Presseschau zum Wochenende vom 26./27. Juli 2008
Für die Kontinuität in seinen Arbeiten und seine Hartnäckigkeit wurde Fabian Biasio bereits mehrfach ausgezeichnet. Dennoch überrascht sein fotografischer Beitrag über die Spaltung der Bernischen SVP in Das Magazin aufs Neue. Trotz seiner kritischen Einstellung zur SVP mit der Buchpublikation Die Mitte des Volkes konnte er wiederum das Vertrauen von führenden Partei-, oder nunmehr Ex-Parteimitgliedern finden und eine grossartige Reportage visuell ergänzen.
Die von uns vielgelobte Wochenzeitschrift Das Magazin zeigt oft auch sympathische Schwächen. In der Rubrik „Ein Tag im Leben“ beschreibt die mittlerweile von der Zürcher Kulturszene arg gebeutelte Michèle Roten eine Möchtegern-Rockerin. Ruben Wittenbach bildet Nina Treml mit ihrem fünften und zerkratzen Porsche und einer davor liegender Gitarre ab. Die Aufnahme ist nicht ironisch, sondern einfach peinlich. Wenn Ruben Wittenbach genau dieser Auftrag erteilt wurde, – sorry, denn so ist es nicht zu uns hinübergekommen.
Nach dem Blick hat auch der Tages-Anzeiger oder vielmehr seine Layout-Crew die horizontale Porträt-Serie in der Seitenmitte entdeckt. Doris Fanconi hat in der Ausgabe vom Mittwoch, dem 23. Juli (Seite 11) einen Beitrag über Alt Bundesrätin Elisabeth Kopp nicht nur illustriert, sondern mit Snapshots aus dem Interview inhaltlich vertieft. Die Gestik sagt sehr viel mehr aus als die offensichtlich von der Interview-Partnerin bestimmte Geschichtsklitterung im Text. Fortgesetzt wurde das Experiment mit horizontalen Bildstrecken in der Ausgabe des Tages-Anzeiger vom Samstag, dem 26. Juli (Seite 3). Drei Serienbilder vom Abgang der Pressekonferenz unseres Armeeführers Roland Nef, die zu seinem definitiven Abgang auch gegenüber der Presse wurde, sind Peter Gerber mit Dauerfeuer aus der Kamera mehr schlecht als recht gelungen. Für das Layout wurden die Bilder zudem so verzerrt, dass ein surrealer Eindruck entsteht.
Die Gratis-Presse arbeitet zunehmend mit Leserbildern. 20Minuten hat Leserkontakte und Website technisch massiv aufgerüstet. Die meisten Bilder finden sich auf www.chefweg.20min.ch und in der gleichnamigen Rubrik im Print. Der Gewinner der vergangenen Woche liess eine junge Dame aus einem Tumbler entsteigen. Das Bild wurde zweifellos mit Photoshop professionell erstellt und nicht mit einer Handy-Kamera. Wir wurden belehrt, dass „Handy-Bilder“ = „Bilder fürs Handy“ sind. Somit sollte man den Wettbewerb als „Mein cooolster Download für den Pausenplatz“ ausschreiben.
Die schönste Fotoserie des Wochenendes zeigt das Magazin des Sonntags-Blick. Als erste Schweizerin wird Bernarda Bütler heilig gesprochen. Stephanie Ringel hat mit Fotograf Bertrand Cottet eine Reportage geschaffen, die das Lebenswerk der Heiligen mit dem Umfeld ihrer Herkunft im Aargau verbindet. Karl-Heinz Hug hatte diese Woche für den Sonntags-Blick eine leichtere Aufgabe. Mit seinem Porträt von Alexander Tschäppet fand er im Vorwahlkampf um die Wahl zum Stadtpräsident in Bern einen begnadeten Selbstdarsteller und einen sympathischen Haushund.
In der NZZ am Sonntag haben wir dieses Wochenende nur eine einzige Fotoreportage gefunden. Auf Seite 74/75 findet sich eine Reportage über Reitferien in Irland, die Chonja Lee als Autorin mit Amateuraufnahmen selbst illustriert hat. Die Bildli taugen fürs Famlienalbum, doch für eine Doppelseite im sonntäglichen Intellektuellen-Blatt von Gross-Zürich wirken sie etwas bescheiden.
Die wirklichen Intellektuellen halten sich offensichtlich an DU, dessen Doppelnummer zum Thema „Die Seele“ für Juli/August noch von Walter Keller konzipiert wurde und am Kiosk zum eher elitären Preis von CHF 30.- angeboten wird. Kein Wunder, dass das Heft vorwiegend auch dort durchgeblättert wird. Oft ist es unklar, was die einzelnen Beiträge mit dem Leitthema verbindet. Sehenswert ist der Fotoessay von Sandro Miller, eingebettet in die Reportage von Christian Gerig über Olympia in Beijing. Den Thementeil hat Tres Camenzind illustriert.
Leichtere Kost zur Kulturhauptstadt Zürich bietet Merian mit einem Sonderheft an. Die meisten Bilder stammen vom Hausfotografen Artur F. Selbach und sind auch über die Website konsultierbar. Es sind schöne, gefällige Bilder. Sie schwächen die zum Teil eher peinlichenTexte der lokalen Intellektuellen ab. Man staunt, dass dieses Heft nach unserem Wissen als einziges aktuelles Fotobuch/Fotoheft über Zürich empfohlen werden kann. Alle anderen Publikationen sind entweder kitschig oder veraltet.
Dem Kitsch elegant ausgewichen ist coop mit der heute lancierten Werbekampagne zum Nationalfeiertag. Der Fotograf ist unbekannt. Drei Champagner-Flaschen vereinigen sich zum „Cüplischwur“. Oft sagt ein cleveres Werbebild mehr über die Verbindlichkeit eines Landes aus als die Ansprache des Bundespräsidenten.
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