Urs Tillmanns, 17. Juni 2024, 11:16 Uhr

In zwei Wochen beginnen die Rencontres in Arles

Am Montag 1. Juli 2024 beginnen offiziell die 55. Rencontres de la Photographie in Arles. Es ist eines der weltweit grössten Fotofestivals mit 37 Ausstellungen und einem umfangreichen Rahmenprogramm. Die Ausstellungen sind als repräsentative Plattform der zeitgenössischen Fotografie bis Ende September zu sehen.

Die «Rencontres da la Photographie» gehören zu den grössten Fotofestivals der Welt. Sie finden dieses Jahr vom 1. Juli bis 29. September 2024 bereits zum 55. Mal statt und sind wiederum Podium für rund 145’000 Besucherinnen und Besucher (2023), die sich für die Highlights und Trends der Fotografie interessieren. Das Festival bietet mit mehr als 30 Ausstellungen eine immense Vielfalt, die für die zeitgenössische Fotografie repräsentativ ist.

 

Die Rencontres de la Photographie ins Arles bieten nicht nur 37 Fotoausstellungen und ein vielseitiges Rahmenprogramm, sondern sie sind auch ein attraktiver Begegnungsort (Foto: Urs Tillmanns 2023)

Das Programm 2024 widmet Mary Ellen Mark, einer der bedeutendsten Fotografinnen unseres Jahrhunderts, eine Retrospektive, die ihrem Werk gewidmet ist. Anderseits präsentieren die Rencontres auch Newcomers, wie zum Beispiel Hugo Vitrani mit der Ausstellung über die Darstellung von Graffiti in der Fotografie. Christoph Wiesner, der diesjährige Direktor des Festivals, stellt uns in seinem Text «Beneath the Surface» weitere Highlights der diesjährigen Rencontres vor:

«Encounters» ist die erste weltweite Retrospektive der amerikanischen Dokumentarfotografin und Porträtistin Mary Ellen Mark, welche die gesamte erste Etage des Espace Van Gogh einnimmt und so einen repräsentativen Querschnitt durch ihr Schaffen zeigt. Berühmte Persönlichkeiten mischen sich unter die Randgruppen der Gesellschaft, von denen Mark einige seit Jahren verfolgt.

In der majestätischen Kirche der Frères Prêcheurs lässt sich Cristina De Middel von Jules Verne inspirieren und nimmt uns mit auf eine Reise zum Mittelpunkt der Erde. Sie erzählt die Geschichte einer Migration vom Süden Mexikos nach Felicity, einer kleinen Stadt in Kalifornien, wo sie die Komplexität der Situation angesichts der vereinfachten und reduzierten Informationen, die von den Medien verbreitet werden, bezeugt. Cristina De Middel signiert das Plakat des Festivals in Form eines Porträts, in dem die Magie einer frühmorgendlichen Begegnung zum Ausdruck kommt.

Jeder kann auf seine eigene Weise zum Subjekt werden. Im China der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts verkörpert Mo Yi das eigentliche Objekt seiner Bilder, das im Mittelpunkt einer umfassenden Beobachtung des täglichen Lebens steht und den bisherigen Repräsentationsdiskurs durch Experimentierfreude, Subjektivität und Humor auf den Kopf stellt.

Nebenan umgeht die von Aperture organisierte Ausstellung «I’m so Happy You Are Here» etablierte Narrative und zeigt die Bedeutung der japanischen Fotografinnen seit den 1950er Jahren. Die Ausstellung eröffnet neue historiografische Perspektiven und unterstreicht die Notwendigkeit, ein umfassendes Verständnis der Geschichte der Fotografie zu entwickeln, die bisher im Wesentlichen männlich geprägt war. Im Salle Henri Comte zeigt Ishuichi Miyako, Preisträgerin des Women in Motion Award 2024, einige ihrer emblematischen Serien, wie z. B. «Mother’s», über die sie sagt: «Ich hatte nie über den Körper meiner Mutter nachgedacht, und nun entdeckte ich ihn dank der Fotografie im Detail. Fotografieren heisst, das Unsichtbare sichtbar zu machen, das unter der Oberfläche liegt».

Die Arbeiten im zweiten Stock des Espace Van Gogh erinnern uns daran, dass der Archipel auch die Erinnerung an das katastrophale Ereignis vom 11. März 2011 in sich trägt, dessen Ursprünge uns in die geologische Geschichte eines unendlich geschundenen Territoriums eintauchen lassen, das auf unbestimmte Zeit von einer nuklearen Gefahr bedroht ist. Mit Widerstandsfähigkeit, Widerstand und Kreativität enthüllen die Fotografen die beeindruckende Vielfalt und Vitalität der japanischen Szene.

