Während Gemälde und Zeichnungen der Vorstellungskraft und der Fähigkeit ihres Erschaffers entstammen, bildet eine Kamera – scheinbar – nur Vorhandenes in Fotos ab. Fotos widerspiegeln dagegen im Verständnis vieler Menschen die Wirklichkeit wider und werden deshalb gerne auch zur Beweisführung benutzt. Doch tatsächlich bietet die Fotografie viele Einflussmöglichkeiten, wie etwas abgebildet wird. Abgesehen von der Inszenierung eines Ereignisses haben bei der Aufnahme die Wahl des Ausschnittes einer Szene, des Zeitpunkts und viele weitere Aspekte, einen erheblichen Einfluss darauf, wie etwas «abgebildet» wird. (Dies macht die Fotografie für Kreative auch so interessant.)
Nicht minder zahlreich sind die Möglichkeiten, um ein Foto nach der Aufnahme zu verändern. Nachträgliche Retusche war schon von Beginn der Fotografie an möglich – und auch üblich, doch durch moderne Mittel wie Photoshop & Co. und AI/KI-Tools sind Veränderungen von Bildinhalten inzwischen von jeder Person auf höchstem Niveau durchführbar. Noch nie war es so einfach, Bilder zu verändern und dabei nahezu perfekt anmutende Ergebnisse zu erzeugen.
Um dem Missbrauch durch manipulierte Foto-, Video- und Audioaufnahmen vorzubeugen, haben sich 2019 mehrere Unternehmen wie Adobe, die BBC, die New York Times u.a. zur «Coalition for Content Provenance and Authenticity (C2PA)» zusammengeschlossen. Inzwischen sind etliche weitere im Bildergeschäft relevante Firmen zur Koalition gestossen – wie Nikon und andere bedeutende Kameramarken. Die Koalition entwickelt seit ihrer Gründung Standards und Werkzeuge, mit denen sich nachträgliche Veränderungen in Fotos, Videos und Audioaufnahmen auch aufdecken lassen. So kann die Authentizität von Aufnahmen sichergestellt werden. Die Infos zur Erstellung einer Aufnahme sowie zu den Änderungen werden in einem Protokoll – von der C2PA «Manifest» genannt — automatisch und kryptografisch dokumentiert und in die Datei eingebettet.
Nikon Z 6III wird kompatibel zum C2PA-Standard
Nikon hat nun angekündigt, dass sie derzeit eine neue Firmware für Z6III entwickeln würde, die der Kamera eine erweiterte C2PA-Konformität für «bessere» Bildauthentizität verpasst. Die im Juni 2024 eingeführte spiegellose (Reportage-)Kamera Nikon Z6III wird dann als erste Kamera von Nikon ihre Aufnahmen gemäss dem C2PA-Standard liefern, die somit nachweislich authentisch sind, d.h. nicht manipuliert wurden. Die Firmware ist momentan noch «in Entwicklung». Dies bedeutet bei Nikon, dass die Firmware (oder auch ein Produkt) im Wesentlichen fertig ist, aber noch letzte Tests durchläuft und dann innerhalb von wenigen Monaten offiziell ausgeliefert werden wird.
Dementsprechend wird die Firmware laut Nikon gegenwärtig von Nachrichtenagenturen und anderen Fachleuten getestet, um sicherzustellen, dass sich die Funktionen reibungslos in die Arbeitsabläufe der Testenden integrieren lassen.
Ein erster exklusiver Blick auf die Z6III mit der neuen Firmware wird auf der Adobe MAX 2024 Creativity Conference vom 14. bis 16. Oktober 2024 möglich sein. Die Firmware soll dann Mitte 2025 für ausgewählte Bild- und Nachrichten-Agenturen freigegeben werden. Etwas später soll das Firmware-Update dann breiter verfügbar sein.
Mit dem Einspielen der neuen Firmware, wird die Kamera die Funktion namens «Content Credentials» (Inhalt Berechtigungsnachweise) erhalten. Diese basiert auf den Standards der Coalition for Content Provenance and Authenticity (C2PA) und soll dazu beitragen, die Authentizität der Aufnahmen zu schützen und den Nutzenden Sicherheit geben. Mit Content Credentials möchte Nikon es auch Fotoschaffenden erleichtern, ihre Arbeit zu schützen, indem die ursprünglichen, unveränderten Daten jedes aufgenommenen Fotos erhalten bleiben. Diese Funktion wird dazu beitragen, die Authentizität der Bilder zu überprüfen und auch die Rechte der Nutzenden zu schützen.
