Urs Tillmanns, 14. Juni 2009, 16:00 Uhr

Automatische Datensicherung à discrétion

Computerbesitzer benötigen für einen tiefen, gesunden Schlaf nicht nur bequeme Matratzen, sondern auch gesicherte Daten. Werden Adressen, Korrespondenz und Fotos automatisch in einen Datentresor im Internet transferiert, braucht man sich darum keine Sorgen mehr zu machen. Fotointern hat generöse gratis Online-Speicher aufgestöbert und das Angebot für uneingeschränkten Speicherplatz von Mozy.com getestet.

Das wertvollste am Computer sind die Daten, für Digitalfotografen umso mehr. Deshalb sind regelmässige Datensicherungen unerlässlich. Oft fehlen aber Zeit und Disziplin dafür – bis zur Reue beim ersten Datenverlust. Denn Festplatten neigen dazu, immer im dümmsten Moment den Geist aufzugeben. Kopieren der wichtigsten Dateien auf zusätzliche Datenträger wiegen einem auch nur in vermeintlicher Sicherheit. CD und DVD sind oft nach wenigen Jahren nicht mehr lesbar oder werden verlegt. Das Heimnetzwerk kann Opfer einer Virusattacke werden und im Brandfall oder bei Wasserschaden werden externe Festplatten ebenfalls zerstört, wenn sie in denselben Räumlichkeiten aufbewahrt werden, wie der Computer.

Eine Alternative zu mehreren Sicherungskopien im Banktresor oder bei Freunden bilden digitale Internet-Speicher. Bei dieser Backuplösung werkelt im Hintergrund ein Sicherungsprogramm auf dem PC, das automatisch Dateien via Internet zu den Datenservern seines Dienstes überträgt – und die Datenschätze damit in Sicherheit vor lokalen Desastern bringt. Im Notfall können Dateien dann vom Rettungsanker im Internet wieder zurück auf den eigenen Rechner heruntergeladen werden.

Für die Datenspeicherung nutzt man also die kolossale Infrastruktur des Tresor-Anbieters, der die Daten im Idealfall in hochgesicherten Datencentern rund um die Welt in mehrfacher Ausgabe lagert – und erspart sich als Nebeneffekt auch Investitionen für Datenträger wie DVD.

Lange waren Online-Speicher kaum praxistauglich, weil sehr langsam, kompliziert, teuer und mit limitiertem Speicherplatz verbunden. Die Wende zum Guten brachten günstigere Speichermedien, komfortable Sicherungsprogramme und die Verbreitung von Breitband-Internet.

Bis zu 50 GB gratis
Online-Speicher liegen sogar im Megatrend, IT-Infrastruktur auszulagern: die weltweiten Ausgaben für Dienste, die Ressourcen wie Rechenleistung, Software und Speicherplatz ab einem entfernten Host anbieten, könnte sich (unter dem Sammelbegriff Cloud-Computing) gemäss einer IDC-Umfrage bis 2012 auf 42 Milliarden Dollar verdreifachen.

scr_spb_sm_npt_klKein Wunder, buhlt mittlerweile eine illustre Schar an Anbietern mit Backuplösungen um die Gunst von Abermillionen von Internet-Nutzern und Unternehmen. Darunter auch spezielle Fotoarchive, wie die Schweizer SwissImageBank und Smartfoto oder Kamerahersteller Nikon. Nachteile dieser puren Fotoarchive: oft werden nur .jpeg-Dateien akzeptiert oder Limiten bei der Dateigrösse auferlegt, so dass der engagierte Hobbyfotograf seine .Raw-Dateien oder .tif-Dateien ebenso wenig einlagern kann, wie beispielsweise eine Lightroom-Datenbank, oder Rechnungen im Word-Format.

