(update) Noch bis Montag, 30. März 2009 dauert die Photoshow in Mailand. In den vier Messetagen erwarten die knapp 300 Aussteller rund 50’000 Besucher, die an den Neuheiten Hand anlegen und sich über alles informieren wollen, was sich im (digitalen) Markt Italiens tut. Spektakuläre Neuheiten haben wir nach PMA und CeBit keine erwartet. Aber dennoch haben wir da und dort Interessantes entdeckt und für Sie zusammengetragen. Fotointern war am Eröffnungstag vor Ort.
In den zwei Riesenhallen 3 und 5 der City-Messehallen von Mailand scheint der Quadratmeterpreis noch günstiger zu sein als beispielsweise an einer Photokina, einer PMA oder gar einer CeBIT. Jedenfalls ist eine gewisse Grosszügigkeit unübersehbar, Grosszügigkeit mit breiten Gängen zwischen den Standblöcken, Grosszügigkeit aber auch, was die einzelnen Stände anbelangt. Das schafft eine angenehme Stimmung, und die über 12’000 täglichen Besucher – falls diese Zahl auch wirklich stimmt – verteilen sich auf diese Weise optimal.
Nicht nur alle Grossen sind da – Apple, Canon, Epson, Fujifilm, HP, JVC, Mamiya, Mitsubishi, Nikon, Noritsu, Olympus, Panasonic, Pentax, Samsung und Sony – sondern auch jede Menge kleiner Stände: Zubehörlieferanten, Alben- und Rahmenhersteller (in Italien ein ganz wichtiges und „geschmackvariables“ Thema) und Dienstleistungsanbieter.
Italien ist ein interessanter Fotomarkt, der mindestens 2008, noch keine wirtschaftliche Einbusse verzeichnen konnte. Gemäss Zahlen der A.I.F (Associazione Italiana Foto&Digital Imaging) entsprachen die rund drei Millionen verkaufter Digitalkameras etwa dem Vorjahr, hingegen haben die digitalen Spiegelreflexkameras letztes Jahr mit 190’000 Stück um 16,4 Prozent gegenüber 2007 zugelegt – ein Trend, mit dem Italien nicht anders dasteht als andere europäische Länder. Auch der Preiszerfall macht vor Italiens Grenzen nicht Halt: Der Durchschnittspreis der Kamera fiel im letzten Jahr um rund 15 Prozent. Kein Wunder, dass der Kamerahandel vorwiegend über Kettengeschäfte und Grossverteiler läuft, denn spezialisierte Fachfachhändler gibt es in Italien kaum noch. Dagegen wächst der Internethandel immer mehr …
Das Bildergeschäft scheint eher wieder im Aufwind zu sein. Im letzten Jahr sind in Italien übrigens noch knapp zehn Millionen Filme verkauft worden, und die Labors haben rund 22,5 Millionen Quadratmeter Fotopapier verbraucht. Wachsend scheint in Italien auch der Heimprintmarkt zu sein, in welchem letztes Jahr rund 55 Millionen Blatt Inkjet- und Thermosublimationspapier abgesetzt werden konnten.
Nein, Sensationen hat es nach CES, PMA und CeBit auf der Photoshow keine mehr gegeben – einmal abgesehen von der Canon EOS 500D, die zwei Tage zuvor weltweit vorgestellt wurde und sich natürlich schnell als Publikumsliebling entpuppte. Dabei hatten die armen Canon-Leute nur gerademal vier Vorserienmuster und waren wie der Teufel drauf, dass ja kein Besucher seine Speicherkarte einschob, um mal schnell ein Bild mit der neuen Kamera machen zu können.
„Coming soon“ steht unübersehbar auf einem Plakat der seit langem erwarteten Micro Four Thirds von Olympus. Noch hütet das Dummy die Glasvitrine und wird von allen Seiten bestaunt, ob man auf Grund der Knopfanordnung nicht doch irgend eine neue Funktion erahnen könnte. Hingegen stiess das E-System beim italienischen Publikum auf grosses Interesse – angezogen durch eine überdimensionale Attrappe, die von den Besuchern bewundert wurde.
