Die 10. ART ZURICH INTERNATIONAL überrascht mit jungen Galerien, jungen Künstlern und junger Fotografie. Eine Vertreterin und zwei Vertreter der jungen Schweizer Fotografengeneration nutzen die Möglichkeit zu einem Auftritt als selbständige Aussteller. Ergänzt werden ihre Kojen durch eine grössere Präsentation der Berliner Galerie Camera Work, in der Klassiker der amerikanischen Fotografie renommierten Gegenwartskünstler gegenübergestellt werden.
Die junge Schweizer Fotografie ist mit drei sehr unterschiedlichen Portfolios vertreten, hinter denen viel Aufbauarbeit und gute Perspektiven für einen erfolgreichen Eintritt in den Kunstbetrieb stehen. (Bildbeispiele auf der Website der Messe)
Patrick Lachenmeier fotografiert unter dem Titel „Eiszeit“ natürliche Strukturen, die er im Digitaldruck entweder grossflächig in den Raum setzt oder hinter Plexiglas aufzieht. Im Gepräch weist er auf neue Arbeiten hin, für die er digitale Reportagebilder im Kollodiumverfahren auf Papier aufbelichtet. Lachenmeier wohnt und arbeitet heute als Basler in Bonaduz/GR. Die Randregion sieht er als Chance, da seine Kunst dort eher wahrgeommen wird. So hat ihn die Tageszeitung Südostschweiz imHinblick auf die Ausstellung in Zürich auf mehr als einer halben Seite porträtiert. In Zürich oder Basel gelingt jungen Fotografen kaum alle paar Jahre ein Auftritt in den Tagesmedien.
Auch wenn man es nicht vermuten würde, arbeitet Rolf Müllestein ausschliesslich digital und verkauft in seiner eigenen Galerie Zürichfoto.ch am Beginn der Kirchgasse oberhalb des Grossmünsters Stadtansichten in Schwarzweiss, die an Bilder aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erinnern. Müllestein hat als Autodidakt den Mut gefasst, seinen eigenen Weg zu gehen, und dürfte damit Erfolg haben. Für ihn als Freischaffender und Jungunternehmer ist die Beteiligung an der Messe mit nicht zu unterschätzenden finanziellen Risiken verbunden. Doch sein Mut beeindruckt Käufer/innen und verstärkt das Vertrauen in seine Arbeiten.
Yolanda Di Mambro hat sich in der Modeszene in Mailand weitergebildet und stellt sehr dynamische Bilder von Tänzerinnen und Tänzern vor. Sie sind auf der Basis von fotografierten Lichteffekten digital nachbearbeitet, und man fühlt sich in die Traumwelt von Grossstadtdiskotheken versetzt. „Dancing Queen, New York“ heisst zum Beispiel eines der Werke. In Serien zusammengeführt, wirken sie wie Stroboskopaufnahmen. Di Mambro, die auch in der Reportage- und Modefotografie tätig ist, wird ihren Stil weiterentwickeln. Sie ist vor allem in der jungen Berner Medien- und in der internationalen Partyszene gut vernetzt und fotografiert als Erwerbsbasis für ihre künstlerische Arbeit Stars und Sternchen, – und dies mit der gleichen Leidenschaft.
Alle drei Aussteller zeigen konsistente Portfolios und Arbeiten mit einem hohen Wiedererkennungswert, – ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg im Kunstmarkt. Hinzu kommt, dass sie nicht nur zum Verkauf ausgestellt haben, sondern bei moderaten Preisen auch Käufer/innen finden. So hat Di mambro während unserem Gespräch erst zu Beginn der Vernissage ein Werk signiert, dass von der Käuferin wie ein Beutestück sogleich mitgenommen wurde.
Camera Work Photogalerie, Berlin bringt Bilder nach Zürich, wie man sie hier noch kaum gesehen hat. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Interieurs des kanadischen Fotografen Robert Polidori, der im kommenden Monat an der PHOTO Paris 08 für sein Schaffen geehrt wird. Noch sind die grossformatigen C-Prints für ca. CHF 30 000.- zu erwerben, und Polidori gilt als sicherer Wert auf dem Kunstmarkt. Die eigentliche Sensation sind Aufnahmen von Lukas Roth. Seine konstruierten Bilder gehören zum Spannendsten und Innovativsten was die deutsche Fotoszene zur Zeit zu bieten hat. Die Bilder von Roth muss man nicht nur auf seiner Website durchblättern, sondern 1:1 an der Messe und im Gespräch mit Ausstellungsbesuchern erleben. Sein Meerwasseraquarium ist einer der Publikumsmagnete.
Auch mehrere weitere Galerien zeigen Fotografien, wobei der Übergang zwischen Fotografie und Malerei zunehmen fliessend wird. Oft bilden Fotografien die Grundlage für gemalte Bilder, durch Übermalen oder die Kombination mit Mischtechniken. Doch dienen Fotografien auch dazu, Werke der Konzeptkunst zu dokumentieren.
Nicht alle Aussteller und Künstler an der 10. ART INTERNATIONAL ZURICH überzeugen. Dennoch ist es der Ausstelllungsorganisation BB International Fine Arts GmbH gelungen, ein kulturelles Ereignis zu schaffen, an dem man in der sonst nicht an Ereignissen unterdotierten Zürcher Kunstbetrieb teilhaben muss.
ART INTERNATIONAL ZURICH, bis 19.Oktober 2008 im Kongresshaus Zürich