scr_sd_ad_kljpgDeshalb eignen sich universelle Online-Speicher besser für eine umfassende Datensicherung – zumal mit kostenlosem Einstieg: Dienste, die zwischen 1 und 10 Gigabyte (GB) Gratisspeicher offerieren, gibt es wie Fahrräder in China. Microsoft spendiert unter skydrive.live.com schon 25GB. Am spendabelsten zeigt sich Newcomer ADrive: das 2007 gegründete Unternehmen stellt sage und schreibe 50 GB Speicherplatz gratis zur Verfügung (von der Hauptseite nicht abschrecken lassen: die dort beschriebene 14-tägige Testzeit bezieht sich nur auf die kostenpflichtigen Angebote). Diese Kapazität reicht bereits manchem Gelegenheitsfotografen, um auf Lebzeiten Tausende von Fotos und Zehntausende von Word- oder E-Mail-Dokumente einzulagern

Reichen die Gratisspeicher dennoch nicht aus, kann zusätzlich Kapazität nachgekauft werden. Allerdings verlangen Dienstanbieter dann im Schnitt fünf bis zehn Franken pro zusätzlichem Gigabyte und Monat.

Flatrate für unlimitierten Speicherplatz
Einige Online-Speicher bieten dank «Flatrate» mittlerweile sogar die absolute Kostenkontrolle: Bei «Mozy Personal» erhält der Kunde unlimitierte Speicherkapazität für knapp fünf Dollar pro Monat, wobei der Upload aller Dateiarten erlaubt ist. (Ausnahme: wenige Systemdaten des Betriebsystems).

mozywebsite_klFotointern hat dieses auf dem Papier lukrativste Angebot ausprobiert und ihm auf den Zahn gefühlt.
Nach der Kundenregistrierung lädt man das englischsprachige Sicherungsprogramm von Mozy aus dem Internet und installiert es (Windows- und Mac-Version vorhanden). Beim ersten Programmstart wird definiert, welche Dateien man in den Internet-Tresor speichern möchte: Mozy stellt dafür vorgefertigte Schablonen bereit, die dafür sorgen, dass künftig die wichtigsten Schlüsselordner auf der Festplatte, sämtliche Musikdateien, Word-Dokumente, E-Mails, Fotos oder Präsentationen automatisch gesichert werden. Im Expertenmodus erweitert man den Sicherungsumfang um weitere Ordner oder Dateien, zum Beispiel die Datenbank von Adobe Lightroom, den Ordner mit Photoshop-Aktionen oder jenen mit Modelreleases im pdf-Format. Dabei können auch Dateien von externen Festplatten angewählt werden, was bei Online-Speicherdiensten noch nicht usus ist. Allerdings müssen sämtliche Dateien ab demselben Computer in den Datentresor geladen werden (bezahlt wird pro Computer).

mozy_1_klNach wenigen Klicks ist man startklar für den initialen Backup. Wie ein Heinzelmännchen wacht Mozy von nun an pausenlos im Hintergrund: Wird eine Datei geändert oder eine neue erstellt, wird sie automatisch in die Warteschlange für die Sicherung gesetzt. Standardmässig überträgt Mozy dann alle zwei Stunden sämtliche Änderungen via Internet auf den entfernten Server.

Datenwiederherstellung auf Umwegen
Erleidet man tatsächlich einen Datenverlust, lassen sich lokal verlorene Dateien aus dem Internet wieder auf den eigenen Computer zurück laden. Mozy bietet vier Wiederherstellungsarten an, zum Beispiel durch simples Anklicken der betroffenen Dateien in einem Explorer Fenster.

mozy_21_klWird eine Datei auf dem eigenen PC gelöscht, geht Mozy davon aus, dass man diese nicht mehr benötigt – es behält aber die Kopie 30 Tage lang im Internet-Tresor. Auch verschiedene Versionen von Dateien werden über diese Periode gespeichert – hilfreich etwa, wenn man eine misslungene Weiterbearbeitung eines Fotos versehentlich gespeichert und das Original überschrieben hat.