Statement: Nikon hat sich verpflichtet, Lösungen zu entwickeln, die den C2PA-Standards entsprechen, um Einzelpersonen und Unternehmen in der Bildverarbeitungsbranche sowie die Gesellschaft vor den negativen Auswirkungen gefälschter Bilder und unerlaubter Nutzung zu schützen. Nikon wird sich weiterhin mit den kontinuierlichen Herausforderungen rund um die Bildauthentizität auseinandersetzen und auf eine Zukunft hinarbeiten, in der alle in der Bildgebungsbranche ihre künstlerischen und geschäftlichen Bestrebungen mit Zuversicht und Vertrauen verfolgen können.
Weitere Infos
Nikon Z 6III (Produktseite)
Z-Kameras (Übersichtseite)
Nikon Schweiz
CH-8132 Egg
Tel. 043 277 27 00
Coalition for Content Provenance and Authenticity (C2PA) (Infoseite)
Es ist erfreulich, dass Nikon C2PA in ihre Kameras integrieren und dadurch mithelfen will, den Glaube an die Authentizität von Bildern, die nicht nur wie Fotografien aussehen, sondern auch solche sind, zu stärken. Auch die Nachverfolgung von Bildveränderungen ist eine gute Sache. Leider lassen sich mit solchen Kameras aber auch mit KI produzierte Bilder abfotografieren, und diese ursprünglich nicht authentischen Bilder erhalten dann eben leider auch ein Echtheitszertifikat, womit wir vermutlich wieder auf Feld 1 sind: Es werden letztlich die Fotografinnen und Fotografen sein, die mit ihrem Namen und ihrer Arbeitsweise für die Authentizität ihrer Arbeit bürgen müssen.
Ja, das mit dem Abfotografieren eines manipulierten Bildes, war schon früher eine Möglichkeit, die Manipulation oder auch die Herkunft eines Bildes zu verschleiern. Was in gewissem Rahmen hilft, die Authentizität eines Bildes zu beurteilen, ist ein Blick auf die Bilder, die möglichst zeitnah vorher und nachher entstanden sind. (Fälscher müssten dann immer mehrere Aufnahmen manipulieren.) Bei analogem Film müsste auch der Filmstreifen/Kontaktbogen betrachtet werden. Bei digitalen Aufnahmen müsste man ein Bild immer mit den voran gegangenen und nachfolgenden verzahnen. Die Kamera sollte für das Authentifizierungszertifikat eine Blockchain-Technologie nutzen.
Angenommen, man könnte das AI Bild so abfotografieren, dass dessen Pixel deckungsgleich mit denen der Kamera sind: je nach Lichtintensität müsste man dann auch Blende und Zeit so verfälschen, dass sie für eine Strandszene oder Aufnahmen mit Schnee glaubhaft bleiben, oder? Wie empfindlich ist C2PA gegenüber solchen Änderungen?
Das deckungsgleiche Abfotografieren würde zusätzlich erschwert, wenn man ein modernes Objektiv mit Firmwarekorrektur der optischen Eigenschaften verwendet, weil dadurch partielle Unschärfen entstehen könnten, die auffallen.
Allerdings glaube ich, dass ein paar Fälschungen mehr oder weniger bei der horrenden Menge an editierten, bewusst „gefälschten“ digitalen Aufnahmen kaum noch auffallen. Wieviel Milliarden Kameras ohne C2PA gibt es bereits?
Prävention (z.B. Standesregeln im Fotojournalismus), Detektion (die Strategien zur Erkenntnis von Verfälschungen) und Manipulation (die tatsächliche Fälschung) stehen miteinander in Konkurrenz im Kampf um eine erfolgreiche Täuschung oder eine erfolgreiche Enttarnung. Dieser Kampf wird keinen Gewinner hervorbringen. Wie beim Schmuggel findet ein wechselseitiges Hochrüsten statt, die Enttarner von heute sind die Getäuschten von morgen. Einzelne Initiativen wie C2PA sind mir wichtig, weil sie den Glauben an eine objektive, technologisch „bewiesene Wahrheit“ hinterfragen. „Ich glaube nur an Statistiken, die ich selber gefälscht habe!“ – das gilt im übertragenen Sinne auch für die Fotografie…
So einfach ist es nicht, zu fälschen. Nur wenn die Kamera ein dreidimensionales Sujet sieht, glaubt sie an Echtheit. Das Abfotografieren eines Bildes trickst sie nicht aus. So dumm sind die Entwickler nicht 😉