Beleuchtung und bemerkenswerter Bildkomposition wurde zu seinem Markenzeichen. Ihm wurden zahlreiche Ehrungen zuteil, darunter der Titel des Commandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres.

 

Bibliografie

Helmut Newton «A Gun for Hire»

240 Seiten, 186 Fotos, gebunden, Hardcover, mit Schutzumschlag, Format 23,5 x 31 cm
mit Texten von Matthias Harder, June Newton, Pierre Bergé, Tom Ford und Josephine Hart
Herausgeberin: June Newton (Alice Springs)
Sprachen: dreisprachig (Deutsch, Englisch, Französisch)
Verlag Taschen GmbH; Köln
ISBN 978-3-8228-4643-8
Preis: CHF 50.00 / EUR 50,00

Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden.

 

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