Bei unseren Tests funktionierte die Datenrettung von kleineren Datenbeständen einwandfrei. Ein versehentlich gelöschter Ordner mit 30 Raw-Fotos und einem Datenvolumen von 400 MB war in rund 20 Minuten wieder hergestellt. Beim Zurückholen eines Fotobestandes mit mehreren Dutzend GB zeigte das Programm von Mozy allerdings Schwächen: Immer wieder verhedderte sich das Programm und begann die Datenwiederherstellung von neuem – erst das Aufteilen auf mehrere Teilwiederherstellungen brachte dann Erfolg. In dieser Phase hörte man dann auch über Tage hinweg nichts mehr vom Kundenservice, der bis anhin E-Mail-Anfragen kompetent und prompt beantwortet hatte. Bei immensen Datenverlusten dürfte man also den eigenen Nerven zuliebe, auf die Wiederherstellung via Internet verzichten und alternativ Datenträger wie DVD bei Mozy anfordern. Diese werden gegen Gebühr per herkömmlicher Post zugesandt.

Geduld ist gefragt
Auch bei Mozy gibt es den für Online-Speicher allgemein gültigen Pferdefuss: Das Übertragen von grossen Datenmengen in den Internet-Tresor verlangt eine Engelsgeduld. Für zwei GB Fotos muss man bei gängigen ADSL-Internetanschlüssen rund einen Tag (24 Stunden) veranschlagen – im Vergleich zu Sicherungen auf externe Festplatten, die nur wenige Minuten dauern, eine Ewigkeit.

Unser initialer Backup mit 16 GB Daten dauerte rund eine Woche. An den mehrtägigen Upload der Ferienfotos gewöhnt man sich weniger schnell, als an den Komfort, dass nun sämtliche Änderungen auf dem Rechner automatisch und ohne eigenes Dazutun gesichert werden. Die «Tagesarbeit» ist meist innert weniger Minuten übermittelt, nicht zuletzt weil bei grossen Dateien nur die geänderten Bytes übertragen werden.

Verschlüsselt und bewährt
Wer sicher sein will, dass weder der Dienstanbieter noch Hacker seine persönlichen Daten auf ihrer Reise durch die Netzwerklabyrinthe einsehen können, muss diese verschlüsseln. Mozy schützt die Privatsphäre durch doppelte Verschlüsselung. Zuerst werden Daten auf dem eigenen Computer vor der Übermittlung verschlüsselt. Die Datenübertragung zum Servercenter erfolgt dann mittels verschlüsselter Verbindung (128-bit SSL).

Als Realist vertraut man seine wertvollsten Güter gleichwohl nicht jedermann an. Mozy ist seit Oktober 2007 im Besitz der bekannten Harddiskherstellerin EMC. Seit dem Launch im Jahre 2006 hat Mozy seine Kundenbasis im Schnitt alle sechs Monate verdoppelt auf heute rund 900’000 Privat- und 25’000 Geschäftskunden (Gechäftsversion MozyPro). Dabei werden rund 11 Petabytes (11 Millionen GB) in Datencentern rund um die Welt gespeichert.

scr_ca_bl_klDer grösste Coup des kleinen Startups aus Utah war 2007 ein Multimillionen-Deal mit General Electric. Dieser umfasst die Datensicherung für die 300’000+ Mitarbeiter des riesigen Weltkonzerns – mit der selben Technologie wie für uns Privatanwender. Hauptkonkurrenten um Privatanwender sind die Dienste von Carbonite und Backblaze, welche ebenfalls zu einem Pauschalbetrag sichern.

Fazit: Mozy bietet einen komfortablen, automatischen Internet-Tresor. Der Dienst sichert zuverlässig und alle erdenklichen Daten, dank unlimitierter Speicherkapazität inklusive dem Fotoarchiv für Hobbyfotografen. An die langen Übertragungszeiten muss man sich allerdings gewöhnen. Mozy kann über ein 2 GB-Gratisangebot auch ausgiebig getestet werden.