Polaroid PoGo scheint in Italien Gas geben zu wollen. Der kleine Drucker für unterwegs ist seit längerem für 129 Euro auf dem Markt und verkauft sich ebenso dürftig, wie die Bildqualität ist. „Man darf die Bilder nicht allzu ernst nehmen. Es sind Spassbilder für Jugendliche und Partygänger. Und da entscheidet der Moment und nicht die Bildschärfe“ meint die hübsche Dame am Stand, die mir auch ein Muster der neuesten Kameraversion (unser Bild) von PoGo zeigt, die den Drucker gleich eingebaut hat. Sie kommt in etwa einem Monat auf den Markt und kostet voraussichtlich knapp unter 300 Euro. Sofortbild also wie früher? Oder eben doch nicht so ganz …
Traumobjektive da und dort. Die begehrten Stücke befinden sich mehrheitlich in Vitrinen, doch hin und wieder gelingt es eben doch, sich einen optischen Boliden auszuborgen, um mal kurz eine Aufnahme zu machen – die bei 600 mm aus freier Hand wahrscheinlich kaum ein Schärfezeugnis sein dürfte.
Auf etwas verstehen sich die Italiener schon: nämlich die Attraktivität ihrer Ausstellungsstände mit Rennmotorrädern und Formel-1-Wagen und den passenden Modellen so zu schmücken, dass garantiert jeder, der eine Kamera dabei hat – oder sich kurz eine ausborgt – verzückt zwei, drei Bilder schiesst. Natürlich nur, um sich von den Funktionen der Kamera und derer Praxistauglichkeit zu überzeugen … übrigens vertreibt SanDisk in erster Linie Speicherkarten, falls Ihnen das entgangen sein sollte …
Bei Fujifilm gab es ein neues Kameramodell der 3D-Anwendung zu sehen. Man kann sich nun vorstellen, wie das definitive Stereomodell aussehen wird, nachdem der bisherige Prototyp, der auf der Photokina und auf der PMA gezeigt wurde, nicht gerade designpreiswürdig daher kam. Auf den Markt kommen soll das Stereosystem von Fujifilm voraussichtlich in November, zusammen mit einem digitalen Stereo-Bilderrahmen, liess Fujifilm auf der Photoshow verlauten – allerdings inoffiziell und unverbindlich.
Ferrania, die einstige Vorzeigemarke der italienischen Fotoindustrie, dürfte mit ihrem 15-Quadratmeterstand wohl kaum sonderlich auffallen. Zwar werden bei Ferrania noch immer Filme gegossen, auch für OEM-Kunden, aber das Geschäft dürfte nur noch ein Bruchteil dessen sein, was es vor ein paar Jahren einmal war. Heute ist Ferrania in erster Linie ein Hersteller und Vertreiber von Inkjet- und Laserpapieren (mit der Profimarke Omnijet) und bietet auch ein Tinten- und Tonersortiment an, das für alle namhaften Markendrucker kompatibel ist. Ins Distributionssortiment gehören auch Targus-Fototaschen, Speichermedien, Tetenal-Chemie, Drucker und – wer hätte es gedacht – Digitalkameras …
Dass man auf jeder Messe irgendwelche lokale Besonderheiten entdeckt, gehört zum Reiz und zum Lohn jedes Messebesuchs. Hier noch zwei Schmackerl, bevor ich mich morgen nochmals ins Samstagsgetümmel begebe:
Am Stand von Trans Audio Video wurde ein Körperstativ vorgeführt, mit dem absolut ruckfreie Filmaufnahmen möglich sind. Die Kamera ist so aufgehängt und ausbalanciert, dass sie jede Bewegung des Kameramanns perfekt ausgleicht, was beispielsweise zu absolut ruckfreie Fahrtaufnahmen ermöglicht. Hergestellt wird das Körperstativ bei der italienischen Firma easy steady, die zur Mindfilm-Gruppe gehört.
Premiere erlebte das Unterwassergehäuse Dive Ross der Firma Plasmeccanica Srl in Correggio. Die transparenten Gehäuse mit ihren auffälligen leuchtgrünen Klemmverschlüssen und Handgriffen wurden hier erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt und stiessen auf Begeisterung, vor allem bei den Besitzern von Canon (EOS 350D, 450D, 450D), Pentax (K0, K10, K110D, 100D, 200D), Nikon (D40, D40X, D80, D90, D70, D70S), Olympus (E510, E520, E420, E400), Sony (alpha300d, 350d, 200d, 100d) und Panasonic (DMC-L10) Kameras. Die Gehäuse sind sehr einfach in der Bedienung, leicht im Gewicht und bis mindestens 80 Meter tauchsicher.
Ach ja: Macworld wollte eigentlich auch kommen. Ob da irgend jemand einen Fehler gemacht hat?
Urs Tillmanns
PS: Die Photoshow in Mailand wurde von rund 62’000 Leuten besucht. Damit wurde das Ziel der Organisatoren deutlich übertroffen.