Die ART SHOW ZURICH ist ein mutiges Experiment. Das Konzept der Veranstalterin BB International Fine Arts GmbH kennt man. Künstler/innen können sich in regionale Messen sich einmieten und profitieren von der Infrastruktur und vom gemeinsamen Marketing. Etabliert hat sich die ART INTERNATIONAL der gleichen Organisation, die letztmals im vergangenen Oktober im Kongresshaus in Zürich stattfand.
Trotz vergleichbarem Konzept präsentiert sich die ART SHOW ZURICH in einem ganz anderen Umfeld. Sie findet im trendigen Puls 5 in unmittelbarer Nähe zur Nobelszene der Gegenwartskunst im Zürcher Kreis 5 statt. Zu realistischen Preisen haben Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit, sich auf eigene Verantwortung und unjuriert zu präsentieren.
Bereits die Organisation zeigt Mut zum Experiment. Die Ausstellung findet nicht in den sonst für Kleinmessen genutzten Räumlichkeiten statt, sondern in der Mall, die sich während des Tages durch natürliche Beleuchtung auszeichnet. Während des Aufbaus wurde auch deutlich, dass die Ausstellung für die Besucher rundherum offen und ohne Eintrittskarte zugänglich sein soll. Der „Free Flow“ hat sich bereits an der Vernissage bewährt und weit mehr Frequenzen gebracht, als ein Aussortieren am Eingang.
Die Teilnahme ist international und durchmischt. Das Niveau ist höher als erwartet.
Wir sind zwei Fotografinnen und zwei Fotografen begegnet, und alle vier sind auf ihre Weise interessant.
Jean-Marc Clairet lebt und arbeitet in Paris. Er zeigt eindrückliche, analog verarbeitete Farbaufnahmen mit Überlagerungen. Clairet hat eine besondere Beziehung zur Schweiz. Durch einen Zufall publizierte er seine Schwarzweissaufnahmen aus Südostasien in Bern 1994 bei Eidenbenz im Black Maria Nummer 2. Das legendäre Heft, im Stil von Camera, hat Clairet auf seinem Stand aufgelegt. Allein dieses Original in der Hand zu halten, ist ein Besuch der Ausstellung wert. Clairet fragte, ob es das Heft noch gibt? Leider, nein.
Wie Clairet verzichtet auch Martina Villiger auf eine Online-Gallerie auf dem Internet. Ihre Arbeiten muss man in Originalen und in direktem Kontakt mit der Künstlerin erleben. Martina Villiger zeigt einen Teil ihres selten ausgestellten Venedig-Portfolios von 2004 und Kleinskulpturen. Die aus einem Stipendium (zwei Monate!) vom Instituto svizzero di Roma realisierten Aufnahmen von Venedig sind eine Trouvaille für Sammler.
Martina Villiger wollte uns unbedingt einem Fotografen vorstellen, der jedoch sehr beschäftigt war. An der Vernissage blies Derrick Feole Saxophon. Man applaudierte dem Künstler und den Veranstaltern, einen Saxophonisten von Niveau eingeladen zu haben. Doch Feole ist auch Fotograf und auf der Durchreise in Zürich hängen geblieben. Dann erfährt man nach weiteren Recherchen, dass Feole wirklich ein Doppelleben führt, als Berufsmusiker, der international in grossen Orchestern auftritt und als Fotograf.
Seine grossformatigen Landschaftsbilder sind vom Kreis um Ansel Adams geprägt. Feole hat sich selbst einen digitalen Printer für Grossformate zugelegt, um die gesamte Prozesskette zu kontollieren. Derrick ist ein interessanter und sehr kompetenter Gesprächspartner, doch dann zieht es ihn wieder zu seinem Saxophon zurück.
Varda Carmeli hat sich nach langjähriger Tätigkeit im Marketing am Kunstmuseum in Tel Aviv in Fotografie und Druck weitergebildet und betreibt mit ihren Mann in Alt Jaffa die Galerie „Studio 20“. Ihre C-Prints mit Strassenszenen hat sie lediglich angepinnt. Mit leichtem Gepäck nimmt man keine Rahmen mit. Über Gegenwartskunst in Israel könnte man über Stunden diskutieren. Beim Primitivo ging vergessen, dass Varda Carmeli mit ihren eigenen Strassenbildern an der Messe präsent ist.
Seitenblicke zur Malerei sind interessant. Michael Reinicke, Berlin zeigt visuell wie inhaltlich mehrschichtige Bildgeschichten in Öl. Martina Huber entwickelt auf Acrylbasis beleuchtete Displays. Ihre Kompositionen und Farben bleiben in Erinnerung. Man möchte gerne mehr davon sehen.
Überrascht hat eine Gruppe von Kolumbianern aus Medellin, die sich zum Ziel gesetzt haben, gemeinsam an Kunstmessen präsent zu sein. In den modernen Millionenstädten Bogota und Medellin entwickelt sich eine innvovative Kunstszene. Colibrisur zeigt interessante, neue Malerei zu sehr attraktiven Preisen. Bereits an der Vernissage war das Interesse an handgefertigten Büchern eines Buchkünstlers zu Preisen ab 40 Franken gross. Sie dürften demnächst ausverkauft sein.
ART SHOW ZURICH, Puls 5, Zürich, bis 17. Mai 2009