Zwei Jahre sind es her, als Wolfgang Heinen und Thomas Maschke die alle drei Monate erscheinende Zeitschrift «PhotoKlassik» gegründeten. Sie ist die einzige Zeitschrift der klassischen Fotografie im deutschen Sprachraum und präsentiert sich in der neunten Ausgabe mit einem breiten Themenspektrum und viel Wissenswertem – vor allem für Leser, die nicht mit Film und lichtempfindlichem Papier gross geworden sind.
Mut hatte es damals schon gebraucht, mitten im Aufwind der digitalen Fotografie zur Photokina 2012 eine Zeitschrift für die analoge Fotografie zu lancieren. Wer sollen die Leser sein? Es gibt ja schon bald keine Filme mehr! Wie lange werden sie’s wohl durchhalten? Die Unkenrufe verhallten, und PhotoKlassik entwickelte sich aufwärts – langsam aber stetig. Im kleinen Hausverlag ohne administrativen Wasserkopf.
Die neunte Ausgabe ist der handfeste Beweis dafür, dass sich der mutige Entscheid gelohnt hatte. PhotoKlassik besetzt eine Nische, in die sich andere nie gewagt hätten, und die Zahl der Leser ist – wer hätte das gedacht – noch immer zunehmend.
Wie kommt’s? Wer sind die Leser? Nun, es ist einerseits ein harter Kern von Foto-Liebhabern, die jahrzehntelang Filme belichtet, selbst entwickelt hatten und fantastische Barytabzüge im umfunktionierten Badezimmer oder einer perfekt eingerichteten Dunkelkammer zu Stande brachten. Sie haben jene Zeit nie ganz aus den Augen verloren, auch wenn sie nebenbei auch der digitalen Versuchung wahrscheinlich erlegen sind. Oder es sind Junge, die ihren Wissensdurst mit Büchern und früheren Artikeln zum Thema stillten und die analoge Technik nun selbst erleben wollten. Ein junger Besucher eines Workshops sagte mir einmal, es wäre halt schon viel spannender zu beobachten, wie ein Bild in der Entwicklerschale langsam entstehe, als etwas Halbfertiges auf dem Bildschirm zu sehen …
Bin abgeschweift, denn eigentlich wollte ich Ihnen ja erzählen, was es in der aktuellen Ausgabe von PhotoKlassik alles zu finden gibt: Der Einstieg macht – wie könnte es anders sein – ein kleiner Rückblick zu 175 Jahren Fotografie, in welchem kurz und prägnant auf die wichtigsten technischen Meilensteine eingegangen wird. Dann folgt die Besprechung der Mittelformat Klappkamera Voigtländer Bessa III, die durchaus lesenswert ist, auch wenn man die Kamera selbst nicht besitzt, denn hier kommt ein Kenner zu Wort, der auch mit anderen analogen Kameras grosse Erfahrung hat.
Er schätzt die Bessa III besonders auf Grund ihrer geringen Abmessungen in zusammengeklapptem Zustand gerne auf Reisen mitnimmt. Auch die nächste Kamerabesprechung liest sich spannend: Diesmal geht es um die legendäre Minolta XD7 – längst nicht mehr in den Regalen, aber immer noch ein Klassiker, der ganz bestimmte Vorzüge hat … aber lesen Sie selbst.
Wer die beiden letzten Folgen der Artikelreihe «Wichtige Lichtformer für Fortgeschrittene» gelesen hat, darf auch diese Folge nicht verpassen, zumal die Porträts von Guido Krebs zur Topklasse gehören. Dazu viele Informationen über Lichtarten, Reflektoren, Fresnel-Spots und Ringleuchten – alles Werkzeuge, die man beherrschen muss, um eben solche Bilder auf die Reihe zu kriegen.
«Eulenspiegeleien» sind eine Hommage an jene Zeit, als man auf den weissen Sockel der SX-70 Sofortbilder seine Botschaften und Erinnerungen schrieb, damit diese noch unikater wurden als sie es ohnehin schon waren. Damals gab es noch keine MMS – doch die Polaroids sind noch heute an die Wände gepinnt. Ja, Sofortbild – auch so etwas Totgesagtes, was gerade heute wieder neuen Wind in die Segel bekommt …
Im Portfolioteil geht es um analoge Fotografie, die im Kommen ist. «Von der Schönheit der Entscheidung» stellt uns auf mehreren Doppelseite zeitgenössische Werke vor allem junger Fotografen vor, die den Einstieg in die Fotografie mit Film wiedergefunden oder für sich entdeckt haben. Man sieht es den Bildern an, dass sie anders sind, als was man heute gemeinhin sieht – sie sind eben analog entstanden. Dazu das Interview mit der 26-jährigen Kate Bellm, die zwei Jahre lang mit einer analogen Kamera durch die Welt zog und hier ihre Erfahrungen preisgibt.
