Mit etwas Ärger mussten und müssen die Kuratoren der Ausstellung „Sechzig Jahre – Sechzig Werke“ rechnen, die heute im Martin-Gropius-Bau in Berlin eröffnet wurde. Anlass für die Ausstellung ist Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes, das seit 60 Jahren die Freiheit von Kunst und Wissenschaft gewährleistet. Unter den sechzig repräsentativen Meisterwerken befinden sich gegen zehn Fotografien.
Eine Auswahl zu treffen, führt zwangsläufig zu Ungerechtigkeiten. Sie kann nicht objektiv sein, selbst wenn über die Shortlist zumindest in Fachkreisen einigermassen ein Konsens besteht. Joseph Beuys ist ebenso vertreten wie Markus Lüpertz oder Jörg Immendorff. Umstritten ist die Vorgabe, bis 1989 nur in der BRD entstandene Kunstwerke zu zeigen, da nur sie unter den Rahmenbedingungen des Gesetztes und eines Rechtstaats entstanden sind. Allerdings stellt man sich die Frage, ob der „Unrechtsstaat“ auf diesem Niveau überhaupt künstlerisches Schaffen ermöglien konnte.
Erfreulich ist die Vertretung von einigen aussgewöhnlichen Werke der Fotografie. Einflüsse der Fotografie sind bereits in der Malerei der sechziger Jahre unübersehbar, wie beim grossartigen Tiger von Gerhard Richter. Dann folgen mit Bernd und Hilla Becher, Thomas Ruf, Andreas Gursky und Candida Höfer ebenso prominente Namen. Zu Unrecht weniger bekannt sind die de-konstruktivistischen Arbeiten von Anna und Bernhard J. Blume, die im 2007 in Zürich ausgestellt wurden. Der Bogen wird weitergespannt zu Marcel Odenbach, dessen Videos eigentlich sequentielle Fotografien sind.
Die Ausstellung ist eine hervorragende Mischung zwischen Publikumsnähe und Kunsttheorie. Wer im Frühsommer in Berlin flaniert, soll sich die zum Teil nur selten ausgestellten Werke unbedingt anschauen. Mit etwas Glück kann er sich vom Kunsttheoretiker Bazon Brock persönlich in die deutsche Nachkriegskunst einführen lassen.
Sechzig Jahre – Sechzig Werke. Martin-Gropius-Bau, Berlin, bis 14. Juni 2009
Hinweis: Aus urheberrechtlichen Gründen können wir die erwähnten Werke hier nicht abbilden. Auch der auf dem Internet über den obenstehenden Link verfügbare Katalog ist aus rechtlichen Gründen unvollständig.