Der «Salon de la Photo» in Paris –zweitwichtigste Fotomesse Europas – hat gestern ihre Pforten eröffnet und konnte gleich von Beginn an einen starken Besucherstrom verzeichnen. Das Interesse an den aktuellen Produkten und Neuheiten ist unverändert gross, auch wenn es nur wenige wirkliche Sensationen zu sehen gab. Dennoch lohnt sich ein Rundgang …
In der Halle 4 des Ausstellungsgelände «Paris Expo» an der Porte de Versailles ist wiederum die gesamte Fotobranche mit allen namhaften Marken und zahlreichen kleineren Stände mit interessanten Produkten versammelt.
Das Interesse der Besucher scheint dieses Jahr besonders gross zu sein, insbesondere dürften die spiegellosen Systemkompaktkameras Aufwind bekommen, die kleiner und leichter sind als die grossen Spiegelreflexschwestern und diesen technisch kaum mehr nachstehen. Rückläufig in zweistelligen Prozentzahlen hingegen sind die Kompaktmodelle, deren Auflösung heute aufgrund der winziger Sensörchen kaum mehr besser ist als diejenige der populären Smartphones. Die Fotoindustrie muss sich diesbezüglich etwas einfallen lassen, wozu es bereits erste Ansätze gibt.
Eines der stärksten Publikumsmagnete des Salons ist die vor wenigen Tagen angekündigte Nikon Df mit ihrem Retrodesign. Trauben von Leuten belegen den Nikon-Stand, um eben nur mal die neue Df in Händen zu halten und mal kurz durchschauen zu dürfen. Form und Konzept stossen praktisch durchwegs auf Zustimmung – auch bei jüngeren Besuchern, die nicht im Knöpfchen- sondern im Tastenzeitalter aufgewachsen sind.
Erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt ist die Stylus 1 von Olympus, die sich im Spiegelreflexlook präsentiert, aber mit dem fest eingebauten Zehnfach-Zoom keine solche ist. Das ist ein solcher Ansatz, mit dem die Fotoindustrie dem schwindenden Kompaktmarkt begegnet.
Erstpräsentation auch von Tamron: Das gleichentags angekündigte SP 1:5-6.3/150-600mm Di VC USD (Modell A011) ist natürlich auch in Paris vertreten. Tamron baut damit ihre SP-Reihe im langen Brennweitenbereich aus und weist darauf hin, dass weitere Neuheiten dieser Art bald folgen werden. Allerdings bleiben Preis und Markteinführungszeitpunkt auch in Paris noch unter dem Deckel.
Ebenfalls erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt wurde auch das Vollformatobjektiv 24 bis 105 mm von Sigma mit seiner durchgehenden Lichtstärke 1:4. Da die Kamerahersteller – vor allem Nikon- vermehrt auf Vollformat setzen, ziehen auch die Objektivhersteller nach. Allerdings waren auch am Salon Preis und Verfügbarkeit noch nicht zu erfahren.
Ricoh-Pentax stellte zum Salon zwei neue Objektive vor, das Weitwinkelzoom 1:3,7-4/3,8-5,9 mm (entsprich bei Kleinbild 18-27 mm) als derzeit kleinstes und leichtestes Ultra-Weitwinkelzoomobjektiv der Welt zur Q-Serie und das HD Pentax-DA 2,8-4/20-40 mm ED Limited DC WR als erstes Zoomobjektiv der Ricoh «Limited Edition».
Canon präsentiert eine Weltneuheit im professionellen Bereich, nämlich ein 30-Zoll-Referenzdisplay für Videoschaffende mit 4K-Auflösung (4096 x 2160 Pixel, Farbraum PCI P3) mit einer Bildfrequenz von bis zu 60 Bildern pro Sekunde.
Zum Thema Bildschirm: EIZO zeigt am Salon seine neueste Produktereihe und erklärt den interessierten Besuchern, welche Vorteile die augenschonenden FlexScan TN-Panel mit flimmerfreiem LED-Backlight bieten.
Am Sony-Stand sind es vor allem die neuen α7- und α7R-Modelle, für welche sich die Besucher interessieren, die es hier erstmals zu berühren gilt. Mit 24, bzw. 36 Megapixel und einem sehr guten Handling sind die ersten spiegellosen Vollformatkameras sowohl für gehobene Amateur- als auch professionelle Ansprüche konzipiert.
Bei Samsung sind ganz klar das Smartphone S4 Zoom und die Systemkompaktkamera Galaxy NX die Trümpfe, nachdem sich Samsung bereits mehr oder weniger aus dem Kompaktsegment verabschiedet hat.
Bei Panasonic sind es die neuen GX- und GM-Modelle, die im Vordergrund stehen. An der Lumix GM1 gefällt das schlichte Design und die Micro Four Thirds-Qualität mit dem grossen Objektivangebot. Mitte Oktober angekündigt dürfte sie in Kürze im Handel erhältlich sein.
Fujifilm hat sich mit der neuen X-Reihe wieder ganz klar unter den bedeutenden Kameraherstellern etabliert, nachdem so langsam die Filme davonschwimmen. X-Pro1 und X-E2 sind hier die Publikumslieblinge, doch stossen auch die beiden Einsteigermodelle ins X-System X-M1 und X-A1 auf grosses Interesse.