Ein Beitrag, der fast etwas untergeht, ist «Bruchlinien» der britischen Fotografin Vanessa Winship. Die Porträts und Szenenbilder sind von einem «morbiden Charm von Ruinen und Verfall» umgeben, und einige davon hätten es sicher verdient grösser gezeigt zu werden.
Ähnliches gilt für die «Träumereien» von Roger Schmidt, von dem offensichtlich auch das Titelbild des Heftes stammt. Er hat sich von einer Pentacon six TL verzaubern lassen und belichtete darin einen längst abgelaufenen Agfa 1000 RS – entwickelt im C41-Prozess. Seit 70 Jahren (!) abgelaufen waren auch die Agfa Isopan-Filme, mit denen Ralf Tossenberger ein Porträtprojekt realisierte. Siebzig Jahre! – ob man unsere digitalen Daten dann noch lesen kann?
Mit der mobilen Dunkelkammer von Sabine Alex, den klassischen Schwarzweiss-Produkten von Tetenal und Spur sowie mit Erika Vogel, die seit 55 Jahren täglich in ihrem professionellen Schwarzweisslabor steht, befassen sich die nächsten Artikel.
Darauf folgt die wunderschöne Bildstrecke «Meer-Menschen» von Ingo Gebhard. Die hier gezeigte gekonnte Symbiose von Menschen und Landschaften vermittelt ein kleinen Eindruck dessen, was in dem 128 Seiten starken gleichnamigen Bildband zu finden sein dürfte: analoge Fotografie in Reinkultur.
Auch ein Schweizer Autor ist in der jüngsten Ausgabe von PhotoKlassik zu lesen: Manuel Hefti erklärt in seinem Artikel «Von der Kunst des Blaumachens» die Cyanotypie. Der Titel hat einen ironischen Doppelsinn, denn man muss gut und gerne einen Tag Blau machen, um die blauen Bilder in einem befriedigenden Resultat zu erzielen.
Das ist nicht alles, denn es sind noch viele Hinweise auf Veranstaltungen oder Aktuelles aus der Szene im neuen Heft zu finden. Viel Inhalt also, an dem man sich erfreuen kann, bis in drei Monaten die nächste Ausgabe von PhotoKlassik heraus kommt – das wäre dann die zehnte …
Das war schon der richtige Entscheid vor zwei Jahren, PhotoKlassik ins Leben zu rufen. Der Erfolg liefert den Beweis dazu, und viele Freunde der Analogfotografie danken es Euch – Wolfgang und Thomas, Danke für’s Durchhalten!
Urs Tillmanns
Der Inhalt
Editorial
Inhalt
175 Jahre Fotografie» / Aktuelles aus der Szene / PhotoKlassik·Positionen
Portfolio
Junge analoge Fotografie ist lm Kommen / «Meer-Menschen» von lngo Gebhard
Technik
Faltkamera im Mittelformat – Voigtländer Bessa III / Kleinbildzauberei – Minolta XD7 / Alte Objektive neu genutzt / Stereofotografie – Diabetrachtung und Diaproiektion / Der RH Analyser Pro
Praxis
Das Arbeiten mit Studioblitzen – Teil 3 / Träumereien – Agfa 1000 RS / Die Mobile Dunkelkammer / Tetenal: Der echte Klassiker – hochaktuell / Filmentwicklung: Push & Pull mit Kontraststeuerung / Die Frau, die Schwarzweissfotografie liebt / Von der Kunst des Blaumachens – Cyanotypie / Das Tonen
Kultur
Eulenspiegeleien / Bruchlinien – Vanessa Winship / Proiekt 70 / Fundstücke – Randnotizen zur Foto-Kunst / Ikonen der Fotografie – «Man with Bandage» von Fred Herzog.
Vorschau, Impressum
Weitere Informationen sowie Bezugsmöglichkeiten finden Sie unter www.photoklassik.de
ob man unsere digitalen Daten dann noch lesen kann?“
Oben dieser Satz , Analog Fotografie immerzu wider schön.
Und um diesem Satz eine Antwort zu geben , nun ich Denke die Industrie wird einiges dazu beitragen dass dies nicht mehr möglich sein wird.
Ich empfehle gute Bilder in ein Buch zu stecken und so die Vertigitalisierung fest zu halten. Wo wir wider zu bei Büchern wären, Online in 70 Jahren noch Bilder öffnen zu können ist entweder nicht mehr möglich oder einfach nicht mehr in der Zeit.
70 Jahre , was dann ist weiss ich nicht aber ich werde sicherlich nicht mehr hier Schreiben…
Aber es wird immer wieder neue Scanner geben-siehe neue Espon 800/850-welche die Filme/Bilder einlesen können.