Träume auf Celluloid beherrschen heute die Welt. Das Kino entwickelte sich seit dem frühen 20. Jahrhundert rasch zu einem der wichtigsten Massenmedien. Das Museum Neuhaus Biel zeigt in einer umfassenden Ausstellung der Cinécollection W. Piasio die technische Geschichte des Kinos. Es ist eine in der Schweiz einzigartige Kino-Sammlung, welche mit einer Vielzahl von Objekten insbesondere die Vorgeschichte und die Pionierzeit des Kinos illustriert.
1895 wurden die ersten Kinofilme vorgeführt, und rasch eroberte das neue Me-dium Kino die Welt und fasziniert seither die Massen. Die auf die Kinoleinwand projizierten grossen lebensechten Bilder vermitteln einem die Illusion scheinbar realer Welten. Die Erfindung des Kinos war dabei alles andere als ein Zufall, sondern sie baute auf bereits bekannten Techniken der Bild-Projektion, der bewegten Bilder und der Fotografie auf. Schon seit Jahrhunderten hatte man verschiedene Techniken der Illusion entwickelt, mit denen man die Menschen mit effektvollen und animierten Bilder zum Staunen brachte: Camera Obscura, Guckkasten, die Projektion mit der Zauberlaterne, optische Spielsachen mit bewegten Bildern, dreidimensionale Bilder usw. – die Ausstellung präsentiert alle wichtigen Etappen dieser Entwicklung, und frühe Kino-Projektoren und Kameras erinnern zudem an die Pionierphase des Mediums. Zahlreiche Modelle ergänzen die eindrückliche Auswahl originaler Objekte und lassen Jung und Alt die Magie der Kinogeschichte erleben.
(Foto: Patrick Weyeneth © Museum Neuhaus, Biel)
Die Ausstellung
Die Pionierphase des Kinos
Im ersten Ausstellungsraum wird an die Pionierphase des Kinos erinnert. Ein Glanzstück der Ausstellung ist der Cinématographe Lumière aus dem Jahre 1895, der den Beginn des neuen Mediums markiert. Verschiedene andere Hersteller produzierten bald – zunehmend industriell in grösseren Serien – Kameras und Projektoren. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl Kameras und Projektoren, die typisch für die Stummfilmzeit mit ihren bekannten Filmhelden waren.
Der Cinématographe Lumière
In den Jahren um 1890-1895 befassten sich Dutzende von Forschern mit dem Phänomen bewegter Bilder und der Darstellung von Bewegungsabläufen (zum Beispiel Thomas A. Edison oder Max Skladanowsky). Eine wesentliche Rolle spielen die Brüder Auguste und Louis Lumière (1862-1954 / 1864-1948). Sie führten die vom Vater gegründete Fabrik für Fotoplatten und -Chemikalien weiter. Am 22. März 1895 stellten sie ihren Cinématographen mit 15 selbst gedrehten Kurzfilmen von je rund einer Minute Dauer erstmals geladenen Gästen vor, am 28. Dezember 1895 folgte die erste öffentliche Vorführung im Grand Café am Boulevard des Capucines in Paris. Die Gebrüder Lumière konzentrierten sich in der Folge auf die Produktion von Fotoartikeln und verkauften ihr Patent für den Cinématographe 1897 an Charles Pathé, der die Industrialisierung des Kinos weiter vorantrieb. (Foto: Daniel Mueller © Museum Neuhaus, Biel)
Der Schmalfilm: Kino für den Amateur
Die Ausstellung beleuchtet ebenfalls den Amateurkino-Bereich. Damit Filmen zum privaten Hobby werden konnte, brauchte es vor allem eine Verbilligung des kostspieligen 35mm-Filmmaterials. Bahnbrechend war die französische Firma Pathé, die 1922 das 9,5mm-Filmformat auf den Markt brachte. Die Filme waren hier in der Mitte zwischen den einzelnen Bildern perforiert. Kodak lancierte 1923 das 16mm-Filmformat, das aber für breite Kreise immer noch zu kostspielig war. Erst der 1932 eingeführte preisgünstigere 8mm-Film konnte sich als Massenformat im Amateurbereich ausbreiten. 1964 brachte Kodak das Super-8-Format heraus. Das Heimkino wurde in der wachsenden Wohlstandsgesellschaft der 1960er Jahre zu einem Massenprodukt.
