David Meili, 14. Dezember 2008, 08:40 Uhr

Nackte Tatsachen, mehr über Melanie Winiger, und wie schmeckt Ihre Schwiegermutter?

Pressespiegel zum Wochenende vom 13./14. Dezember 2008
Bereits am Samstag Abend zeigte Bild Online linksextremen Demonstranten, die nach griechischem Muster ihr nacktes Hinterteil der Botschaft Griechenlands entgegenstreckten. Die in Bern entstandenen Aufnahmen waren auf Blick Online nicht zu sehen, doch Symbolbilder eines blutigen Messers („Mann erstochen“) und eines Rega-Helikopters („Mann fiel in Glescherspalte“).

Am Sonntag brachte Sonntags Blick eine Reportage mit Fotos von Michael Würtemberg über die Unruhen in Athen, ohne auf die Schweiz einzugehen. Wir nehmen an, dass sich Blick die Bilder aus Bern für Montag aufgespart hat. Seine Kollegin Sabine Wunderlin konnte immerhin dasRremake einer ebenfalls kürzlich im Bild erschienene Reportage über „Tote Hose im Puff“ illustrieren.

Mühe, unterschiedlichen Medien und Channels aufeinander abzustimmen hat Newsnetz/Tages-Anzeiger. Nach der Wahl von Ueli Maurer in den Bundesrat stellte Newsnetz erstmals selbstgebastelte Video-Clips aufs Netz. Schulkinder fanden es im Interview cool, dass ein Hinwiler Bundesrat wird. Bei ihnen sei Ueli ganz anders, als ihn die Presse darstelle, meinte eine frühere Kollegin aus dem Gemeinderat.

Nur kamen die Videos kaum hinüber. Sie ruckelten (trotz Direktverbindung über Bluewin), der Ton blieb hängen, und selbst aus medientechnischem Interesse mochte man nicht mehr dabei sein. Es versteht sich, dass Newsnetz die „Überlastung“ als Erfolg wertet, doch andere, weniger gloriose Komponenten spielten auch mit. Wir wünschen unseren Kollegen zu Weihnachten schnellere Server oder ein Stage bei Blick/Bild, wo man mittlerweile Videos in sehr guter Qualität in Textbeiträge einbindet.

Für Pressefotografen zeigt diese Entwicklung Konsequenzen. Wohl sind die neuen Fotokameras von Nikon und Canon tauglich für professionelles Video, doch VJs haben nach wie vor einen Vorsprung beim Sound. Zudem denken Fotografen statisch und Filmer dynamisch. Jean-Luc Godard war/ist ein erbärmlich schlechter Fotograf, und viele gute Fotografen sind einfach keine guten Filmer.

Blick hat den Trailer zum Film „Heldin der Lüfte“ von Mike Huber als Fotostrecke selbst produziert. Die süffige Story wird mitgeliefert. Melanie Winiger soll sich beim Dreh mit Esther Gemsch der „Fäkalsprache“ bedient haben. Hoffentlich färbt das nicht auf ihren gestylten Rapper  Stress ab, der in gewähltem Französisch für Coop Umwelt-Werbung macht. Die arg gebeutelte Melanie könnte sich rächen und ihre Filmmutter Esther auf den peinlichen Nacktauftritt in der Annabelle ansprechen (Brigitte Lacombe). So möchte niemand seine Mutter sehen, auch nicht die Filmmutter. Wir warten auf die Schweizer Illustrierte vomMontag, mit Melanie ???

Übrigens wird der Film spektakuläre Aufnahmen bringen. SFDRS überzeugt durch den eigenen Trailer.

Bis anhin hat der Sonntags-Blick noch selten seinen relevanten Inhalt bereits am frühen Sonntag Morgen frei auf das Internet gestellt. Die Top-Stories, soweit man sich nicht für Sex&Crime interessiert, waren ab 6 Uhr morgens abrufbar, ohne dass man bei eisiger Kälte das Haus verlassen oder den Hund zum Kiosk schicken musste. Rinigier reagiert damit auf den verstärkten Konkurrenzdruck.

Die negative Seite der sinkenden Inserateeinnahmen und dem zu erwartenden Einbruch bei den Abonnenten ist der Abbau von Stellen und damit an Qualität im Journalismus. So löst Blick sein Büro in der Zentralschweiz auf. Niklaus M. Wächter, einer der letzten festangestellten Fotoreporter wird sich gemäss Kleinreport inskünftig als Freelancer der Luftfotografie zuwenden. Mit einem Pilotenschein hat er rechtzeitig seine unfreiwillige Jung-Unternehmerkarriere vorgeplant. Wir wünschen ihm viel Erfolg!

Der Beruf des recherchierenden und schreibenden Fotoreporters entwickelt sich zunehmend zur Nische im Nebenerwerb. Lokal- und Gratisblätter setzen auf die Mitarbeit von Leuten, die mit ihren Beiträgen „in etwa“ die Spesen decken können. Doch diese Arbeit macht Spass und ist auch dankbar.

Wenn man den Porträtierten nach dem Erscheinen des Beitrags noch einige Bildchen zustellt, erhält man nicht selten ausser Komplimenten eine Flasche Wein, einen Bauernzopf oder eine Einladung ins Restaurant. So entwickelt sich auch in der Reportageszene zunehmend eine Paralellökonomie,  – steuerfrei. Ein jüngerer, mit Preisen bereits ausgezeichneter Fotograf bekannte uns kürzlich, dass er den Auftrag zur Illustration einer Buchpublikation für CHF 5 000.- angenommen habe. Der Betrag sollte die Arbeit von einem Monat abdecken.

Würde man eine Bestsellerliste für jene Fotografen aufstellen, die in der Vorweihnachtszeit zu globaler Medienpräsenz gelangten, müsste man den italienischen Fotografen Iago Corazza ganz weit nach vorne stellen. Er legt ein fotografisch übrigens gutes Buch über „Die letzten Papua“ vor. Das Salz in die Mediensuppe hat die deutsche „Anthropologin“ Olga Ammann gebracht. Ammann war mit Corazza unterwegs und „interviewte“ die „ehemaligen“ Kannibalen. Diese erzählten Ammann, vermutlich nach mehreren Büchsen Heinecken, dass Japaner sehr gut schmecken, doch noch besser schmecke die eigene Frau. Vermutlich war die Schwiegermutter schon lange verspiesen.

Nach wie vor gibt es keine wissenschaftliche Beweise für brauchtümlichen Kannibalismus. Doch eine bessere Werbung hätte Corazza sich für sein Buch nicht erträumen können. Er selbst ist eine schillernde Figur, der sich im Umfeld der italienischen Unterhaltungsmedien einen Namen geschaffen hat. Olga Ammann weist kein wissenschaftliches Curriculum auf. Sie ist gelengetlich als populärwissenschaftliche Journalistin aufgetreten.In ethnologischen Fachkreisenist sie unbekannt.

Wer nun alles wissen möchte, soll sich Mondo Cannibale von Umberto Lenzi aus der nächsten Videothek holen.

Bildnachweis Intro: Pressedienst SF DRS

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