Urs Tillmanns, 7. Oktober 2012, 07:00 Uhr

Nokia 808 PureView: Das 41Mpx-Handy im Test

Nokia präsentiert mit dem 808 PureView ein Smartphone für den aktiven Fotografen. Der Chip mit 41 Mpx verspricht hochauflösende Bilder. Kann dieses Kamerahandy tatsächlich eine Fotokamera ersetzen? Unser Erfahrungsbericht zeigt, ob die Bildqualität dem Vergleich mit anderen Handykameras und sogar einer Spiegelreflexkamera standhält.

Handys mit hochwertigen Kameras haben bei Nokia Tradition. Zoom und hohe Bildauflösung sind für Nokia nichts Neues. Aber eine Handykamera mit 41 Mpx, das ist eine bemerkenswerte Ingenieurleistung. Allerdings war ich bei der Ankündigung des 808 misstrauisch. Sind diese 41 Millionen Bildpunkte nur ein interpolierter Wert, oder gelingt es Nokia tatsächlich, alle Pixel auf dem neuen Bildsensor unterzubringen? Es gelingt! Die Kamera erlaubt es Bilder mit bis zu 38 Mpx aufzunehmen. Das ist die eine Möglichkeit zu fotografieren. Während meinen Fotoreisen mit dem 808 habe ich allerdings festgestellt, dass es sinnvoller ist, eine Auflösung von 5 Mpx oder 8 Mpx vorzuwählen und mit dem komfortablen PureView-pro-Zoom zu arbeiten.

PureView-pro bezeichnet die Technik mit der die Kamerasoftware mit den Pixeln und den Bilddaten umgeht. Nokia schreibt, dass die PureView-pro Technologie in der Lage ist, 7 Pixel zu einem einzigen hochwertigen Bildpunkt zusammen zu fassen. Das Resultat sind hochqualitative Aufnahmen in handlicher Grösse von 5 Mpx oder 8 Mpx. Diese Fotos haben eine Dateigrösse von etwa 2 Mega-Byte und lassen sich so leicht bearbeiten und versenden. Eine Aufnahme mit 38 Mpx belegt als Datei bis zu 14 Mega-Byte im Speicher. Die PureView-pro Technik ist vereinfacht gesagt ein Digitalzoom, allerdings ohne den bisher üblichen Qualitätsverlust beim Zoomen.

Das technische Konzept des Nokia 808

Die Kamera

Auf Grund der Angaben von Nokia besitzt die Kamera folgende Eigenschaften: Der Bildsensor liefert eine Gesamtauflösung von 41 Millionen Pixel. Wählt der Fotograf ein Seitenverhältnis von 3:4, so stehen 38 Mpx für die Fotos zur Verfügung. Bei einem Seitenverhältnis von 16:9 sind es 34 Mpx. Um die riesige Zahl an Pixeln unterzubringen, war es notwendig, einen Bildsensor mit grossen Abmessungen zu entwickeln. Der Aufnahmechip hat in etwa die Grösse von 11×7 mm. Das entspricht fast den Abmessungen eines CX Sensors (13.6 x 8,8 mm), der momentan in den Nikon 1 Systemkameras und in der Sony Kompaktkamera Cyber-shot DSC-RX100 zu finden ist. Allerdings besitzt der Nokia Chip eine doppelte bis vierfach höhere Auflösung.

Die Kamera im Nokia 808 PureView

Das Handy ist in Zusammenarbeit mit Carl Zeiss entwickelt worden, was der Carl Zeiss Schriftzugam Kamerateil dokumentiert. Die Brennweite von 8.02mm entspricht bei Kleinbild einem Weitwinkel von 28mm. Das Carl Zeiss Tessar Linsensystem besteht aus fünf Glaselementen mit asphärischen Oberflächen und das komplette Objektiv weist eine Lichtstärke von 1:2.4 auf. Der Aufnahmebereich für die Distanzeinstellung erstreckt sich von 15cm bis Unendlich. Der integrierte Xenon Blitz verhilft bei wenig Licht zu gut ausgeleuchteten Bildern. Zusammen mit den Bilddaten im JPEG-Format werden auch EXIF und GPS Informationen abgespeichert. Durch die mechanischen Tasten für Auslösung und Zoom, lässt sich das Nokia 808 wie eine Kompaktkamera bedienen.

