Urs Tillmanns, 12. März 2011, 07:00 Uhr

Buchtipp: «Dolomiten – vertikal» von Ulrich Ackermann

Ein in vielfacher Hinsicht aussergewöhnlicher Bildband, der die Dolomiten aus einer Sicht dokumentiert, die ungewöhnlich und faszinierend zugleich ist. Die rund 100 Panoramabilder des Spezialisten Ulrich Ackermann sind alle im Hochformat aufgenommen, was den Bildern eine besondere Tiefenwirkung verleiht.

Ulrich Ackermann ist kein Unbekannter. Seine Panoramabilder stehen seit 2004 für eine besondere Art der Fotografie. Damals hatte das Buch «La Guyère – vues aeriennes» mit seinen ersten Vertikalpanoramen Aufsehen erregt und die freiburger Region aus einer völlig neuen Perspektive gezeigt. Ackermann sagt dazu: «Zu meiner Spezialität gehören Landschaft- und Naturaufnahmen mit der Panoramakamera. Damit sind einzigartige Fotos mit nie gesehener Tiefenwirkung möglich. Besonders die hochformatigen Aufnahmen wirken in dieser Hinsicht traumhaft …». Traumhaft wirken sie. Faszinierend, weil sie der Landschaft eine ungewohnte räumliche Tiefe geben, von grünen Tälern im Vordergrund bis zu schroffen Gipfeln, die sich in der Unendlichkeit verlieren.

Diese Art der Fotografie ist wirkt auf den Betrachter unüblich. Hört man das Wort «Panorama» so denkt man definitionsgemäss an ein Querformat, weil unser menschliches Sehen auf einen breiten Raumwinkel ausgelegt ist. Betrachten wir ein Panorama im Hochformat, so sind wir irgendwie irritiert, weil dieses unseren  Betrachtungswinkel eingeschränkt und wir gezwungen werden, das Bild in einer neuen Richtung zu betrachten – von oben nach unten oder von unten nach oben, je nachdem, wo der bilddominierende Schwerpunkt ist. Ackermanns Bilder zwingen uns eine neue Betrachtungsrichtung auf und damit gewinnen seine Bilder enorm an Beachtung.

Aussergewöhnlich ist Ackermanns Buch auch, weil es eine Region beleuchtet, die für uns Schweizer schon etwas abseits der üblichen Wanderpfade liegt. Aussergewöhnlich aber auch wegen des Formates. Es gehört mit seinen 38,5 cm Höhe zu jenen Büchern, die man im Bücherregal wahrscheinlich quer legen muss, weil es das A4-Normformat massiv übersteigt. Aussergewöhnlich aber vor allem wegen der Fotografie. Aus dem Flugzeug aufgenommen – viele von ihnen aus offensichtlich aus erschreckender Nähe – wirken die Berge völlig ungewohnt auf uns, was nicht zuletzt auch auf die Lichtwirkung und den Schattenwurf zurückzuführen ist, weil der Aufnahmeort oft höher liegt als der Sonnenstand. Die Schatten verlaufen in vielen Bildern von unten nach oben und verleihen damit den Bildern eine noch stärkere Tiefenwirkung.

Zwar bin ich kein Dolomitenkenner, und vielen der Betrachter wird es genau so gehen, doch sind die Bilder von ihrer Art her schwerlich einem Alpenausläufer zuzuordnen. Viel der Bilder könnten ebenso gut aus einem nordamerikanischen Canyon stammen, denn die ungewohnte Perspektive bringt es mit sich, dass der Betrachter die Bilder etwas orientierungslos betrachtet.

Nachhilfeunterricht für Dolomiten-Banausen liefert das Vorwort von Ingrid Runggaldier Moroder, das viel Interessantes über diese faszinierende Region preisgibt. Über die Geschichte, über die ladinische Kultur, über eine Landschaft, die einen ganz besonderen Charakter hat. Diese Landschaft ist jetzt aus einer neuen Perspektive nicht nur in Bildern dokumentiert sondern kreativ von einem begnadeten Fotografen kreativ erfasst. Es ist ein Buch, das man haben muss – besonders wenn man sich für Panoramafotografie und die Dolomiten interessiert.

Urs Tillmanns

Buchbeschreibung

Ackermann ersetzt den klassischen weiten Panoramablick durch die radikale Verwendung der Panoramakamera im Hochformat. Kombiniert mit der Vogelperspektive, verleiht dies den Ansichten grosse räumliche Tiefe und Höhe. Es entstehen Bilder, die mit den bisherigen Sehgewohnheiten brechen. Dabei scheint diese Art der Fotografie wie für die Dolomiten geschaffen zu sein: Kaum einer anderen Berglandschaft ist die Vertikalität so zu eigen wie diesem Gebirge mit seinem unmittelbaren Nebeneinander von blühenden Almen, steilen Karen und himmelragenden Zacken, Türmen und Zinnen. Dem Bildteil vorangestellt ist eine landeskundliche Einführung der Südtiroler Autorin Ingrid Runggaldier Moroder.

Die Autoren

Ulrich Ackermann, geb. 1947, lebt in Konolfingen/Kanton Bern in der Schweiz. Der gelernte Fotograf mit Schwerpunkt Natur- und Landschaftsfotografie veröffentlichte zahlreiche Fotoreportagen in internationalen Magazinen, mehrere Kalender und Bildbände. Seine innovative vertikale Panorama-Sichtweise findet auch international Beachtung. Mehr unter www.fotolangformat.ch

Ingrid Runggaldier Moroder, geb. 1963, aus Gröden lebt heute mit ihrer Familie in Bozen. Sie arbeitet als Übersetzerin ins Ladinische und als freie Publizistin. Sie ist Mitglied des Organisationskomitees des Internationalen Bergfilmfestivals von Trient, Kulturreferentin des Alpenverein-Südtirol, Mitbegründerin und Mitherausgeberin der ladinischen Frauenzeitschrift GANA. La Usc dles Ladines.

Das Buch «Dolomiten vertikal – Das Weltnaturerbe aus der Luft» ist im Tyrolia Buchverlag erschienen und kostet CHF 43.50. Bestellt werden kann es hier: Dolomiten vertikal: Das Weltnaturerbe aus der Luft

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