Hereinspaziert bei Leica. Der deutsche Hersteller von Edelkameras ist auf jedem Salon stärker und grösser vertreten – und das Publikum zeigt auch reges Interesse für diese Traumprodukte. Und wenn man etwas Glück hat, dann trifft man hier auch weltbekannte Fotografen, von denen viele mit Leica arbeiten.
Während man sich auf den grossen Rundgang begibt, lässt man im «Village de la vente» gratis den Sensor reinigen und kann vor dem Heimweg die blitzblanke Kamera wieder abholen – geknüpft an die Hoffnung, dass man auch gleich noch von dem preislich reduzierten Verkauf profitiert.
Gute Idee und einzigartig am Pariser Salon, denn hier geht die Ware palettweise weg …
Professionelles Video ist am Salon ein immer stärkeres Thema. Nicht nur die Fotografen haben filmen gelernt, sondern auch die professionellen Videoproduzenten sind vermehrt Besucher des Salons.
Wer meint analog sei tot, der irrt. Die einstige Schweizer Firma Arca-Swiss, die seit Jahren in Besançon angesiedelt ist, präsentiert neben ihren professionellen Kameras und Stativzubehören auch eine verstellbare Fachkamera für das Format 30 x 40 cm. «Für solche Spezialitäten gibt es immer eine Nachfrage, zumal wir auch praktisch die einzigen sind, die noch Kameras in diesen Formaten anbieten» erklärt Geschäftsführer Vogt. Allerdings müsse man die Filme dazu speziell konfektionieren lassen, was jedoch kein Problem sei…
Ein kleines schwarzes Kästchen bei Broncolor interessiert die Fachbesucher. Es ermöglicht jede Blitzleuchte einzeln anzusteuern und in seiner Helligkeit exakt der Lichtsituation anzupassen.
Der chinesische Stativhersteller Sirui ist erstmals in Paris und präsentiert neben Billig-Stativen auch qualitativ hochwertige Profi Stative und Stativköpfe. Interessant, dass man an den Sirui gewisse Details entdeckt, die man auch an anderen Stativen wiederfindet.
Die Abenteuerkamera Go-Pro setzt sich vor allem im Sportbereich immer stärker durch. Auf der Messe werden verschiedenste Anwendungsmöglichkeiten gezeigt, darunter auch die Befestigung an einem Sportwagen.
Lexar hat speziell für die Go-Pro eine superschnelle 600x Micro-SDHC Speicherkarte mit 30 GB Kapazität entwickelt, um die Video schnell aufzeichnen zu können. Mit dabei, dieser einfache und schmucke USB-Kartenleser. Darin untergebracht verliert man die klitzekleine Speicherkarte auch weniger.
An vielen Ständen, hier beispielsweise bei Tamron, bieten sich Gelegenheiten hübsche Models in perfekter und stilvoller Umgebung zu fotografieren. Deshalb tragen viele Amateurfotografen den ganzen Messetag lang ihren schweren Fotorucksack mit ihrer ganzen Objektivsammlung mit sich herum …
A propos neue Rucksäcke: Vanguard hat ihre Rucksack-Reihe Heralder ausgebaut und präsentiert am Salon den Grossrucksack 51T und den Rucksack-Trolley Modell 46. Diese sind in ausgezeichneter Qualität verarbeitet und bieten viel zusätzlichen Stauraum.
Trotz elektronischer Medien ist das Interesse an Fotolehrbüchern und Bildbänden ungebrochen. Die «Librairie du Salon de la Photo» bietet hier ein fast uferloses Angebot, und es soll Besucher geben, die nur deswegen an den Salon kommen.
Auch kulturell Interessierte kommen auf ihre Rechnung: Jedes Jahr gibt es mehrere Bilderschauen zu sehen. Dieses Jahr bestreitet Raimond Cauchetier mit seinen beeindruckenden Reportagebildern die Hauptausstellung
Eine weitere Ausstellung ist den Plakaten des Salons seit Anbeginn gewidmet. Der «Salon de la Photo» existiert unter verschiedenen Bezeichnungen seit 1926 und dürfte damit zu den ältesten der Welt gehören. Umso interessanter ist seine Plakatsammlung, welche die grafische Gestaltung im Wandel der Zeit auf spannende Weise dokumentiert.
Zum Schluss noch eine Rosine: Da Emirat Dubai ist erstmals mit einem imposanten Stand vertreten, um den angeblich grössten Fotowettbewerb der Welt zu propagieren. Die Preissumme beträgt beeindruckende 398‘000 Dollar. Da lohnt es sich doch mal die Webseite zu besuchen …
Der «Salon de la Photo» ist noch bis und mit Montag geöffnet. Details dazu finden Sie unter www.lesalondelaphoto.com. Am Wochenende dürfte es allerdings sehr viele Besucher geben, denn in Paris ist regnerisches Messewetter, und die mehr als 80‘000 budgetierten Besucher dürften dieses Jahr mit Sicherheit übertroffen werden.
Direkt aus Paris: Urs Tillmanns
Danke für die vielfältige Umschau. Paris wäre immer mal eine Fotoreise wert, jetzt wo es nur noch 31/2 ab Basel dauert.