In der Praxis machen die Kamerafunktionen einen guten Eindruck. Mit dem Zweistufenauslöser lassen sich vor der Aufnahme die Belichtung und die Distanzeinstellung speichern. Das Monitorbild lässt sich so hell einstellen, dass die Motive auch bei Aussenaufnahmen gut zu erkennen sind. Leider gibt es für die Fotoaufnahmen keinen Bildstabilisator, was bei mir anfänglich zu mehreren verwackelten Bildern geführt hat. Erstaunlich wie schnell man sich an neue hilfreiche Techniken gewöhnt. Um Erschütterungen während der Aufnahme zu verhindern, wollte ich wie gewohnt eine kürzere Verschlusszeit wählen. Aber alle Werte werden von der Kamera automatisch gewählt. Einzig über den auch manuell einzustellenden ISO-Wert, kann der Fotograf Einfluss auf das Bildergebnis nehmen. Leider zeigt das Sucherbild keinerlei aktuelle Infos zur Aufnahmesituation an. Weder Verschlusszeit, Blendenöffnung, noch ISO-Wert werden angezeigt. Trotzdem habe ich anhand der bereits gemachten Fotos und der EXIF Infos schnell gelernt, wie man die 808 am erfolgreichsten einsetzt.

Bildsensorabmessungen im Vergleich

 

Die Bildqualität

Am spannendsten, bezüglich der Bildqualität ist wohl der Vergleich mit anderen Handykameras und Fotokameras. Für die Vergleichsaufnahmen habe ich bei allen Geräten die Einstellungen für die bestmögliche Bildqualität gewählt. Manche Smartphones lassen dem Fotografen in Sachen Einstellungen nicht viel Spielraum. Diese Handys ziehen es vor selbstständig die passenden Werte zu setzen. Bei der Spiegelreflexkamera habe ich mich für die Canon EOS 600D entschieden. Eine der meistverkauften DSLR der neueren Zeit. Wie erwartet zeigt das Nokia 808 eine deutlich bessere Bildqualität, als die bereits bekannten Handys mit weniger hoch auflösenden Bildsensoren. Im Vergleich zur EOS 600D, hier im RAW-Format, zeigt sich das Nokia 808 ebenbürtig. Von den übrigen Abbildungsfehlern wie zum Beispiel der tonnenförmigen Verzeichnung, der chromtischen Aberration (Farbverschiebungen am Bildrand) oder der Unschärfe am Bildrand, zeigt sich nur ein einziger Darstellungsfehler als auffallend, die Vignettierung (dunkle Bildränder). Auch der bei billigen Handykameras so unangenehm störende Magentaspot (roter Bereich in der Bildmitte) ist nicht zu finden. Insgesamt ein hervorragendes Resultat. An dieser Stelle ein Kompliment an die Entwickler der 808 Kamera.

Die 38MP im Nokia 808 machen sich bei starker Vergrösserung positiv bemerkbar.

Und wie sieht es aus mit den Bildresultaten bei den unterschiedlichen ISO Einstellungen? Ein Bildrauschen, beziehungsweise die Rauschreduktion des Kameracomputers macht sich erst bei der höchsten ISO-Einstellung bemerkbar. In Anbetracht der hohen Bildauflösung sind alle ISO-Werte bis hinauf zu ISO-1600 jederzeit ohne dramatische Bildverschlechterung nutzbar.

 

Das Nokia 808 PureView im ISO Test

Damit die Unterschiede deutlich werden, war es notwendig, einen sehr kleinen Ausschnitt aus den Testtafel-Fotos zu schneiden und diese zu kombinieren. Natürlich liefern auch die anderen Testkandidaten im täglichen Gebrauch gute Resultate. Testaufnahmen zeigen zwar, in etwa, was von einem Gerät zu erwarten ist. Je nach Aufnahmesituation können sich die Ergebnisse aber deutlich voneinander unterscheiden. Wo der eine Fotoapparat schwachen zeigt, punktet die andere Kamera, oder umgekehrt. Das Nokia 808 macht, wie jedes andere Smartphone, auch Videoaufnahmen. Weil ich mich aber mit diesem Thema nur selten befasse, habe ich diese Funktion nicht bewertet.

 

Einige Bildbeispiele

 

Auch bei spärlichem Licht entstehen sehr ausgewogene Resultate mit einer erstaunlich guten Schattenzeichnung

Im Nahbereich meistert das Nokia 808 Distanzen ab 15 cm

Wer die Originalfotos haben möchte, kann diese als Paket downloaden. Den Link dazu gibt es am Ende des Artikels.