Die Vor-Geschichte des Kinos: Die Grundlagen des modernen Kinos
In einem zweiten grossen Saal macht die Ausstellung deutlich, dass die Erfindung des Kinos keinem plötzlichen Geistesblitz eines genialen Erfinders zu verdanken war. Schon Jahrhunderte vor dem modernen Kino liessen sich die Menschen durch illusionistische Bilder verzaubern. Bereits im 17. Jahrhundert schuf die Zauberlaterne beispielsweise mit ihren projizierten Glasbildern eine neue künstliche Erfahrungswelt, eine erste, noch zaghafte Andeutung der Traumfabrik Hollywood unserer Tage. Mittels verschiedener optischer Spielsachen lernten die Bilder im 19. Jahrhundert laufen, sie erzeugten die Illusion, dass Bilder auf Papier lebendig werden.
Alle wichtigen Erfindungen des «Vor-Kinos» werden in der Ausstellung vorgestellt:
Die Camera Obscura
Ebenso einfach wie genial – und zudem grundlegend für die Entwicklung von Fo-tografie und Kino – ist die Camera Obscura (lateinisch: dunkler Raum). Bohrt man in eine Wand eines geschlossenen dunklen Raums ein kleines Loch, projizieren die Lichtstrahlen des hellen Aussenraums das Aussenbild durch das Loch auf die gegenüberliegende Innenwand – allerdings steht das Bild auf dem Kopf. Die Camera Obscura war seit dem späten Mittelalter bekannt, eine erste technische Beschreibung stammt von Leonardo da Vinci (1452-1519). 1990 wurde der ehemalige Fischpavillon vor dem Museum Neuhaus zu einer begehbaren Camera Obscura umgebaut.
Foto: Urs Tillmanns
Handschatten und Schattentheater
Zu den ältesten bewegten Bildern gehören Schattenfiguren. Seit Urzeiten spielten die Menschen mit den Schatten, die vom Licht auf Wände geworfen wurden. Im 18. Jahrhundert wurde das Schattentheater als «Ombres Chinoises» (Chinesische Schatten) auch in Europa heimisch. Schattentheater in Miniaturausgaben stellte man hier seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert auch als Spielzeug für Kinder her.
Die Laterna magica oder Zauberlaterne: die Projektion von Bildern
Eine wesentliche Voraussetzung für die Erfindung des Kinos war die Zauberlaterne. Mit ihr konnte man Bilder auf Glasscheiben auf eine Wand projizieren. Als man im 17. Jahrhundert begann, mit Zauberlaternen Bilder zu projizieren, war das Weltverständnis war noch nicht so rational und wissenschaftsgläubig wie heute. Für die damaligen Menschen schien das eine Art Zauberei, Magie, zu sein, wenn im Dunkeln plötzlich grosse Bilder aus einem kleinen Kasten an die Wand geworfen wurden.
Zauberlaternen wurden dann seit dem 19. Jahrhundert in grossen Serien von Blechschmieden oder Fabriken für Blechspielzeug produziert. Die Ausstellung zeigt eine beeindruckende Vielfalt unterschiedlichster Zauberlaternen, die oft fantasievolle Formen und Dekors aufweisen. Der Fantasie war auch bei der Herstellung der Glasbilder keine Grenzen gesetzt: Märchen, Kurzgeschichten, lustige Bilder, Fabeltiere, Genrebilder, aber auch Darstellungen von fremden Kontinenten oder wilder Tiere wurden an die Wand gezaubert. (Foto: Daniel Mueller © Museum Neuhaus, Biel)
Anamorphosen: die Grundlage für das CinemaScope
Die Ausstellung stellt auch Anamorphosen vor, dies sind absichtlich perspektivisch verzerrt gemalte Bilder, die erst als Spiegelbild auf einem Metallzylinder oder einer Metallpyramide ihre richtige Form erhalten. Diese Bildtechnik wurde in der Renaissance entwickelt. Später, im 18. und 19. Jahrhundert, wurden Anamorphosen auch als optische Spielerei zum Amusement der Eliten hergestellt. Diese Bildtechnik liegt dem CinemaScope, dem Breitlandwandkino, zugrunde. Die breiten rechteckigen CinemaScope-Bilder im Format 2,35:1 werden bei der Aufnahme in der Senkrechten auseinander gezogen und im normalen Filmformat von 1,375:1 abgespeichert. Bei der entzerrenden Projektion mit einer Speziallinse wird das breite Format wieder hergestellt. CinemaScope-Filme wurden seit den 1950er Jahren in den Kinos gezeigt.
