David Meili, 3. August 2008, 08:35 Uhr

Motivprogramm „Hirsch“, Ragout vom Büsi und eine hervorragende Reportage über Beijing

Presseschau zum Wochenende 2./3. August 2008.
Das Migros-Magazin, sonst bekannt für einen gepflegten und beachtenswerten Bildjournalismus, bringt auf Seite 8 der Ausgabe vom 28. Juli das „Bild der Woche„,- auch für uns. In einem Boulevard-Café in Bozen springt ein verirrter Hirsch über Tische und Stühle. Die Aufnahme, vermutlich aus dem Fundus von Keystone, irritiert selbst abgebrühte Desktop-Fotografen. Der Hirsch ist scharf im Bild, wie in einem Video mitgezogen, doch perspektivisch verzerrt. Wie man dies macht, lernt man vielleicht im nächsten Photoshop-Kurs in der Migros-Klubschule.

080803_buesi.jpgMit Tierischem füllt auch der Sonntags-Blick sein Sommerloch. Ein herzerweichende Bild von jungen Büsi illustriert, dass die Schweizer wieder vermehrt Katzen essen. Ein Kollege hat vor einigen Jahren das Januarloch beim Blick nach der gleichen Masche mit einem Beitrag über Katzenfelle gefüllt. Der Trick: Man macht einige Anrufe bei Experten, bezieht sich auf diffuse Aussagen, illustriert sie mit Archivbildern und lässt mit einer Umfrage die Volksseele kochen.

Doch Blick meint es gut mit den Tieren. Sabine Wunderlin hat auf Seite 21/22 Schweizer/innen abgelichtet, die am 1. August mit ihren lärmempfindlichen Hunden im Schwarzwald Exil suchen. Und wo war Karl-Heinz Hug? Natürlich an der 1. August Feier in Berlin. Sein Porträt des Schweizer Botschafters Christian Blickensdorfer mit Ziege würde man gerne einmal grösser als im Briefmarkenformat sehen.

Im seinem Magazin überzeugt der Sonntags-Blick mit aufwändigem Layout und einigen sehr guten Bildreportagen. Die Aufnahmen zum Text von Helmut-Maria Glogger über People in den Sommerferien werden vom Mutterhaus offensichtlich zentral eingekauft. Sie findet man auch in der deutsch- und französischsprachigen Wochenpresse von Ringier. Eindrücklich ist die Reportage über Radovan Karadzic. Was visuell aus einem Guss wirkt, ist aus vierzehn Archivbildern von unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt. Die Zukunft der Reportagefotografie?

Einen ganz anderen Weg geht DAS MAGAZIN . Die zu erwartende Sondernummer über Beijing, in der Presse der Deutschschweiz beharrlich immer noch als „Peking“ geschrieben, wurde von einem einzigen Fotografen abgedeckt. Ein Traumauftrag für Julian Baumann, der die anspruchsvolle Aufgabe meisterhaft gelöst hat. Im Gegensatz zum vom Text losgelösten Bildessay von Sandro Miller über Beijing im DU 7/8 2008 geht Baumann subtil auf die Reportagen der einzelnen Redaktoren ein. Die gastronomischen Exzesse von Max Küng, der vermutlich mehr als das halbe Spesenbudget des Projekts vertilgt hat, werden ebenso nah am Inhalt begleitet wie der stillere Beitrag von Daniel Binswanger zur aktuellen Kunstszene in der chinesischen Metropole.

Auf dem deutschsprachigen Markt bewegt sich DAS MAGAZIN längst auf dem Niveau des Zeit Magazin Leben.  Die Ausgabe 32/2008 vom 31. Juli ist ebenfalls Beijing und den Olympischen Spielen gewidmet. Heiko Seibel präsentiert Bilder in Schwarz-/Weiss die mit einer Art Stroboskop-Technik und Weissfärbung von Körperteilen im Dunkeln entstanden sind. Seibel arbeitet gemeinsam mit Kollegen für Tafelbild. Das Making-Of wäre einen weiteren Beitrag wert.

Auf die Tiere ist sogar die NZZ gekommen. NZZexecutive, oft auch als „Stellenanzeiger für den rechts- und linksufrigen Zürichsee“ bezeichnet, pflegt als Aufmacher mit mehr oder weniger Glück ein exklusives Reportagebild pro Ausgabe. Für dieses Wochenende ist es gelungen. Die Momentaufnahme eines Briefing aus dem Zürcher Zoo von Ellen Mathys verdiente es in Grossauflage halbseitig abgedruckt zu werden.

Einen fotohistorischen Leckerbissen hät die NZZ am Sonntag bereit.  Jost Auf der Maur hat über den legendärsten Schweizer Film „Es geschah am hellichten Tag“ von 1958 recherchiert. Der Beitrag ist mit Standbildern vom Set aus dem Archiv der Produktionsfirma Praesens Film illustriert. Die publizierten Bilder lassen die Hoffnung offen, dass auch dieses Archiv einmal öffentlich zugänglich gemacht werden könnte oder sogar in den Besitz einer Instititution, wie der Schweizer Fotostiftung oder der Cinémateque Suisse gelangt.

Bildnachweis: Pressedokumentation Schweizer Tierschutz

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