Reto Puppetti

Info: www.mozy.com

Sicherer Online-Speicher für Anwender mit grösseren Datenmengen
Preis: bis 2 GB gratis, $4.95 pro Monat für unlimitierten Speicherplatz (Mozy Home); Windows- und Mac-Version,
Version für Unternehmen: MozyPro
Plus:
  • Preis- /Speicherplatzverhältnis
  • doppelte Datenverschlüsselung
  • einfach und zuverlässig
Minus
  • Datentransfer von grösseren Datenmengen dauert selbst mit ADSL-Abonnement lange
  • Programm nur in englisch
  • Wiederherstellung grosser Datenmengen via Internet mühselig

4 Kommentare zu “Automatische Datensicherung à discrétion”

  1. Wir hatten früher auch onlinebackups gemacht. Waren zu teuer und vor allem sehr langsam. Schon mal überlegt, wie jemand nach einem Brand an die Daten kommt (neue Rechner besorgen, bespielen, downloaden – Zugangsdaten holen … gähn). Mittlerweile werden bei uns keine wichtigen Daten mehr verschickt. Die Backups kommen in einen Threx-Datensafe von secumem. Wöchentlich macht ein Mitarbeiter eine zusätzliche Auslagerung auf Band. Dieses Konzept ist für mittelständische Unternehmen auf jeden Fall preislich und auch sicherheitstechnisch die beste Lösung. Das Konzept hat sich bei uns jedenfalls bestens bewährt. Selbst größere Datenbanken bzw. Verzeichnissstrukturen sind mit dem Safe innerhalb kürzester Zeit wieder online.

  2. ich bin jetzt als Hobbyfotograf und „Einzelfirma“ echt angetan von dieser Mozy-Lösung. Ich habe aber auch nicht hunderte von GB Daten. Vor allem bin ich froh, wenn ich keine manuelle Sicherung von wichtigen Dokumenten mehr machen müsste.

    @meine Vorschreiber: ich denke diese Online-Lösung wird hier nicht für mittelständische Betriebe vorgeschlagen. Das sind ja doch dann wieder ganz andere Dimensionen.
    Als Einzelanwender verfüge ich weder über einen Safe noch das KnowHow noch die Disziplin für einen regelmässigen Backup.
    Und über das Geld für die Swisscom-Lösung sowieso nicht. Und das mit den Daten in der Schweiz nützt mich überhaupt nichts – dass es sicherer sein soll, sehe ich grad auch nichts.
    Nicht für ungut. Aber wir sind Fotografen, keine mittelständische Unternehmen oder Informatiker

  3. Hallo
    Datensicherung ist bei mir auch so ne Sache.Also 1 Stunde nach dem Artikellesen habe ich bei mir Mozy installiert und mit dem Gratispspeicherplatz etwas getestet. Also ich muss schon sagen, das hat schon was: meine aktuellen Dokuemente vom Tag, einige Word-Dokuemente, die neuen E-Mails und auch ein Modelrelease wurden immer schön automatisch gesichtert. ich musste dafür nichts tun dafür, was mir doch entgegenkommt. Ich muss noch etwas weiterprüfen und ich weiss nicht, ob ich jetzt künftig alle Bilder oder einfach die wichtigsten runterladen würde. Das Zürückspielen auf den PC vong elöschten Daten ging übrigens viel schnller als das Raufladen. Aber diese gut 5 Franken pro Monat für eine sonst umfassende Sicherung meines PC ist’s mir glaub schon wert.
    An Diskman: wenn der PC kaputt geht, kann man sich mit dem neuen PC online anmelden und die Daten trotzdem wieder zurückspielen.
    Die richtige Backuplösung gibt es ja wohl nicht, da kann vieles schiefgehen.
    Mein Freund hatte auch wie der Diskman schreibt, immer schön Datensicherung gemacht und in den Safe gelegt. Dann ging der PC kaputt und es hat sich gezeigt, dass seit Wochen nichts mehr auf den Sicherungsmedien aufgezeichnet wurde.
    Bis jetzt habe ich mehrere externe Festplatten, aber eben, da den selben Stand zu halten ist so schwierig. Denke Mozy kann mir hier doch weiterhelfen.
    Hat jemand schon Mozy und Erfahrungen gesammelt?

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