 

Ein besonders attraktiver Ausstellungsort sind die Ateliers Mécaniques mit dem «Arts Resource Building» der Maja Hofmann-Stiftung (Foto: Urs Tillmanns 2023)

Die Fotografen legen auch Zeugnis ab von den vielfältigen Spuren unserer Existenz, von ihrer Schönheit, aber auch von den Nebenwirkungen, die sie mit sich bringt. Mustapha Azeroual hält erhabene Bilder von Sonnenauf- und -untergängen auf der Oberfläche der Ozeane fest; Nicolas Floc’h’s «Landscape of the Mississippi’s Colors» aus dem Langzeitprojekt Rivers Ocean erinnert uns an die Präsenz menschlicher Aktivitäten auf dem Planeten, während Marine Lanier’s «Hannibal’s Garden» die Besucherinnen und Besucher in die Alpen entführt, um dort eine dystopische Reflexion über die Entwicklung der Flora unter dem Einfluss des Klimawandels anzustellen.

Fotografische Archive sind dem Medium inhärent. Die Rencontres bieten immer wieder Einblicke in das visuelle Gedächtnis von Fotografen und Künstlern sowie in industrielle, historiografische und volkskundliche Archive. Diese 55. Ausgabe bietet wieder eine Fülle von Entdeckungen, sowohl in Form als auch in Inhalt: von den japanischen Fischerinnen (ama), die auf den Archiven von Uraguchi Kusukazu basieren, über die geheimnisvolle und skurrile Welt von Michel Medinger bis hin zur Geschichte der Waggonstange oder dem Vergleich der Sammlungen des Olympischen Museums und von Photo Elysée mit Sport in Focus, stehen die Archive im Mittelpunkt.

Da sich die Rencontres durch ihre Verbindung zur Geschichte der Stadt Arles definieren, erhalten bestimmte Veranstaltungen eine besondere Bedeutung, wenn sie mit dem reichen Erbe der Stadt in Verbindung gebracht werden. Letztes Jahr entdeckte Sophie Calle das einzigartige Licht und die Schatten des unterirdischen römischen Cryptoporticus, in dem gerade die Ausstellung von Juliette Agnel stattfindet. Nach diesem aufschlussreichen Besuch äußerte die Künstlerin sofort den Wunsch, dort ein Projekt vorzuschlagen, das in diesem Jahr in Form der Ausstellung «Finir en beauté» präsentiert wird.

Auf der Suche nach neuen Formen bahnt sich das Festival einen Weg. In Himmel und Hölle führen uns Vimala Pons und Nhu Xuan Hua an den Punkt, an dem sich Theater, Performancekunst und Fotografie, aktuelle Ereignisse, ihre Protagonisten und Fiktion begegnen. In einer hybriden Ausstellung zeugen die beiden Künstlerinnen von ständiger Bewegung in einem fragilen Gleichgewicht. «All in the Name of the Name» beleuchtet eine andere Szene: die der Strasse, der Ränder, die auf die sensiblen Oberflächen von Graffiti treffen, wo die Fotografie, manchmal der letzte Zeuge der ältesten Manifestation menschlicher Kreativität, eine Geschichte zwischen dem Erscheinen und dem Verschwinden von flüchtigen Phänomenen spinnt. Das fotografische Schreiben kann zahlreiche Formen annehmen. Die Verbindung mit der Zeit und der Erzählung ist besonders im seriellen und konzeptionellen Ansatz einer Generation von Fotografen und Künstlern wie Zoe Leonard, Judith Joy Ross, Hans-Peter Feldmann und Nicholas Nixon sichtbar geworden. Die der Sammlung Astrid Ullens de Schooten Whettnall gewidmete Ausstellung, kuratiert von Urs Stahel, macht diesen Reichtum deutlich.

Die Rencontres d’Arles unterstützen und begleiten das aufstrebende Schaffen immer aktiver. Der Discovery Award ist nun im Espace Monoprix angesiedelt und lädt die Kuratorin Audrey Illouz dazu ein, neue Horizonte zu eröffnen, bis hin zu den Fragen, die durch die Verbreitung neuer Technologien wie der KI aufgeworfen werden.

Weiter bieten die Rencontres ein vielfältiges Rahmenprogramm mit nächtlichen Projektionen im Freien, speziellen Auszeichnungen und Ehrungen sowie dem Buchpreis des Festivals und dem «Prix de la Photo», der dieses Jahr unter dem Motto «Madame Figaro Arles 2024» steht. Auch bieten die Rencontres ein breites Angebot an Workshops aller Arten, für die man sich voranmelden oder mit etwas Glück dazu auch spontan teilnehmen kann.

 

Alle Details zu den Rencontres Arles finden Sie auf der Website www.rencontres-arles.com/ auf Französisch oder Englisch.

Fotos: Pressebilder der Rencontres Arles 2024

 

Rencontres de la Photographie 2024: Eintrittspreise und Öffnungszeiten
  Juli / August September (ab 26.08.)
Dauerkarte
01.07. – 29.09.
€ 40 / € 32 online
€ 42 / € 34 Kasse
€ 36 / € 28 online
€ 38 / € 30 Kasse
Tageskarte € 33 / € 28 online
€ 35 / € 30 Kasse
€ 32 / € 27 online
€ 34 / € 29 Kasse
Einzeleintritte
zwischen € 6 und € 14
Jugendliche bis 18 Jahre gratis gratis
Öffnungszeiten
täglich 10:00 bis 15:30 Uhr
Verkaufsstellen • Festival Office, 34 rue du Docteur Fanton
• Place de la République
• Espace Van Gogh
• Méchanique Générale
Angaben ohne Gewähr

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