 

Das Telefon

Das Nokia 808 ist komplett aus Kunststoff gefertigt. Trotzdem macht es einen hochwertigen und vor allem soliden Eindruck. Durch die aufwendige Kameratechnik ist das Handy natürlich etwas dicker als die bekannten Smartphones. Der 4“ Zoll Bildschirm in AMOLED Technik zeigt ein hervorragendes Bild. Nokia hat im 808 das Betriebssystem Symbian in der neuesten Version verbaut. Alle wichtigen Funktionen lassen sich problemlos finden und wer zusätzliche Apps wie zum Beispiel Whatsapp und Facebook laden möchte, findet diese im Nokia-Store. Das Symbian-Belle OS macht im täglichen Gebrauch einen guten Eindruck. Trotzdem denke ich, dass Nokia mit dem aktuelleren Betriebssystem Windows-Phone deutlich mehr Kunden für das 808 gewinnen könnte.

Die aktuellen Smartphones im Grössenvergleich

 

Das Fazit

Das Nokia 808 läutet mit der PureView-Technologie eine neue Klasse ein und setzt sich bezüglich der Bildqualität deutlich von allen anderen Kamerahandys ab. Es ist qualitativ sogar mit den Bildern einer Spiegelreflexkamera (in unserem Fall eine Canon EOS 600D) vergleichbar. Was dem Gerät fehlt, ist ein Bildstabilisator, denn mit der geringen Masse ist die Gefahr verwackelter Bilder besonders bei schlechten Lichtverhältnissen relativ gross.

Wer gerne wie ich, mit möglichst wenig technischem Equipment unterwegs ist und trotzdem nicht auf ein Smartphone und vor allem nicht auf eine hochwertige Kamera verzichten möchte, ist beim Nokia 808 PureView an der richtigen Adresse.

Daniel Day Huber

Die Links

Technische Daten (Nokia Schweiz)

Nokia Conversations blog

Nokia 808 Wikipedia

Download der Nokia-808 Fotos

 

 

5 Kommentare zu “Nokia 808 PureView: Das 41Mpx-Handy im Test”

  1. Kein Digitalzoom, sondern das Gegenteil davon!! Mit einem Digitalzoom wird ein Teil des Bildes herausvergrössert. Analog dazu könnte man einen Bildteil in einem Bildverarbeitungsprogramm freistellen und ggF. Pixel interpolieren. Damit ist natürlich immer ein Qualitätsverlust verbunden. Wenn ich den Artikel richtig verstehe kann die Auflösung von den unsinnigen 44 MP auf die brauchbareren 5 oder 7 MP verringert werden, in dem die Pixel verbunden werden. So bleibt der Bildbereich gleichgross und damit auch der Bildwinkel (also kein Digitalzoom). Der Bildeindruck auf der 100% Ebene wird so, allerdings bei verkleinter Auflösung verbessert.
    PS die Bilder sind wirlich recht gut und entsprechen der Qualität von guten Compaktkameras, welche aber auch nicht viel grösser als das Handy und nur halb so teuer sind.

  2. Danke an fotointern für den aufschlussreichen Bericht. Ich habe mir die Originalfotos heruntergeladen. Für eine Alltagskamera sind die Fotos sehr gut. Jetzt muss ich nur noch einen Handyshop finden wo ich mir das Nokia aus der Nähe anschauen kann.
    @ dominic: Das Gegenteil von einem Digitalzoom ist doch das optische Zoom. Beim Digitalzoom werden eben keine Linsen gegeneinander verschoben, sondern in irgendeiner Weise ein Ausschnitt aus dem Vollbild gerechnet. Und es sind nicht 44MP, sondern Brutto 41MP. Netto 38 und 34MP.Wahlweise 8 oder 5MP für die Alltagsaufnahmen.

  3. @Michael: Es wird nicht die Brennweite (optischer Zoom) oder der Bildausschitt verändert (Digitalzoom), sondern es werden jeweils benachbarte Pixel zusammengefasst, dies erhöht die Qualität auf Pixelebene reduziert aber deren Anzahl.

  4. Wem solche Spielereien Freude bereiten, dem soll es ja erlaubt sein seine Neugier auszuloten. Ich kann mir für solche nutzlose „Spielzeuge“ für den Alltag nicht erwärmen. Vielleicht ein „Muss“ für jeden Handy-Fotografen“. Die Fotografie sollte sich wieder Erden und zu den einfachen Dingen des Lebens zurück finden, anderfalls versandet da die Inovation in einem „Grössenwahn“(Pixelmanie), das keiner braucht. Telefonieren sollte wieder einfacher werden.

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