Die aktuelle Ausstellung im BelleVue – Ort für Fotografie – in Basel ist eine Kooperation mit der Agentur Lunax und ihrer 14 Fotografinnen und Fotografen, die sich künstlerisch mit der Klimaerwärmung und ihren Folgen auseinandergesetzt haben.
Als sinniges Wortspiel bringt es der Titel der Ausstellung auf den Punkt: GRADwanderung will uns die effektiven und möglichen Folgen der Klimaerwärmung vor Augen führen, will in und auf die vielfältigsten Aspekte dieser Problematik aufmerksam machen. Dazu haben sich die 14 Fotografinnen und Fotografen intensiv mit dem Thema der Klimaerwärmung auseinandergesetzt, haben recherchiert, diskutiert und sich der herausfordernden Frage gestellt, welche Aspekte des Klimawandels sie besonders verstören oder interessieren – und was künstlerisch sichtbar gemacht werden sollte.
Die Herangehensweisen sind so vielfältig wie das Kollektiv. Neben schmelzenden Gletschern, erodierenden Landschaften, Recycling und Konsum finden sich auch radikal subjektive Arbeiten, welche die eigenen Unzulänglichkeiten im Umgang mit dem Klimawandel erforschen und ins Licht setzen. Ein Bündel aus ebenso reichen wie überraschenden Visionen zur Umsetzung eines komplexen Themas. Dabei hat die Kuratorin Regine Flury bewusst auf eine thematische Gliederung der Bilder verzichtet, wodurch für die Betrachtenden eine zusätzliche Spannung des Ausstellungsablaufs entsteht.
Wie ist es zu dieser Ausstellung gekommen? Zuerst waren es individuelle Begegnungen und Auseinandersetzungen mit dieser Problematik: Fridolin Walchers Expeditionen mit Schweizer Forschern nach Grönland, wo er mit der Vergänglichkeit des ewigen Schnees konfrontiert wurde, Marion Nitschs Arbeit für Public Eye oder Sabina Bobsts Masterarbeit «Vermittlung der Klimaerwärmung durch die Fotografie». 2021 beschloss die Agentur, die Klimaerwärmung als Schwerpunkt zu behandeln. Aus dem Anliegen, ein breiteres Bewusstsein für die globalen Herausforderungen zu schaffen und die Menschen mithilfe von Bildern zum Handeln zu inspirieren, ging ein Gemeinschaftsprojekt hervor.
Die Agentur Lunax beschäftigt sich seit Jahren fotografisch intensiv mit dem Thema der Klimaerwärmung. Bereits 2022 entstanden 13 fotografische Arbeiten, die sehr unterschiedliche Aspekte des Klimawandels aufgriffen und unter dem Titel «und jetzt? Lunax im Klimawandel» zusammenbrachten. Die Kollektivarbeit wurde unter anderem im Rahmen des Fotofestivals Lenzburg im Stadtmuseum Aarau ausgestellt und fand viel Beachtung. Die intensive Auseinandersetzung und Vertiefung hat dazu geführt, dass Lunax nach Abschluss von «und jetzt?» mit noch mehr Engagement, Wissen und Sensibilität am Klimathema drangeblieben ist und eine weitere Kollektivarbeit geschaffen hat.
Situationsbilder: Urs Tillmanns / Fotointern.ch
Die Künstler/innen von Lunax und ihre Kernbotschaften
Sabina Bobst «Das Klima, die Angst und ich». Mit dieser Arbeit möchte ich aufzeigen, wie ich persönlich versuche, die Angst durch Hoffnung und Handlung zu ersetzen. Im Wissen darum, dass die Zukunft ungewiss ist und für uns alle bedrohlich bleibt.
Annette Boutellier «Betonierte Sehnsucht». Das einstige kleine Fischerdorf Benidorm in Südspanien hat heute die höchste Hochhausdichte der Welt und steht sinnbildlich für wilden Kapitalismus, Masslosigkeit und Grössenwahn.
Mattia Coda «Vita ex machina». In St. Louis/Ndar, der ehemaligen Hauptstadt Senegals, herrscht politisch sowie verkehrstechnisch dicke Luft. 14-jährige Jugendliche beginnen eine Lehre als Garagist und erwecken jede Art von für tot erklärte Fahrzeuge zu neuem Leben.
Raisa Durandi «Teresina de fogo – Teresina des Feuers». In meiner Geburtsstadt Teresina in Brasilien sind als Folge des Klimawandels Höchsttemperaturen von bis zu 42°C keine Seltenheit. Mein Bild zeigt, wie die Leute versuchen mit dieser unerträglichen Hitze umzugehen.
Caroline Krajcir «Foodwasteland». Meine Bilder aus Holland und der Schweiz, sollen die Augen für die Thematik der Lebensmittelverschwendung ein Stück weiter öffnen und die wertvolle Arbeit derjenigen würdigen, die sich dagegen einsetzen.