Das Thaumatrop: Die Wunderscheibe (1825)
Auf beiden Seiten einer rundenKartonscheibe wird je ein Teil eines Motivs dargestellt. Lässt man die Scheibe mittels der beidseitig an-gebrachten Fäden rasch um ihre Achse drehen, verschmelzen die beiden Dar-stellungen im Auge des Betrachters zu einem Bild. Die ersten Thaumatrope waren noch handkolorierte Kartonscheiben. Bald stellten verschiedene Spielzeughersteller unter verschiedenen Namen (The Magic Circle, Wunderscheibe, optische Zauberscheibe etc.) farbig bedruckte Thaumatrope her.
(Foto: Daniel Mueller © Museum Neuhaus, Biel)
Das Phenakistiskop oder Lebensrad (1833)
Diese optische Spielzeug zeigt die Grundfunktion aller nachfolgenden Modelle: Phasenbilder müssen sich vor dem Auge vorbeibewegen und müssen laufend durch eine Art Blende unterbrochen werden. Hier werden einer Scheibe werden Phasenbilder einer Bewegung gemalt, durch umlaufende Sehschlitze wird das sich drehende Rad in einem Spiegel betrachtet – und die Bilder werden lebendig!
Das Zootrop oder die Wundertrommel (1834)
Eine wesentliche Verbesserung des Lebensrades war das Zootrop. Auf einem Metallzylinder wurden parallel zur Achse Sehschlitze angebracht. In den Zylindern wurden Bildstreifen mit Phasenbildern hineingelegt. Dreht man den Zylinder mit einer ausreichenden Geschwindigkeit, werden die Phasenbilder beim Blick durch die Sehschlitze lebendig. Erst um 1870 wurde die «Wundertrommel» als Spielzeug popularisiert.
(Foto: Daniel Mueller © Museum Neuhaus, Biel)
Das Praxinoskop
1877 patentierte der Franzose Emile Reynaud (1844-1918) sein Praxinoskop (Tätigkeitsseher). Es brachte im Vergleich zum Zootrop eine wesentliche Verbesserung der Bildqualität. Es braucht weder Sehschlitze noch Dunkelpausen, und es kommt daher mit weniger Licht aus. Die Bilder werden durch einen im Zentrum der Trommel angebrachten prismatischen Spiegel betrachtet. Schwarze Flächen zwischen den einzelnen Phasenbildern auf dem Bildstreifen und der prismatische Spiegelkranz sorgen für den stroboskopischen Effekt respektive den optischen Ausgleich: Das Auge kann beim Drehen der Trommel ein Bild solange stillstehend sehen, bis das nächste Bild sichtbar wird.
Das Daumenkino oder Folioskop
Seit dem 19. Jahrhundert wurden kleine Büchlein mit Phasenbildern als «Flip-Books», «Feuilleters», «Folioscopes» oder «Daumenkino» angeboten. Bis heute hat dieses einfache Spielzeug nichts von seinem Reiz eingebüsst.
Ein «Schlüssellochgucker»: Das Mutoskop (um 1895- 1900)
Grössere Bilderserien wurden seit 1894 in einem sogenannten «Mutoskop» gezeigt. Im Inneren des Mutoskops sind 800 bis 1000 Papierkopien einer Fotoserie, die einen Bewegungsablauf zeigt, radial auf einer Walze befestigt. Im beleuchteten Gehäuse wurden die auf einem Zylinder aufgebrachten Bilder mittels einer Kurbel mechanisch geblättert. Durch das vergrössernde Binakular kann der Betrachter so eine kleine Szene mitverfolgen. Die Mutoskope standen meist auf Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Plätzen, nach dem Einwurf einer Münze konnte man die lebenden Bilder betrachten. Da Mutoskope meist Frauen in erotischer Pose zeigten, nannte man sie auch «Schlüssellochgucker». Neben den grossen Geräten waren bald einmal auch einfachere Tischmodelle erhältlich.
