Kodak hat heute bekannt gegeben, den Kodachrome Farbdiafilm noch in diesem Jahr aus seinem Portfolio zu nehmen und beendet damit die 74-jährige Geschichte dieser Fotografie-Ikone. Ein harter Schlag für Analogfotografen, für deren aussergewöhnliche Farbaufnahmen der Name «Kodachrome» jahrzehntelang das Losungswort war. Nun ist für sie – und Kodak – eine Ära Vergangenheit.
Die Verkäufe von Kodachrome, des 1935 weltweit ersten kommerziell erfolgreichen Farbfilms, sind in den letzten Jahren dramatisch gesunken. Fotografen arbeiten heute vorwiegend mit neuen Kodak Filmen oder nutzen die digitalen Technologien, für die Kodak einst den Weg bereitete. Kodak geht aufgrund aktueller Verkaufszahlen davon aus, dass die derzeitigen Bestände an Kodachrome Filmen noch bis Herbst dieses Jahres reichen werden. Nutzer von Kodachrome Filmen werden von Kodak nun dazu angeregt, andere Filme auszuprobieren wie den Kodak Professional Ektachrome E100G und den neuen Ektar 100, die sich beide durch ihr extrem feines Korn auszeichnen.
«Der Kodachrome Film ist eine Produkt-Ikone und ein Beleg für Kodaks lange und fortwährende Führungsposition im Bereich der Bildtechnologie», erklärt Lars Fiedler, Marketing Manager Film Capture, Europe, Middle East & Africa Region. «Es war zweifellos eine schwierige Entscheidung, einen Film mit dieser Geschichte aus dem Portfolio zu nehmen. Allerdings verwendet die Mehrheit der heutigen Fotografen für ihre Aufnahmen neuere Kodak Filme oder digitale Technik. Auch in Zukunft wird Kodak diesen Ansprüchen nachkommen und Produkte mit der bestmöglichen Leistung anbieten – sowohl analog als auch digital.»
Während Kodak etwa 70 Prozent seiner Umsätze sowohl mit Geschäfts- als auch Endkundenprodukten im digitalen Bereich erzielt, ist der Fotokonzern – laut der Pressemitteilung von Kodak – im Filmgeschäft noch immer weltweit führend und bleibt diesem Bereich nach wie vor verbunden. Das unterstreiche nicht zuletzt die innovativen Filmprodukte, die Kodak in den letzten drei Jahren auf den Markt gebracht habe. Dazu gehören sieben neue professionelle analoge Filme und verschiedene neue Vision2 und Vision3 Filme für die Filmindustrie.
Dwayne’s Photo weltweit einziges Kodachrome-Fotolabor
Trotz seines Zaubers ist Kodachrome ein sehr komplizierter Film in der Herstellung und noch komplizierter in der Entwicklung. Aus diesem Grund gibt es weltweit nur noch ein Fotolabor, das Kodachrome Filme entwickelt: Dwayne’s Photo in Parsons, Kansas, USA. Dieser Mangel an verfügbaren Entwicklungs-Laboren für Kodachrome sowie die vielfältigen Möglichkeiten, die neuere Kodak Filme bieten, haben den Rückgang der Nachfrage nach diesen speziellen Filmen noch beschleunigt. [Soweit der offizielle Pressetext von Kodak. In Tat und Wahrheit hat sich Kodak immer stärker aus dem wenig rentablen Verarbeitungsbereich zurückgezogen, was eine Verschlechterung der Dienstleistung zur Folge hatte. Musterbeispiel dazu ist die Schliessung des Kodak-Labors in Renens, das noch lange Zeit das einzige Kodachrome-Entwicklungslabor Europas war; Anm der Red.] Dwayne’s Photo hat angekündigt, noch bis Ende 2010 Kodachrome Filme zu entwickeln.
Historische Kodachrome-Aufnahmen und Podcasts auf Kodak.com
Um die Geschichte des Kodachrome Films zu würdigen, präsentiert Kodak symbolträchtige Fotos von McCurry, Eric Meola und Peter Guttman auf seiner Webseite www.kodak.com/go/kodachrometribute, unter anderem das Foto des afghanischen Mädchens. Zudem sind spezielle Podcasts über McCurry und Guttman auf der Kodak Webseite verfügbar. Als weiteres Zeichen der Anerkennung spendet Kodak die letzten Kodachrome Filmrollen dem „George Eastman House International Museum of Photography and Film“ in Rochester, New York, USA – das die weltweit grösste Sammlung an Kameras und verwandten Produkten beherbergt. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kodak.com/go/professional.
Kommentar
Dass Kodak den aufwändigen und in den Verkäufen stark zurück gegangenen Kodachrome-Film aufgibt, ist aus unternehmerischer Sicht zwar verständlich, aus firmenpolitischer zwar nicht ganz. Kaum ein Produkt war mit dem Unternehmen ideell so verbunden, wie der Kodachrome-Film, mit dem während einem dreiviertel Jahrhundert die besten Fotografen der Welt die schäfsten und farbneutralsten Dias gemacht hatten. Kaum empfindlich gegen Hitze und Kälte oder Überlagerung – da im Prinzip ein dreischichtiger Schwarzweissfilm ohne eingelagerte Farbkuppler – waren die Kodachrome-Filme Profilieblinge schlechthin. Nun kommt diese Hiobsbotschaft aus Rochester, die schon vor einigen Tagen noch für ein unglaubhaftes Gerücht gehalten wurde. Und weiter will dieses Gerücht wissen, dass sich Kodak demnächst noch von weiteren Produkten trennen will, die nichts mehr zur Grädung der Verlustkurve beitragen, auf der sich das einst mächtigste Fotounternehmen der Welt im Moment befindet. Obwohl der Entscheid unternehmerisch einigermassen nachvollziehbar ist, kommt man kaum am Eindruck umhin, dass dieser Entscheid von Leuten getroffen wurden, die in ihren Leben noch nie einen Film – geschweige denn einen einen Kodachrome-Film – belichtet und diese Dias projiziert hatten …
Urs Tillmanns