Yoshiko Kusano «Die Bauernlobby». Steht sie wirklich für eine nachhaltige und umweltbewusste Landwirtschaft? Meine Arbeit setzt sich mit der widersprüchlichen Haltung vieler Bauern, der intensiven Tierhaltung und mit der Macht dieser Lobby auseinander.
Benjamin Manser «Rastplatz». Die Autobahn ist ein Symbol für die autozentrierte Planung im letzten Jahrhundert und den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel: Verbrennungsmotoren sind für 41 Prozent der C02-Emissionen in der Schweiz verantwortlich.
Caroline Minjolle «Schön im Kreis». Das transformative Potenzial von zweckentfremdetem Material und Textilen hat mich dazu inspiriert, vier junge Menschen damit in Szene zu setzen, als Versuch, eine grüne Zukunft mit Kreativität und Improvisation zu skizzieren.
Clara Neugebauer «Über der Leventina». Wie lebt es sich fast ohne Strom, mit Wasser aus dem Brunnen, Essen aus dem Garten und einigen Nutz- und Haustieren? M und D leben seit dreissig Jahren nach diesem Prinzip auf dem Berg fernab des städtischen Konsums.
Marion Nitsch «Mee(h)r»: Die Sperrgutablage in einem Recyclinghof hat mich zur Frage angeregt, welchen persönlichen Wert Gegenstände noch für mich haben. Oder ist es nicht vielmehr der Konsum an sich, der mich glücklich macht? Das Spiel mit dem immer Neuen?
Saskja Rosset «Zeitgeschiebe». Ich habe die letzten zehn Jahre viele Prozesse im Gebäude- und Bausektor dokumentiert, die global 37 Prozent des gesamten C02-Ausstosses ausmachen. Meine vermeintlich historischen Bilder sollen den Blick auf unser gegenwärtiges Handeln zu lenken.
Fridolin Walcher «Hast du jemals einen Eisberg im Nebel gesehen?». In Westgrönlands erlebte ich, wie 1000 Meter hohe Eisschollen abbrechen, wieder aus dem Wasser geschleudert zu werden und selbst zu Wasser werden. Wenn uns das Eis als Wasser begegnet, sitzen wir alle im selben Boot.
Marco Zanoni «Curiosity». Die Bilder zeigen Menschen in ihrer Suche, ihrem Staunen und ihren offenen Fragen an der Schnittstelle zwischen Urbanität und Natur. Die Protagonist/innen in den Bildern stehen der Natur fragend und offen gegenüber.
Rahel Zuber «Nährstoffkonzentration». Pflanzenschutzmittel oder Dünger sind meist biologisch abbaubar. Dennoch kann eine zu hohe Nährstoffkonzentration in unseren Gewässern gemessen werden – und auch eindrucksvoll fotografisch dargestellt werden.
Die Ausstellung GRADwanderung im
BelleVue, Ort für Fotografie
Breisacherstrasse 50
CH- 4057 Basel
ist noch bis 2. Dezember 2024 zu sehen. Sie ist jeweils Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos, doch werden Spenden sehr geschätzt.
Das Begleitprogramm im BelleVue
Die beliebten Sonntagsführungen mit den Fotograf/innen und dem BelleVue-Team finden am 01.12., 08.12., 15.12. und 22.12.204 jeweils um 14 Uhr statt.
Dienstag, 3. Dezember, 19 Uhr: Am Beispiel Asbest zeigt uns Walter Hiltpold auf, wie lange der Weg ist, um eine Umweltkatastrophe wieder «zurückzubauen». Er hat sich über Jahrzehnte beruflich mit dem Thema Asbest auseinandergesetzt. Der Abend beginnt mit dem Kurzfilm «Waste of Time» von Kezia Zurbrügg.
Mittwoch, 11. Dezember, 19 Uhr: Im Vortrag «Von Spinnen, Insekten und der Erderwärmung» erfahren wir von Christian Kropf, Leiter Biowissenschaften, Naturhistorisches Museum Basel, viel Neues über die kleinen Tiere in unserer nächsten Umgebung.
Samstag, 30. November, 17 Uhr: Als besonderes Highlight bietet Fritz Hauser ein Schlagzeugsolo im Dialog mit den ausgestellten Fotografien (Eintritt CHF 25.00, um Anmeldung wird gebeten).
Weitere Informationen unter www.bellvue-fotografie.ch
Kooperation mit dem «neuen kino Basel»
Im November, jeweils Donnerstag und Freitag, 20.30 Uhr, zeigt das «neue kino Basel» unter dem Titel «Systemwechsel, neue Wege im Klimakampf» Filme zum Thema Klimawandel.
Neues Kino Basel, Klybeckstrasse 247, 4057 Basel
Jeden Monat gestaltet ein/e Grafiker/in ehrenamtlich das Plakat des Kinos. Die ganze Plakatreihe, gedruckt bei Rumzeis-Druck, kann in der Plakatsammlung der Schule für Gestaltung Basel besichtigt werden. Infos: https://www.recherche-plakatsammlungbasel.ch/objects