Pressespiegel vom Wochenende zum 18./19. Juli 2009
Roger Federer musste lange um seine Anerkennung kämpfen. Bei SF DRS erfolgte bis zur jüngsten Zeit die Übertragung seiner Spiele nur auf Druck der Zuschauer. Paradox: Der frühere Nobelsport und eine heute auch bei Jugendlichen breit verankerte Freizeitaktivität hat es in den Schweizer Medien nicht leicht.
Während sich das Schweizer Fernsehen wenig um Roger Federer bemüht hat, wurde er seit Beginn der Karriere von der Ringier Presse begleitet und gestützt. Das zahlt sich nun aus. Nach sehr guten Sportbildern in der Schweizer Illustrierte bringt der SonntagsBlick Impressionen aus dem Familienalbum. Für diese intimen Bilder und Gespräche braucht es eine langjährige Vertrauensbasis. Roger Federer ist kein Boris Becker, der seinen Lebensunterhalt nur noch durch Medieninszenierungen finanziert.
Am Montag, dem 20. Juli folgt in der Schweizer Illustrierte eine grosse Reportage mit exklusiven Bildern der Ehrung von Roger Federer in Basel. Sie wird auch fotografisch ein Highlight in seiner Karriere sein. Wir lassen uns überraschen.
Weil DAS MAGAZIN Sommerpause macht, haben wir uns am Zeitschriftenstand nach Alternativen umgesehen. Die Schweizer Familie findet in der Medien- und Werbeszene immer mehr Beachtung, durch qualitativ hochstehende Beiträge und eine für Konsumgüter und Dienstleistungen empfängliche Trägerschaft. Was bringt die aktuelle Ausgabe (16. Juli 2009) an Fotografien?
Über Pepe Lienhard gibt es kaum etwas Neues zu schreiben, und Philipp Rohner porträtiert den vitalen Mittsechziger, wie ihn sein Publikum seit Jahrzenten liebt. Über zwei Dutzend Seiten folgen Agenturbilder, dann Bikermode, aufgenommen von Christian Dietrich, Bastelbeitrag über Sommervögel (Lucas Peters), Kreuzworträtsel und Wandertipp von Heinz Storrer (Text und sehr schöne Bilder aus dem Lauenental). Solid präsentiert ist zum Abschluss eine Reportage über den einzigen Hausarzt im Bergell mit Bildern Marco Zanoni. Eye-catcher ist eine Aufnahme mit Dr. Hans Bänninger in einer Einsatzweste, auf der er (von hinten) als „Arzt“ angeschrieben ist. In Soglio, wo jeder jeden und vor allem den guten Herrn Doktor kennt, doch etwas abstrus. Die Schweizer Familie ist solid und verlässlich, auch für Fotografen. Doch wer wird das Traditionsblatt in einigen Jahren noch abonnieren?
Erst vor wenigen Jahren vertiefte man sich auch als Zürcher am Samstag gerne in die Basler Zeitung (BaZ). Intellektuell brillante Beiträge von Aurel Schmidt bereicherten unser Wissen. Oft entdeckte man junge Fotografen. Hin und wieder leuchtete die liberale Tradition der verblichenen National Zeitung noch schwach hervor. Nun hat sich die BaZ aus der nationalen Szene schrittweise verabschiedet. Durch massiven Stellenabbau und Reduktion der eigenen Berichterstattung zu nationalen Themen ist sie zu einem Regionalblatt und zum Übernahmekandidaten geworden. Gemäss Gerüchten wird gepokert, ob TA-Media oder die NZZ sich den Standort Basel einverleiben werden. Logischer Partner wäre ein Dritter, wie die Süddeutsche Zeitung des Holtzbrinck-Konzerns, der in der grössten grenzüberschreitenden Wirtschaftsregion der Schweiz im Dreiländereck neue Akzente in die Medienszene setzen könnte.
Über das Blue Balls Festival wurde im Vorfeld viel gewitzelt, wie, „Hatte ich auch mal, als ich mit dem Bike gestürzt bin“. Trotz der schlüpfrigen Namensgebung findet das Kulturfestival in der Presse ein positives Echo. Es richtet sich an ein Publikum, das weder in St. Gallen im Dreck liegen noch auf dem Gurten in den Biersumpf steigen will. Paradox: Ein Sommerfestival, das man in durchaus gepflegter Kleidung und mit angenehmem Mitpublikum geniessen darf, ist nun „alternativ“.
Das Magazin zum SonntagsBlick vermittelt einen Ausschnitt aus der Ausstellung von Fotoporträts von Olaf Heine im KKL. Heine ist Autodidakt und begann ab 1991 in der Rockszene seiner Generation zu fotografieren. Snoop Dogg, Herbert Grönemeyer und Chris Martin hat er vor die Kamera gebracht. Legendär ist das Porträt von Snoop Dogg verkleidet als Shaolin Mönch. Die Ausstellung ist sehenswert, selbst wenn man keines der Konzerte besucht. Sie findet in der VIP-Lounge statt. Leider weiss man nicht, wer dazu Zugang hat.
Das Festival ist in der sonst für Medienleute perfekten Infrastruktur offensichtlich nur eingemietet und die Initiatoren sollten sich die Medienarbeit überdenken. Die Internetpräsenz, gestaltet von ROSA ist „flashig“, doch die meisten Benutzer und Medienleute dürften über das Intro kaum hinausgekommen sein. Tipp: Man muss mit einem Mausklick „Balls“ abfangen. ROSA findet den Gag selbst „mega“, wir nicht und wünschen uns für eine kommende Auflage einen Medienbereich, ohne „Balls“. (Bild: Olaf Heine, z.V.g. von Kollegen)
Wie vermarktet man einen Kornkreis? Beiträge zu diesem Galaxien bewegenden Thema finden sich in der gesamten Sonntagspresse (Bild: Beni Sidler, Newsnetz). Mit Ironie hat der SonntagsBlick die Fotos von Sabine Wunderlin im Ressort Wirtschaft publiziert. Man zeigt den Kreis aus der Vogelperspektive, der sich nur zu gut in die Asymmetrie der Parzelle einfügt und die Grundformen aufnimmt. Die Ausserirdischen müssen irgendwann einen Brennkurs für Bauernmöbel an der Landwirtschaftlichen Schule des Kantons Thurgau besucht haben. Zwei selbst für den Thurgau junge Unternehmer (Josias, 15 und Marlon, 17) ermöglichen eine Blick auf das Feld und unbeschränktes Fotografieren für CHF 5.-. Wer spricht da noch von Sommerloch?
Hoffen wir, dass der Dauerregen dem Spektakel in Hörhausen/TG nicht vorzeitig ein Ende setzt.