Der Guckkasten
Der Guckkasten gehört nicht eigentlich zu den technischen Grundlagen des Kinos, illustriert aber die Lust der Menschen am Sehen besonders animierter Bilder. Seit dem 17. Jahrhundert führten Schausteller ihre Guckkasten-Bilder vor. Mit Linsen und Spiegel wurde der Eindruck einer perspektivischen Tiefe erweckt. Auch wurden manchmal mehrere ausgeschnittene Blätter kulissenartig hintereinander im Kasten montiert, die man dann durch eine Guck-Öffnung betrachtete. Zweiseitige bemalte oder gedruckte transparente Ansichten oder leicht durchbrochene Bilder ergaben je nach Beleuchtung zauberhafte Anblicke. Mit speziellen Guckkasten, zum Beispiel dem 1849 patentierten «Polyorama Panoptique» konnten Verwandlungsbilder mit Tag- und Nachteffekten gezeigt werden.
Stereoskopie: die dritte Dimension
Durch den Augenabstand nehmen unsere Augen zwei nicht völlig identische Bilder wahr. Erst im Gehirn verbinden sich die beiden Bilder zu einem einzigen Bild mit räumlicher Tiefe. David Browster (1781-1868) nutzte diese Erkenntnis zum Bau eines Fotoapparats mit zwei Objektiven, deren Abstand dem der Augen entspricht. Betrachtet man nun die beiden nur leicht verschiedenen Fotografien in einem Stereobetrachtungsgerät mit optischen Linsen, ergibt sich der Eindruck eines dreidimensionalen Bildes. Stereoskopische Betrachtungsgeräte aller Art eroberten sehr schnell das Interesse von Jung und Alt.
Die Ausstellung zeigt nicht nur eine in der Schweiz einzigartige Sammlung originaler Kino-Apparate, Zauberlaternen und optischer Spielsachen. Anhand verschiedener Modelle und Filme können die kleinen und grossen Besucher auf anschauliche und unterhaltsame Art das Geheimnis des Kinos – die Welt lebendiger Bilder auf der Kinoleinwand – verstehen lernen.
Zur Kino-Sammlung William Piasio im Museum Neuhaus Biel
Der Bestand der Ausstellung im Museum Neuhaus geht auf die Kino-Sammlung William Piasio (1926-2004) zurück. Piasio trug während Jahrzehnten mit grosser Leidenschaft und breitem Sachwissen eine aussergewöhnliche Sammlung von Dokumenten und Apparaten zur Geschichte des Kinos zusammen. Er verkaufte seine Sammlung im Jahre 1988 der Stadt Biel mit der Auflage, dass die Sammlung im Museum Neuhaus permanent unter dem Namen «Kino-Sammlung W. Piasio» der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde. Seither wird die Sammlung vom Museum Neuhaus Biel unter der Leitung von Dr. Pietro Scandola betreut und mit Ankäufen und Geschenken laufend erweitert.
Katalog
Zur Ausstellung ist ein reich illustrierter Katalog erschienen (66 Seiten, farbig illustriert, deutsch und französisch erhältlich.) Er ist für Fr. 10.- im Museumshop erhältlich.
Die Technik der Illusion: Von der Zauberlaterne zum Kino Museum Neuhaus Biel Adresse / Kontakt: Museum Neuhaus Biel, Schüsspromenade 26, 2501 Biel Bienne, Tel. 032 328 70 30/31, Fax 032 328 70 35, e-mail: info [at] mn-biel.ch, www.mn-biel.ch Öffnungszeiten / Eintrittspreise: Dienstag – Sonntag 11-17 Uhr, Mittwoch 11-19 Uhr. (Führungen für Gruppen auch ausserhalb der normalen Öffnungszeiten möglich). Weitere informationen: www.mn-biel.ch, Tel. 032 328 70 30/31 |
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich weiss nicht wie weitgehend Sie sammeln. Ich hätte einen Voigtländer Zettomat IIProjektor zu verschenken. sind Sie interessiert, ich könnte Ihnen diesen am 21.1.2010 bringen, weil ich dann in Biel bin.
Tel. Kontakt 079 662 37 84
Freundliche Grüsse
Werner Weber
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