Urs Tillmanns, 29. Mai 2009, 18:00 Uhr

Schweizer Berufsfotografen (SBf) auf neuem Kurs?

Der Vorstand der Schweizer Berufsfotografen (SBf) ist kürzlich in Klausur gegangen, um Kurs und Zielsetzungen des Verbandes neu festzulegen. Fotointern hat Roberto Raineri-Seith, Präsident des SBf, in einem Exklusivinterview nach den anstehenden Veränderungen befragt.

Die Fotografie ist im Umbruch – die Verbände sind es auch. Der SBf hat eine wirre Phase hinter sich und eine Klausurtagung, um die Ziele neu zu definieren. Wie sehen Sie die unmittelbare Zukunft des SBF, und was soll verändert werden?

Der SBf muss sich neu als Berufs- und Qualitätsverband positionieren und seine Dienstleistungen in erhöhtem Masse professionell anbieten. Diese Neuprofilierung muss sich vor allem auch intensiver mit der Wahrnehmung unseres Berufes in der Öffentlichkeit befassen. In einem Zeitalter, in dem sich jeder Knipser „Fotograf“ nennt, während gleichzeitig die beruflichen Anforderungen vor allem in der Studio- und Werbefotografie stetig steigen, ist dies für den Verband und seine Mitglieder, aber auch für Kundschaft und Institutionen, von enormer Wichtigkeit. Was den Begriff „Qualität“ betrifft, möchte ich unterstreichen, dass wir ihn nicht ausschliesslich auf das Bild beziehen wollen, sondern auch auf den ganzen Produktions-Workflow in technischer wie auch administrativer Hinsicht.

Der erste Schritt wird ein komplettes Redesign unseres visuellen Auftrittes sein, die Änderungen betreffen aber natürlich nicht nur das Outfit, sondern auch die Verbandsstrukturen und eine neue Aufteilung der Kompetenzen des Zentralverbandes und der Sektionen. Auch werden wir im PR-Bereich aktiver sein.

Die Diskussion wird nun, nachdem sie an der Klausur des Vorstandes absolute Einigkeit verzeichnete, in den Sektionen weitergeführt, da alle geplanten Massnahmen und Änderungen der Strukturen sowie konsequenterweise auch der Verbandsstatuten natürlich von der Delegiertenversammlung in 2010 abgesegnet werden müssen. Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen, um mich für die Konkretisierung der geplanten Tasks bei den vielen aktiven Kolleginnen und Kollegen in den Sektionen und bei meinen Vorstandskollegen ganz herzlich zu bedanken, denn ohne sie wäre kaum etwas zu realisieren.

Die Abspaltung der welschen Mitglieder und die damit verbundene Gründung eines neuen Verbandes sind ein markanter Aderlass für den SBf. Grund dafür war die unterschiedliche Auffassung bezüglich der Ausbildungsfrage. Ist man sich diesbezüglich in den letzten Monaten etwas näher gekommen?

Die Differenzen in der Ausbildungsfrage waren nur der definitive Auslöser der Abspaltung, Meinungsunterschiede mit PpS Région romande gab es bereits ab 2003 vor allem in Zusammenhang mit den Aufnahmekriterien für neue Mitglieder. Die ehemals welsche Sektion der SBf handelte dabei aus meiner Sicht allzusehr undiskriminiert und jeder, der mit Fotografie professionell arbeitete, konnte de facto im Verband aufgenommen werden, eine im negativen Sinne egalitäre Interpretation des Berufes, die sich konsequent später auch im Beibehaltungswillen der traditionellen Fotografenlehre wiederspiegelte.

Der Austritt der Romands hat eine neue, zukunftsorientierte Handlungsfreiheit geschaffen, die im SBf eine spannende Diskussions- und Neuorientierungsphase ausgelöst hat. Und trotz des Austrittes der über 100 Mitglieder der welschen Sektion geht es uns auch finanziell weiterhin sehr gut. Ein Näherkommen in der Ausbildungsfrage gab es nicht, im Gegenteil: der SBf und die vfg. raten offiziell, öffentlich und mit wachsendem Engagement von der traditionellen Lehre im Gegensatz zur welschen USPP ab, ein überzeugter Entscheid unsererseits, der kaum eine Grundlage für eine Verständigung darstellen kann. Auch verurteilen wir die Tatsache, dass vereinzelte SBf-Mitglieder immer noch Lehrstellen anbieten, was de facto einem Verstoss gegen unsere Verbandspolitik entspricht.

Wie sehen Sie die Koexistenz dieser beiden Verbände in einem so kleinen Land wie die Schweiz, und halten Sie eine Wiedervereinigung, falls man sich in der Ausbildungsfrage einigen kann, für möglich und wünschenswert?

