Urs Tillmanns, 8. September 2011, 07:00 Uhr

Heute Abend: Lumas präsentiert «Traffic»

Die neueste Ausstellung der Galerie Lumas in Zürich befasst sich mit dem Thema «Traffic» und präsentiert 7 bzw. 8 Fotografen, welche mit ihrem Bildern den Handel, den Verkehr und die Bewegung als elementare Bestandteile unserer heutigen Gesellschaft fotografisch dokumentieren und kreativ umsetzen. Bilder, die uns mitreissen – die uns aber auch zum Nachdenken anregen. Heute Abend ist Vernissage …

Handel, Verkehr und Bewegung, das sind elementare Bestandteile unserer heutigen Gesellschaft. Wir reisen durch die ganze Welt, verlassen zum Studieren und Arbeiten unsere Städte, pendeln zwischen verschiedenen Orten und sind am Besten per Mobiltelefon zu erreichen. Mit der Ausstellung Traffic beleuchtet Lumas Zürich die unterschiedlichen Aspekte des Themas, des «Unterwegsseins». Alles und jeder scheint stetig in Bewegung zu sein, ob per Containerschiff, mit dem Auto oder der Metro durch die Grossstädte unserer Welt – Stillstand gibt es nicht.

Über die Künstler

Was in den Häfen der Welt zu gigantischen Warenpyramiden gestapelt wird, entpuppt sich beim näheren Hinsehen als System individueller Bausteine. Der Hamburger Fotograf Thomas Eigel ist seinem Sujet der ästhetischen Abstraktion treu geblieben. Im passgenauen 4×4-Format lichtete er die Stirnseiten von Überseecontainern ab. Das Ergebnis verblüfft: Schnöde Container verwandeln sich in geheimnisvolle, quadratische Frontscheiben mit allerhand Alleinstellungsmerkmalen. Farbe, Armaturen, Logos, Typenschilder und andere Extras erzählen von ihren individuellen Reisen um die Welt.

Nur selten sieht man sie heute noch so: Ein Häuschen, ein flaches Vordach, die Zapfsäulen, Zu- und Auffahrt, die Leuchtreklame – und jede für sich ein Unikat. Seit 1927, der Eröffnung der ersten Tankstelle in Hamburg, waren das die typischen Merkmale der Tankstellenarchitektur im internationalen Stil. Inzwischen gleicht eine der anderen, eine Marke wird nicht mehr über die individuelle Architektur, sondern eher über Firmenlogos und Farben beworben. Wie anders das einmal war, zeigt Tim Hölscher in seiner faszinierenden Fotoserie «Tankstellenbilder».

Die Bilder von Alex MacLean haben etwas Heilsames an sich. Was auf Bodenebene chaotisch erscheint, bringen sie in eine neue Ordnung. Der Fotograf hat fast die ganzen USA und Europa von oben gesehen und zeigt uns die Strukturen der westlichen Lebensart, erzählt im Überblick vom Entstehen und Vergehen, vom Pflanzen und Ernten, vom motorisierten Bewegungsdrang des Menschen und wie sich dieser Bahn bricht. Der abstrakte Begriff der Raumordnung macht Sinn, in Anbetracht der vogelperspektivischen Tatsachen.

Die Architektin Amelie von Oppen setzt mit ihrer Kamera typische Strassensituationen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Die äußerst grafische und linienbetonte Darstellung von Menschen im urbanen Stadtbild zeigt das Alltägliche in einer kontrastreichen Inszenierung. Die Serie «Kontraste» ist 2011 entstanden und zeigt verschiedene Situationen auf Rolltreppen, die fotografiert und durch Montage in eine eigene Komposition gebracht wurden. Das Zusammenspiel zwischen Menschen und geometrischen Elementen setzt sich auch in dieser Serie fort. Ebenso der Ansatz der vielfachen Kombinierbarkeit der Bilder ist hier vorhanden.

Vielseitigkeit ist Sandra Rauchs Stärke, denn sie hat nach ihrer Lehre als Schriftgestalterin sowohl Kommunikationsdesign in Berlin als auch Grafik und Malerei in Dresden studiert. Bevorzugt fügt sie der Malerei deshalb mühelos verschiedenste Techniken wie Fotografie, Typografie und Siebdruck hinzu und benutzt Acrylglas statt Leinwand. Hier schichtet sie auf der Vorder- und Rückseite ihre szenischen Verdichtungen von Schauplätzen der Metropolen New York und Hong Kong. Dabei legt sie grossen Wert auf leuchtende, ausdrucksstarke Farben, ist virtuos im Umgang mit dem Raum und der Perspektive und eröffnet Blicke, die der Fotokamera und Filmkamera ähneln. Gerade deshalb sind ihre lebendig wirkenden Stadtszenarien eine Schichtung aus unterschiedlichsten Erlebnissen. Sandra Rauch hat selbst vor Ort fotografiert und recherchiert. Am Ende entsteht ein Werk, das dieses Entdecken aus der Erinnerung beschreibt und mit Gesehenem und Imagination auflädt.

Auf Christian Stolls EXPWY kommt man von A nach B, ohne sich um die Umgebung gross zu scheren. Expressway ausgeschrieben, stehen Stolls Arbeiten für eine hyperschnelle, automobile Lebensart, aber auch für die Brachflächen und Fragen, die diese hinterlässt. Unter den markanten Autobahnbrücken, die jede amerikanische Grossstadt umschliessen, durchdringen und überfliegen, herrscht eine beredte Leere, absoluter Stillstand: Willkommen im «no man’s land»: Von einer der Betonbrücken bleiben in Stolls computermanipulierten Visionen nur die Pfeiler – Zeichen für den Auf- oder Abbau des American way of live?

Horst & Daniel Zielske gehen mit ihren Arbeiten der Frage nach, wie wir aus dem Westen verstehen sollen, was in Shanghai wirklich vor sich geht? Wie nachvollziehen, dass eine Stadt innerhalb kürzester Zeit zu einer der bedeutendsten Metropolen aufsteigt, wir, die wir doch noch immer verhaftet sind in Dimensionen der Stadtentwicklung, welche mit «Zentrum», «Altstadt», «Piazza»oder «Dom» verbunden sind. Den beiden Fotografen gelingt es mit einigen Kamera-«Pinselstrichen» ein Bild zu zeigen von einer Megalopolis, die unseren Kulturkreis eindringlich ermahnt, dass wir im Westen nicht die einzigen sind, welche Wirtschaftsmacht sein wollen. Mit all dem Lohn und Preis, den ein solches Streben notwendig mit sich bringt.

 

Wann und wo?

Wo? Galerie Lumas, Marktgasse 9, Zürich

Vernissage: Donnerstag, 8. September 2011, 19 bis 21 Uhr

Ausstellungsdaten: 9. September bis 18. Oktober 2011

 

Über Lumas

Lumas bietet in 13 Galerien weltweit erstmals künstlerische Editionen in musealer Qualität zu erschwinglichen Preisen. Mehr als 1’400 Arbeiten von 160 etablierten Künstlern und viel versprechenden Newcomern bieten einen umfassenden Einblick in die zeitgenössische Kunst- und Designszene. Die Werke sind als handsignierte Originale in limitierten Auflagen von meist 75 bis 150 Exemplaren erhältlich. Diese Auflagen ermöglichen Preise zwischen 170 und 900 CHF und sprechen einen grossen Kreis von Kunstbegeisterten und neuen Sammlern an.

 

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