Das Centre de la photographie in Genf beendet nicht nur am nächsten Sonntag die aktuelle Ausstellung «Palonegro» des kolumbianischen Fotografen Genève Luis Carlos Tovar, sondern es zieht danach in die Universität Genf um, bis ihr gegenwärtiges Gebäude in vier Jahren renoviert ist.
Das Centre de la photographie (CPG) in Genf hat grosse Pläne: Nach der Finissage der gegenwärtigen Ausstellung zieht dieses renommierte Ausstellungs- und Forschungszentrum für Fotografie in die Räumlichkeiten der Genfer Universitätsbibliothek um, bis die jetzigen Lokalitäten im BAC (Bâtiment d’art contemporain) in vier Jahren renoviert und vergrössert wiedereröffnen. Die betrifft auch das MAMCO (Musée d’art moderne et contemporain) und das Zentrum für zeitgenössische Kunst (CAC, Centre d’art contemporain), die im gleichen Gebäudekomplex untergebracht sind. Das CPG wird in dieser Übergangszeit ihr Ausstellungsprogramm, das hauptsächlich der zeitgenössischen Fotografie gewidmet ist, sowie die Aktivitäten im Bereich der Kulturvermittlung, in gewohnter Weise fortführen, wie die Direktorin Danaé Panchaud gegenüber Fotointern mitteilte. Zudem würden sich dadurch auch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Bibliothèque de Genève ergeben, die zu den ältesten Bibliotheken Europas gehört.
Das BAC (Bâtiment d’art contemporain) an der Rue des Bain in Genf beherbergt noch bis Ende Jahr neben dem Zentrum für Fotografie (CPG) das Museum für moderne Kunst (MAMCO) sowie das Zentrum für zeitgenössische Kunst (CAC)
Während den vier Jahren der Renovation setzt das Centre de la photographie seine Aktivitäten in der Universitätsbibliothek an der Promenade des Bastions unverändert fort
Nach der Renovation werden die drei Kunstinstitutionen wieder im Gebäudekomplex des BAC vereint sein. Das Centre de la photographie profitiert dabei von einer neuen Eingangspartie und optimierten Platzverhältnissen.
Die Ausstellung «Palonegro» von Luis Carlos Tovar
Als letzte Ausstellung in den gegenwärtigen Räumlichkeiten ist noch bis Sonntag, 15. Dezember 2024 «Palonegro» des kolumbianischen Fotografen Luis Carlos Tovar (*1979) zu sehen. Mit Palonegro erforscht Tovar ein spezifisches Kapitel der Geschichte der Gewalt in Kolumbien, den Tausend-Tage-Krieg (1899-1902) und die blutige Schlacht von Palonegro (11. bis 25. Mai 1900). Dabei handelte es sich um den neunten und grössten Bürgerkrieg des Landes, dessen gesamte Geschichte von zahlreichen Gewaltepisoden geprägt war.
Über dieses besondere Kapitel der Geschichte seines Landes hinaus befasst sich dieses Forschungsprojekt von Luis Carlos Tovar mit der Geschichtsschreibung, der Dokumentation und Vermittlung der Geschichte der kriegerischen Gewalt sowie mit möglichen Heilungsprozessen von individuellen und kollektiven Traumata, die mit politischer Gewalt verbunden sind.
Luis Carlos Tovar beschäftigte sich für seine Arbeit seit vielen Jahren mit persönlichen und öffentlichen Archiven, so auch mit der Fotothek des Schweizerischen Roten Kreuzes und in der Sammlung des Rotkreuz- und Rothalbmondmuseums in Genf , die mit der gewalttätigen und dramatischen Geschichte Kolumbiens in Verbindung stehen. Er interessierte sich insbesondere für das Konzept des Postmemory, das 1992 von der Theoretikerin Marianne Hirsch entwickelt und als Übung in imaginativer Rekonstruktion und kreativer Partizipation definiert wurde.
Für Palonegro untersucht der Künstler verschiedene Arten der Darstellung von Gewalt und deren Ursprung anhand verschiedener Arten von Dokumentarfotografie, Karten und Dokumenten von fünf bestimmten Ereignissen, die sich im 19. und 20. Jahrhundert zugetragen hatten.
Weitere Infos auf https://www.centrephotogeneve.ch/expo/luis-carlos-tovar-palonegro/
Situationsfotos: © Urs Tillmanns / Fotointern.ch
Finissage: Am nächsten Sonntag, 15. Dezember 2024 besteht anlässlich der Finissage um 15:00 Uhr die Möglichkeit an einer Führung auf Französisch mit der Kulturvermittlerin Léonie Rose Marion, sowie mit dem Künstler im 16:00 Uhr auf Spanisch und um 17:00 Uhr auf Englisch teilzunehmen.
Adresse: Centre de la Photographie Genève, Rue des Bains 35, 1205 Genève-Plainpalais
Während der Renovationsphase ist das Centre de la photographie zu finden in der
Université de Genève
Espace Ami-Lullin
Promenade des Bastions 8
CH-1205 Genève
Über das CPG
Das CPG wurde 1984 von elf Genfer Fotografen gegründet, um die Fotografie in der Genfer Kunstszene zu fördern. Unter der Leitung von Joerg Bader entwickelte sich das CPG zwischen 2001 und 2021 vielfältig für die Produktion, Verbreitung und Präsentation von Fotografie und veranstaltete neben dem regulären Ausstellungsprogramm regelmässig Konferenzen, Kolloquien und publizierte Veröffentlichungen. 2007 gründete das CPG seinen eigenen Verlag, die Éditions Centre de la photographie Genève, und organisierte von 2003 bis 2019 das CPG die Fotografie-Triennale 50JPG (50 Jours pour la photographie à Genève), in der Regel in Zusammenarbeit mit anderen Kunstorten in Genf und der Region. Seit 2022 und unter der Leitung von Danaé Panchaud konzentriert sich das CPG auf das emanzipatorische Potenzial der zeitgenössischen Fotografie sowie auf ein Kulturvermittlungsprogramm, das sich an Schulklassen, professionelle Künstlerinnen und Fotografinnen sowie an das erwachsene Publikum richtet.
Weitere Infos auf www.centrephotogeneve.ch