Ich glaube nicht, dass sich die USPP – trotz Schweizerkreuz im Logo – überregional etablieren wird, es sei, sie führen ihre – aus meiner Sicht – undiskriminierte Mitgliederaufnahmepolitik in erhöhtem Masse weiter. Aber wird dieser Verband dann für FotografInnen und Fotodesigner, vor allem aus dem Bereich der Studio- und Werbefotografie, wirklich attraktiv und repräsentativ sein? Und was SBf und vfg. betrifft, ergänzen sich diese Verbände in ihren Identitäten ideal, was sich auch in der guten Zusammenarbeit in verschiedenen Belangen, insbesondere Ausbildung und Rechtsberatung, äussert. SBf und vfg, werden, so glaube ich, künftig die deutsche Schweiz und das Tessin, und die USPP die Romandie repräsentieren, Koexistenzfragen wird es kaum geben, da das Zielpublikum der einzelnen Verbände sehr unterschiedlich ist und sich jeder dort bewerben kann wo er sich am ehesten Zuhause fühlt. Eine Wiedervereinigung der SBf mit der USPP würde ich schon aus Gründen der unterschiedlichen Auffassung des Berufes ausschliessen, was übrigens sicher auch die Meinung unserer welschen Kollegen ist.

Der SBf plant neue, erweiterte Dienstleistungen. Was verstehen Sie darunter, und wer kann von diesen neuen Dienstleistungen profitieren?

Es geht uns vor allem darum, bereits bestehende und sehr gut funktionierende Dienstleistungsbereiche, wie z.B. die durch Beat Ernst und zwei externe Anwälte betreute Rechtsberatung, zu konsolidieren und weiter auszubauen. Und natürlich sind wir immer mehr in der Aus- und Weiterbildung engagiert. Neue Massnahmen und Projekte möchten wir vor allem im PR-Bereich realisieren, sowohl um den Goodwill des Verbandes, als vor allem auch die positive Wahrnehmung der professionellen Fotografie in der Öffentlichkeit weiterhin zu stärken. Und davon profitieren alle Anbieter und Anwender.

Alle Verbände haben das Kernproblem schwindender Mitgliederzahlen, was sich in wirtschaftlich schlechten Zeiten noch stärker bemerkbar macht. Was tut oder plant der SBf, um neue Mitglieder anzuwerben?

Erstaunlicherweise und positiv muss ich feststellen, dass wir bisher mit diesem Problem nicht konfrontiert wurden. Die wenigen Austritte sind in fast allen Fällen altersbedingt und werden durch Neueintritte weitgehend kompensiert. Dabei liegt ausserdem die Zahl der Aufnahmegesuche, die leider wegen Nichterfüllung der Aufnahmekriterien nicht positiv beantwortet werden können, bei weitem über die der Neueintritte. Das eigentliche Problem ist dass wir zur Zeit nicht mehr mit einer Sektion in der Romandie vertreten sind. Hier herrscht dringend Handlungsbedarf, aber wir müssen vorerst im Laufe unserer „Verbandsreform“ auch die Aufnahmebedingungen neu formulieren und der Neupositionierung anpassen.

Wird man sich weiterhin auf Berufsfotografen als Mitglieder beschränken oder ist es auch denkbar, dass qualifizierte Amateurfotografen und berufliche Anwender mit entsprechendem Leistungsausweis bei SBf Mitglied werden?

Der SBf sollte aus persönlicher Sicht nur Fotografinnen und Fotografen mit LAP oder AbsolventInnen einer Fotografenausbildung an einer Kunsthochschule, Fotodesigner und / oder entsprechend ausgebildete professionelle Bildschaffende aufnehmen. Wir haben aber zusätzlich schon seit langer Zeit auch andere Mitgliedschaftskategorien wie die Juniormitglieder (FotografInnen oder Fotodesigner in der Ausbildung, die einen reduzierten Jahresbeitrag zahlen) und natürlich unsere Partner; diese sind in der Regel renommierte Firmen der professionellen Fotobranche, es könnten aber auch Verleger oder etablierte Fotogalerien sein, kurz alles, was mit professioneller Fotografie auf einem höheren Niveau zu tun hat.

Das Interview mit Roberto Raineri-Seith führte Urs Tillmanns am 28. Mai 2009

Ein Kommentar zu “Schweizer Berufsfotografen (SBf) auf neuem Kurs?”

  1. Bild und textlicher Inhalt passen hervorragend zusammen. Beides vermittelt eine abschottende oder vielmehr abweisende Haltung. Die Positionierung im Sinne einer Elite begrüsse ich, gerade in der heutigen Zeit der Allgemeinplätze. Hingegen vermisse ich die Öffnung gegenüber Amateurfotografen. Die Geschichte hat bewiesen, dass durchaus Menschen ohne fotografische Berufsausbildung hervorragende Fotografen geworden sind. Es gäbe ja die Möglichkeit eine Sektion für Amateure zu schaffen, wo einzig die Bildqualität das Aufnahmekriterium wäre. Daraus könnte die Möglichkeit geschaffen werden, als Quereinsteiger, vom Amateur zum Profi zu werden. Wobei der Verband diesen Werdegang durch Kritik, Wettbewerbe und Ausbildung begleiten könnte. Zudem gäbe es mehr zahlende Mitglieder.

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