Es wird immer mehr fotografiert. Aber wird auch mehr gedruckt? Verbleiben die Bilder auf den Festplatten? Und welche Zukunft haben die Fotohändler und Printlabore? Wir haben den aktuellen Stand dieser Entwicklung mit Kurt Freund von Imaging Power GmbH diskutiert, der als Business-Consultant die Bilderszene weltweit genau beobachtet.
Fotointern: Die Drupa, eine alle vier Jahre stattfindende Fachmesse für die Druckindustrie, hat viele Trends aufgezeigt. Welche waren für Sie die wichtigsten?
Kurt Freund: Die Drupa ist sicher ein Gradmesser für die Entwicklung im Druckbereich. Für mich war sie insofern ein Augenöffner, als der Digitaldruck auch im Printbereich seinen klaren Platz erobert hat. Das war vor vier Jahren noch lange nicht der Fall, denn nur für wenige der Offset-Maschinenhersteller war die digitale Technologie bereits ein Thema. Das hat sich inzwischen massiv gewandelt, vor allem mit der Nachfrage nach Kleinauflagen, grossen Formaten und nach personifizierten Drucksachen.
Kurt Freund, Geschäftsführer der Imaging Power GmbH
Das hat allerdings mit dem Fotodruck à priori nicht sehr viel zu tun …
Doch. Es hält eine neue Bildqualität Einzug in die Drucktechnik, nämlich die Qualität, die wir vom Inkjet-Druck her kennen, bei dem die Auflösung je nach Anwendung und Formatgrösse beliebig gesteuert werden kann.
Beim Digitaldruck unterscheiden wir ja auch wieder zwei grundsätzliche Verfahren, nämlich der Tintenstrahldruck und der Tonerdruck. Was setzt sich Ihrer Meinung nach stärker durch?
Das kommt auf die Anwendung an. Grundsätzlich sind die Inkjet-Verfahren für den Bilddruck besser geeignet, weil mit der Steuerung der Tintenmenge und der Tröpfchengrösse (Dot size Manipulation) die Modulation besser abgestuft werden kann als bei den Tonerverfahren – wobei letztere in jüngster Zeit beträchtlich zugelegt haben. Bei der Drucktechnik (Label und Package Printing) werden wir in Zukunft vermehrt Inkjet Technologie sehen.
Verlassen wir den grafischen Bereich und wenden wir uns dem Bilderdruck zu. Wie sind hier die Tendenzen?
Unverändert machen hier drei unterschiedliche Technologien das Rennen: Zunächst das chemische Silberhalogenid-Verfahren, das nach wie vor lichtempfindliches Fotopapier verwendet, welches in einem Nassprozess verarbeitet wird. Die Qualität ist absolut unbestritten, doch lohnt sich ein Nasslabor heute nur noch mit einem bestimmten und regelmässigen Durchsatz, ab 10’000 Quadratmeter pro Jahr. Das zweite Verfahren ist die Thermosublimation, die eine hervorragende Qualität leistet und als chemieloses Verfahren vor allem für Kiosk- und Automatenlösungen prädestiniert ist. Nachteil: Das Material ist relativ teuer und es fällt mit den Farbfolien und Kartuschen, vor allem bei grösseren Formaten relativ viel Abfall an. Das dritte Verfahren ist der Tintenstrahldruck oder Inkjet, der vor allem in grösseren Mengen sehr kostengünstig und qualitativ heute ebenso gut ist, wie Silberhalogenid und Thermosublimation. Da er noch verschiedene weitere Vorteile mit sich bringt, hat sich Inkjet in relativ kurzer Zeit zum beliebtesten Verfahren für den Fotodruck durchgesetzt.
Nämlich?
Der wesentlichste Vorteil, der zugleich trendbestimmend ist, ist die Möglichkeit, dass die Druckmedien beidseitig bedruck werden können (Duplex Printing). Das ist gerade für die Herstellung von Fotobüchern ein absolutes Muss. Der zweite wesentliche Pluspunkt ist das breite, ja fast uferlose Angebot an Printmedien und damit die Vielfalt des Produkteangebots. Und der dritte wesentliche Punkt ist die Tatsache, dass die Bedienung der Geräte sehr einfach und pannensicherer ist als bei den Nassgeräten und dadurch die Personalkosten massiv reduziert. In Sachen Ökologie ist das Inkjet Verfahren absolut Spitze: Geringer Energiebedarf und praktisch kein Abfall.
Und wie entwickeln sich diese drei Technologien?
