Zum 20-jährigen Todesjahr von Helmut Newton und der Ausstellung in der gleichnamigen Stiftung in Berlin, erscheint der Bildband «Berlin, Berlin», der die Erlebnisse dieses grossen Mode-, Porträt- und Aktfotografen in seiner Geburtsstadt nachzeichnet. Eine spannende Bildergeschichte, die uns viel Sehens- und Wissenswertes vermittelt.
Das Buch, das wir heute besprechen, ist noch nicht auf dem Markt. Es feiert am nächsten Donnerstag in Berlin Premiere, und falls Sie zufälligerweise dann in der deutschen Hauptstadt weilen, dürfen Sie diesen Event gerne persönlich erleben (siehe Hinweis unten).
Helmut Newton (Helmut Neustädter) war einer der berühmtesten Mode-, Porträt- und Aktfotografen der Welt. In Berlin geboren, flüchtete er 1938 vor den Nazis nach Singapur und später nach Australien, wo er ab 1956 für die australische Vogue arbeitete. Dies war der Einstieg in seine internationale Tätigkeit für Vogue-Ausgaben in Europa sowie für andere Modezeitschriften.
Newton blieb ein Leben lang mit seiner Geburtsstadt Berlin verbunden. Hier hatte er sich in den frühen 1930er-Jahren erstmals mit Fotografie befasst, hier machte er seine Fotografenlehre bei Yva (Else Ernestine Neuländer-Simon), seinem grossen Vorbild, die ebenfalls auf Porträt-, Akt- und Modefotografien spezialisiert war, und hier fotografierte er in den 1970er-Jahren intensiv, nicht zuletzt, um seine Jugendzeit fotografisch aufzuarbeiten. Er publizierte 1979 in Vogue einen 14-seitigen Bildbeitrag über die inzwischen durch die Mauer aufgeteilte Stadt und suchte dabei viele Locations für seinen Shootings auf, die er noch aus seiner Jugendzeit kannte.
Das Buch «Berlin, Berlin» führt uns zu vielen dieser Orte, begonnen mit Newtons berühmten Serie mit drei Fotomodellen vor den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt, dann aber auch mit Bildern, mit denen er das Nachtleben von Berlin dokumentierte, und Reportagen, wie zum Beispiel «Mata-Hari», eine Spionagegeschichte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, die Newton 1963 in Vogue Europe publiziert, und die – vor allem in Berlin – stark kritisiert worden war. Das Buch vermittelt uns auf acht Seiten einen Eindruck davon. Weiter führt uns das Werk an viele weitere Lieblingsplätze von Newton, wie zum Beispiel die Exil-Bar oder die Travestiebar Lützower Lampe, wo er nicht nur für seine auftraggebenden Magazine arbeitete, sondern auch sehr viel freie und vor allem freizügige Aufnahmen seiner Models realisierte. Das Buch zeigt viele davon, die wir in unserer untenstehenden Auswahl nicht präsentieren können, weil sie gegen die Google-Richtlinien verstossen würden – obwohl sie längst als Kunstwerke von höchstem Niveau anerkannt sind.
«Berlin, Berlin» ist einerseits eine Hommage Helmut Newtons an seine Lieblingsstadt, doch zeigt uns das Buch auch viele Orte dieser Stadt, wie sie sich vor allem in den 1970er-Jahren präsentierten – zu jener Zeit des Kalten Krieges, in der viele Quartiere von der Mauer gezeichnet waren und Berlin Sinnbild für eine Stadt des Aufbaus und des Friedens stand. Ein wichtiges Element dieses Bildbands sind zudem die Texte von Matthias Harder, der sich als Direktor der in Berlin ansässigen Helmut Newton Stiftung nicht nur mit dem Leben und dem Werk von Helmut Newton sehr intensiv befasst hatte, sondern der uns in seinen Texten viel Wissenswertes über Helmut Newton und das damalige Berlin weitergibt.
Für wen ist dieses Buch? Einmal ist es natürlich prädestiniert für alle Liebhaber dieses grossen Mode-, Porträt- und Aktfotografen, dessen Bilder jedoch bei einigen Leserinnen und Leser auf Kritik und Ablehnung stossen könnten. Dann ist es eine spannende und authentische Bildergeschichte zur Stadt Berlin, so wie sie einer der grössten Fotografen erlebt und mit seiner Kamera damals dokumentiert hatte.
