Die nicht mehr ganz Jungen der Zürcher Kunstszene trafen sich am Freitagabend zur vorläufigen Werkbilanz von Walter Pfeiffer im Fotomuseum Winterthur. Pfeiffer wurde bereits im Vorfeld der Ausstellung zur Ikone des kulturellen Aufbruchs eines androgynen Zürich in den siebziger Jahren stilisiert. Entsprechend äusserte sich die anwesende Prominenz aus Kunst und Kunstkritik mehr oder weniger mit jenen Statements, die sie sich auch in der Pressedokumentation des Fotomuseums finden lassen.
Ob Walter Pfeiffer tatsächlich eine Neuentdeckung ist, stets ein Geheimtipp war oder mit 62 nun museumswürdig wird, lassen wir offen. Auf alle Fälle hat der experimentierfreudige und unkonventionelle Fotograf eine Retrospektive verdient. Sie ermöglicht ihm, einen Überblick über sein Schaffen in einer gleichzeitig als Ausstellungskatalog im Steidl-Verlag publizierten Monographie auf den Buchmarkt zu bringen.
Vom Künstler mitbestimmte Ausstellungen und Monographien sind stets problematisch. Sie verwehren sich einer kritischen Betrachtung von Aussen und zeigen letztlich eine Momentaufnahme seines Werdegangs, wie er ihn selbst reflektiert.
Pfeiffer, ursprünglich Zeichner und Illustrator, verwendete seine Kamera anfänglich nur als Gedächtnisstütze, um Bilder von jungen Männern und schönen Frauen festzuhalten. Er lebte und arbeite mit Freunden in einer kunterbunten Villa in Zürich, entfernt vergleichbar mit der Factory von Andy Warhol. Als Entdecker gilt Jean-Christophe Ammann, der 1974 in einer Ausstellung über Travestie einen Querschnitt durch die damalige, zumeist lokale Szene zum Thema präsentierte. 1981 veröffentlichte Pfeiffer ein Buch über sich selbst mit dem Titel „Walter Pfeiffer“, das kürzlich von JRP/Ringier neu aufgelegt wurde und als Gesamtkunstwerk eindrücklicher ist als der zur Ausstellung erschienene Werkkatalog bei Steidl.
Das Buch erzielte die gewünschte Wirkung. Pfeiffer wurde mehrfach durch Kunstpreise und Stipendien gefördert, so mit einem Atelieraufenthalt in New York. In den neunziger Jahren wandte er sich von der Fotografie ab. Erst zögernd begann er für sich selbst wieder mit Landschaftsaufnahmen und erhielt nach dem Erscheinen eines weiteren Buches nach 2001 kommerzielle Aufträge für die internationale Modepresse.
Walter Pfeiffer fotografiert offensichtlich immer noch mit einer analogen Messucherkamera. Man fragt sich bei der Betrachtung seines bisherigen Gesamtwerks, ob er primär als Fotograf, als Konzeptkünstler oder als fotografierender Grafiker bezeichnet werden soll, was seine Qualitäten nicht mindert. Über die Medien hinweg spürt man, wie Pfeiffer in visuellen Momenten und Geschichten denkt und diese im Bild erfasst.
Mit dem Ausstellungstitel „In Love with Beauty“ dürfte vielleicht nur eine der Leitlinien seines Schaffens umschrieben sein. Als visueller Aufhänger dienen seine androgynen Bilder mit einer unübersehbar homoretotischen Komponente. Es wäre zu einfach, dem Fotomuseum vorzuwerfen, dass es nach der Ausstellung „Darkside“ wiederum Besucher/innen mit der Thematik der Sexualität nach Winterthur bringen will. Doch offensichtlich verkauft sich die Ausstellung gut.
Walter Pfeiffer – In Love with Beauty. Fotomuseum Winterthur, bis 15. Februar 2008
www.fotomuseum.ch
Bildnachweis: Walter Pfeiffer, Ohne Titel, 1974, C-Print, 59 x 39,5 cm, © Walter Pfeiffer / Pro Litteris