Pressespiegel zum Wochenende vom 27./28.September 2008
Die unter Elsbeth Hobmeier erfolgreich neu aufgebaute und zum Trend-Magazin gestaltete Hotel-Revue zeigt in ihrer Ausgabe 39 eine hintergrundbeleuchtete und demnächst vielleicht interaktive Menukarte. Die Idee ist faszinierend. Man könnte dadurch auch in einem verdunkelten Lokal direkt einen Einblick in die Küche erhalten und, – in einer weiteren Entwicklungsphase, das Menu über Touch-Screen bestellen und sogar über die Kreditkarte abrechnen. Konzept und Technologie stecken noch in Kinderschuhen.
Displays machen sich in unserem Alltag breit. Wer immer wissen wollte, wie ein Newsroom aussieht, findet ihn in der Berichterstattung über das St. Galler Tagblatt. Die Redaktor/innen sitzen in U-Form, und jeder „töggelet“ für sich herum, – das Presseerzeugnis entspricht qualitativ dieser „Redaktionskultur“. An Stelle eines Blackboards hängen Displays, die bereits fertiggestellte Zeitungsseiten aufzeigen. Liebe St. Galler Kollegen (Kolleginnen sind im Männergremium kaum auszumachen), geht doch einmal beim Privatfernsehen vorbei oder auf einen Bildungsurlaub nach Spanien, dann wisst auch ihr, was ein Newsroom ist.
YouTube scheint schrittweise die News-Fotografie abzulösen. So berichtet die Weltpresse über den Flug unseres Fusion Man Yves Rossy von Calais nach Dover auf der Basis eines Videos auf dem Internet. Man muss den Clip mit der Stimme der spanischen Moderatorin geniessen. „Es impressionante!“. Ob Rossy bei diesem Flug selbst eine Kamera montiert hatte, bleibt offen. Bei den wenigen Interviews in diesem Sommer trug er eine Schirmmütze von Sony. Der bescheidene Aviatikpionier verfügt über keine Vermarktungsmaschine wie Bertrand Piccard. Immerhin wurde sein neustes Abenteuer von einer der führenden Uhrenmarken gesponsort, und die werden uns zweifellos mit weiteren Bildern und Clips überraschen.
Doch auch unbescheidene Leute liefern der Bildpresse immer wieder Unterhaltungssstoff. Die Luzernerin Martina B., vermutlich nur drei Wochen mit dem Berliner Rapper Bushido liiert, bringt sich dank Blick wiederum die in Schlagzeilen. In einer offensichtlich von seinem PR-Manager verfassten Autobiographie zieht er über Martina hinweg, mit der er während drei Tagen „chillen“ nur einmal geschlafen haben soll. Die schlüpfrige Geschichte wird mit Sed-Cards aus dem Bestand von Martina dokumentiert. Wer auf Facebook Martina sucht, kommt als erste Priorität auf die Prokuristin einer der grössten Krankenkassen der Schweiz und ihren Bildern beim Tennis und mit Neffen und Nichten.
Mit einem Archivbild von Keystone illustriert der Tages-Anzeiger die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen von zusätzlich aus Deutschland geleasten Flight Attendends und ihren mehrheitlich aus Deutschland eingewanderten Kolleginnen. Die Chance einer Fotoreportage über ein interessantes und kontroverses Thema wurde damit verpasst.
Das Magazin überrascht mit einer Themenausgabe über Mode. Erstmals ist die Zeitschrift in veredeltes Hochglanzpapier eingebunden, vermutlich um auf der ersten Innenseite dem Inserenten Rolex mit einem grossartigen Porträt von Roger Federer einen Dienst zu erweisen. Auch sonst überzeugt in diesem Heft vor allem die Werbung. Die Modestrecke von Christiane Wöhler ist leider in der Internet-Version nicht zugänglich. Man fühlt sich beim Durchblättern der Printausgabe in Boléro versetzt, doch die machen es besser. Enttäuschend sind die Modeaufnahmen von Cellina von Mannstein über den belgischen Designer Martin Margiela (die Website von Margiela muss man gesehen haben).
Der möglicherweise beste und auch konstruktivste Bildbeitrag zum Wochenende findet sich im Magazin zum Sonntags-Blick. Ursula Markus hat eine Reportage von Tanja Polli begleitet. Kosovo-Albaner feiern Hochzeiten in ihrer Heimat. Die Hochzeiten sind zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. So gibt es allein in der Kleinstadt Peja über dreissig Geschäfte mit Brautmode und unzählige Coiffeursalons. Natürlich darf die Musik nicht fehlen. Wir erleben durch die Reportage unsere albanischen Mitbürger/innen und Mitbewohner aus einer ganz anderen Perspektive als sonst aus Druckerzeugnissen des gleichen Pressehauses.
Für einmal lassen wir die Politik rechts und links liegen. Es gilt, einem der auflagenstärksten Wochenmagazine ein Lob auszusprechen. Die Tierwelt dürfte die einzige Zeitschrift sein, die als Cover Woche für Woche Amateurbilder verwendet. Und diese kommen bei der Leserschaft an. Beliebt sind auch die Leserbilder im Innern des Blatts, vor allem zum Thema „Tiere und Kinder“.
Doch die schönsten Bilder entstehen auch bei der Tierwelt im Kopf. Wie bei der Lektüre eines Kleininserats in der Ausgabe vom 26. September 2008, Seite 140: „Zu verkaufen Ölbild Hans Gartmeier, Grossvater beim Dengeln, daneben Mädchen und Berner Sennenhund, Grösse 109x88cm, gerahmt, Fr. 3 500. – 079 218 17 14.“ Da braucht man keine Illustration.