Urs Tillmanns
Die Buchbeschreibung des Verlags
Der 1920 in Berlin geborene Helmut Newton machte seine Ausbildung bei der legendären Fotografin Yva und wandte sich der Mode-, Porträt- und Aktfotografie zu. Im Alter von nur 18 Jahren musste er vor den Nazis ins Ausland fliehen, doch so richtig hat Newton Berlin nie verlassen. Nachdem seine Karriere in den 1960er Jahren in Paris Fahrt aufgenommen hatte, kehrte er regelmäßig in seine Heimatstadt zurück und realisierte wichtige Fotoserien für die Zeitschriften Constanze, Adam, Vogue, Condé Nast’s Traveler, ZEITmagazin, Männer Vogue, Max und das Süddeutsche Zeitung Magazin sowie sein eigenes Magazin Helmut Newton’s Illustrated.
1979 beauftragte ihn die neu gegründete deutsche Vogue, auf den Spuren seiner Jugend zu wandeln und besonders den Aspekt der Mode einzufangen. Das daraus entstandene Portfolio Berlin, Berlin! lieferte auch den Titel der Ausstellung, die das 20-jährige Bestehen der Helmut Newton Stiftung feiert.
Dieses Buch zeigt Newtons ikonische Berlin-Fotografien ebenso wie viele unbekannte Aufnahmen aus den 1930er bis 2000er Jahren: Nachtschwärmer in den angesagten Clubs und Restaurants der Stadt, Aktaufnahmen in den Alt-Berliner Pensionen seiner Jugend sowie die Berliner Filmszene mit Hanna Schygulla und Wim Wenders an der Berliner Mauer, John Malkovich und David Bowie.
Im Oktober 2003, nur wenige Monate vor seinem Tod, überführte Newton große Teile seines Archivs in seine neue Stiftung, die im ehemaligen Landwehrkasino neben dem Bahnhof Zoologischer Garten untergebracht ist – jenem Bahnhof, von dem aus er im Winter 1938 Berlin überstürzt verließ. Mit dieser Publikation schließt sich ein Kreis in der Geschichte seines außergewöhnlichen Lebens und Werks.
Der Inhalt
Newton in Berlin – Matthias Harder
First fashion photos in Berlin for Constanze
Adam magazine
Mata Hari story for Vogue
Return to Berlin in the 1970s
Restaurant Exil
Lützower Lampe
German Vogue
Helmut Newton’s Illustrated
Condé Nast’s Traveler
Portraits
Zeitmagazin
Männer Vogue
Urban landscapes
Süddeutsche Zeitung Magazin
Life & Work 1920–2004 – Philippe Garner
Bibliography, Acknowledgements, Impressum
Der Fotograf
Helmut Newton, geboren 1920 in Berlin, war einer der einflussreichsten Fotografen aller Zeiten. International bekannt wurde er in den 1970er-Jahren vor allem durch seine Arbeit für die unterschiedlichen Ausgaben der Vogue. Seine Mischung aus zweideutigen Situationen, dramatischer Beleuchtung und unkonventioneller Bildkomposition wurde zu seinem Markenzeichen. Ihm wurden zahlreiche Ehrungen zuteil, darunter in Frankreich die Auszeichnung Commandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres. Er verstarb 2004 in Los Angeles.
Der Autor
Matthias Harder studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Philosophie in Kiel und Berlin. Er ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie sowie Beiratsmitglied des European Month of Photography. Seit 2004 arbeitet er als leitender Kurator in der Helmut Newton Stiftung in Berlin, seit 2019 als Stiftungsdirektor. Harder publiziert darüber hinaus regelmäßig Artikel in Kunstmagazinen, Büchern und Ausstellungskatalogen.
Bibliografie
Helmut Newton. Berlin, Berlin
244 Seiten, ca 160 Fotos, Fadenheftung, Hardcover, Schutzumschlag, Format 21 x 27.5 cm, Gewicht 1.64 kg,
Ausgabe: Mehrsprachig (Deutsch, Englisch, Französisch)
Taschen-Verlag, Köln
Preis: CHF 50.00 / EUR 50.00
ISBN 978-3-7544-0068-5
Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden.
Buchpräsentation in Berlin
Am Donnerstag, 28. November 2024 um 18 Uhr stellt Matthias Harder, Direktor der Helmut Newton Foundation, das Buch exklusiv im Berliner TASCHEN Store, Schlüterstrasse 39, DE-10629 Berlin, vor. Die Buchpräsentation ist öffentlich.
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