Hier müssen wir zwei Aspekte betrachten. Der erste ist die technologische Entwicklung. Das Silberhalogenid-Verfahren ist das älteste Fotoverfahren und kann kaum noch weiter entwickelt werden. Auch wird es auf Grund der teuren Rohstoffe, wie Silber und Gelatine, und der sinkenden Nachfrage von der Herstellern kaum noch weiter entwickelt. Ähnliches gilt für die Thermosublimation: Die Technologie ist ausgereift und die Qualität unbestritten. Das grösste Entwicklungspotential liegt nach wie vor bei den Inkjet-Verfahren mit optimierten Tintenrezepturen, mit denen ein immer grösserer Farbraum abgedeckt werden kann, dann aber auch in der Kombination mit verschiedenen Druckmedien in Verbindung mit der entsprechenden Qualitätsoptimierung.
Der zweite Aspekt ist die Nachfrage und die Preisentwicklung. Die Nachfrage nach Silberhalogenidpapieren wird noch weiter zurückgehen, nicht zuletzt, weil die chemischen Fotopapiere immer teurer werden. Beim Thermosublimationsmaterial werden sich Nachfrage und Preis in den nächsten Jahren kaum massiv verändern, und auch die Nachfrage wird eher konstant bleiben. Bei den Inkjet-Verfahren wird der Materialpreis günstiger werden, weil in Zukunft die Nachfrage, vor allem auch im grafischen Bereich, massiv zulegen wird.
Günstigere Tinten? Auch für den Heimbereich?
Dort glaube ich nicht an eine Preissenkung, oder dann bei geringerer Füllmenge der Patronen. Das Heim-Printing gehört eigentlich nicht zu meinem Analysebereich, so dass ich hier keine exaktere Prognose wage. Sicher ist, dass sich der Bereich eher rückläufig entwickelt und ein erbarmungsloser Konkurrenzkampf einiger weniger Hersteller vorherrscht, der sich auf die Qualität und Langlebigkeit der Produkte nicht unbedingt positiv auswirkt. Immer mehr ‚Home Printer‘ benutzen heute den Fotokiosk.
Wohin steuert der Fachhandel und das Printing am Verkaufspunkt? Hat der Händler überhaupt noch eine Chance im Wettstreit mit den grossen Labors?
Durchaus, ich bin sogar der Meinung, immer mehr. Gerade mit den Drylabs, die mit Inkjet-Technologie arbeiten, ist die Produktevielfalt und die kurze Herstellungszeit ein grosses Plus. Das Drylab wird wieder zum Schnelllabor, und der Händler kann das Fotobuch und viele Mehrwertprodukte ohne Postweg innerhalb kürzester Frist seiner Stammkundschaft liefern. Diese Nachfrage und dieser Markt legen enorm zu und geben dem Fotohändler wieder wesentlich mehr Deckungsbeitrag. Es kommt auch nicht von Ungefähr, dass in Deutschland über 1’400 Drogerie Verkaufspunkte genau diesen Bereich fokussieren, weil sie sehen, dass vor allem ihre Kundinnen, die ja ohnehin zu ihnen kommen, einen grossen Bedarf haben, ihre Bilder von der Speicherkarte oder aus ihrem Handy schnell und problemlos auszudrucken – und dies selbst und ohne Bedienung. Das ist eine Entwicklung, die bei uns noch nicht eingesetzt hat, aber der Fotohändler, den es bei uns noch gibt, sollte diese Lücke besetzen bevor Drogerien und Grossmärkte diese Strategie auch bei uns umsetzen!
Was sind, kurz zusammen gefasst, die wichtigsten Trends im modernen Fotodruck?
Erstens, die Tatsache, dass die Anzahl der Bilder immer noch im Steigen ist – ob mit Kameras oder Smartphones fotografiert, ist eigentlich nebensächlich. Wichtig ist, dass die Bildersprache gepflegt wird. Zweitens, die Verarbeitung vor Ort mit kurzen Lieferzeiten und fantasievollen neuen Produkten mit beidseitigem Tintenstrahldruck. Und drittens ist erfreulich, und wahrscheinlich der Motor unserer Branche, dass die Frauen nicht nur wieder intensiv und zunehmend fotografieren, sondern dass sie mehrheitlich wieder Bildprodukte im Fachhandel bestellen: Einzelbilder, Grusskarten, Glückwunschkarten, Fotoalben in allen Grössen und Ausführungen – kurz: alles was man ihnen anbietet.
Und die Smartphones?
Die Smartphones haben ihre Qualität gewaltig gesteigert, vor allem im Bereich Optik und fördern das Fotografieren. Es ist heute technisch überhaupt kein Problem mehr, Bilder aus den Smartphones auszudrucken – und irgendwann, so vermute ich, wird gerade mit den Smartphones das Bildergeschäft eine Renaissance erleben. Man muss den Leuten nur sagen, dass dies technisch sehr einfach ist, und dass die Qualität immer besser wird.
Das Interview führte Urs Tillmanns
Imaging Power GmbH
kurt.freund [at] imagingpower.com