Pressepiegel zum Wochenende vom 1./2. August 2009
„Man sollte den 1. August verschieben können“, wünschte sich der Dirigent der Stadtmusik in K. Für seinen grossen Auftritt fehlten ihm ferienhalber einige tragende Musikanten. Auch mit reduzierter Formation wurde die weit über die Region hinaus bekannte Blasmusik mit frenetischem Applaus bedacht.
Der Beitrag wird am Donnerstag seitenfüllend im Stadtanzeiger erscheinen, die Leser/innen freuen sich über Bilder von ihren Enkelkindern und einige von ihnen sind sogar namentlich erwähnt. Kleinverlerleger, die gut in ihrer Region verankert sind, erweisen sich als weitgehend krisenfest. „Lokalblettli“ sind durch die Nähe zu den Lesern beweglicher und innovativer als die Konkurrenz. Schon einige Stunde nach der Feier lassen sich Bilder auf Facebook aufschalten oder über Twitter zugänglich machen.
Grösseren und mittleren Blättern fiel es nicht schwer, dass am Samstag, dem 1. August keine Zeitung erscheinen musste. Der Monat Juli dürfte sich für den Inseratemarkt wiederum als schwach erwiesen haben, und für den August ist kein Aufschwung zu spüren. In der Sendung Sonntalk vom 26. Juli auf Tele Züri sprach Matthias Akeret, Chefredaktor des Branchenblatts Persönlich von einer Medienkrise, die uns erst noch bevorsteht, – und namentlich erwähnte er die NZZ. Bilanz und selbst die Handelslzeitung machen Sommerpause mit Doppelnummern. Wie Klein Report berichtet, sei bei der Handelszeitung kein einziger Kommentar eingegangen, was nicht sehr beruhigend wirken dürfte.
Positiv überrascht DAS MAGAZIN. Man hätte eine Sommerpause erwartet, und die Doppelnummer 31/32 kündigt an, das man erst wieder am 15. August mit einer nächsten Ausgabe zu rechnen hat. Für Fotointeressierte ist die aktuelle Ausgabe von zweifachem Wert. Seit langem findet sich mehr als eine sehenswerte Fotoreportage. Der Text von Michèle Roten über die indische Begräbnisstadt Varanasi wird ergänzt durch eine Fotoreportage von Edgar Herbst.
Maurice Haas fotografiert Bahnhofjugend in der Schweiz dort, wo die Geleise aufhören (Text Sacha Batthyany). So etwas hat man auch schon gesehen, doch man spürt, wie Haas die Bilder gemeinsam mit seinen Darsteller/innen entwickelt. Wir sehen das Portfolio bereits in der nächsten ewz.selection. Dass Stile und Themen über Jahre in DAS MAGAZIN weiter entwickelt werden können, ist eine Stärke dieses Mediums.
Eine weitere, hervorragende Fotoreportage findet sich als Supplement des obligaten 1. August Berichts des Tages-Anzeiger ebenfalls auf der Website von DAS MAGAZIN. Florian Leu und der Fotograf Daniel Winkler haben die Schweiz in fünfzehn Tagen diagonal durchwandert. Auch das gab es schon. Doch Leu findet den Zugang zu den „kleinen Leuten“, zur Alltagsschweiz und versucht sich in der Rolle des Beobachters von Aussen. Die Aufnahmen von Winkler auf der Website sind sehenswert, auch wenn Print das bessere Medium wäre. Doch vielleicht gibt es einmal ein Buch?
Während sich im Raum Zürich das Ferienende abzeichnet, beginnen die schönsten Wochen des Jahres in Frankreich und Italien erst. Der August ist für People Magazine einer der besten Monate, denn man möchte doch wissen, wer mit wem und findet Zeit, zu lesen. Die Strandreportagen werden bereits ab Juni vorproduziert, denn feine Leute lassen sich blicken, bevor sie in den Menschenmassen untergehen.
Die Schweizer Presse kennt diesen Hype nicht. Das magazin zum SonntagsBlick bringt eine doppelseitige Europakarte („Text“ Helmut-Maria Glogger) mit den Ferienorten von Promis, die irgendwie mit der Schweiz in Verbindung stehen. Amüsant: Es ist eine Shortlist von Namen, die Glogger als „prominent“ betrachtet und die vermutlich in seinem Adressbuch stehen. Doch zuvor im Heft findet sich eine achtseitige und wirklich dämliche Reportage über Loulou von Brochwitz (Text Gabrielle Kleinert, Fotos Dominik Butzmann).
Für den nächsten Sommer wünschen wir uns mehr Beach, echte VIPs und einige kleine Skandale. Doch dazu reicht das Budget an der Dufourstrasse offensichtlich nicht mehr. Da greifen wir lieber zu Ici Paris.
Die Schweizer Illustrierte mit 12 Seiten über die Zwillingsgeburt der Federers verkaufte sich hervorragend und war an vielen Kiosken schon Mitte der Woche nicht mehr erhältlich. Nur realisierten die meisten Käuferinnen nicht, dass sie im Innern wohl ältere Bilder der stolzen Eltern, doch keine Porträts der süssen Babies fanden. Es war eine Mogelpackung. Wie vom schlechten Gewissen geplagt, fragt der SonntagsBlick nun nach, wie viel Babybilder wert sind. Bereits im Nachbarland Deutschland wird von der immerhin auflagenstärksten Zeitung der Wert der Bilder auf lediglich „zweieinhalb bis fünftausen“ Euro geschätzt. In England dürfte der Betrag für eine Exklusivpublikation etwas höher ausfallen. Boris Becker hätte dort nach dem Wimbledon-Sieg für ein Baby-Foto umgerechnet eine Million Euro verlangen können.
Das war die gute, alte Zeit. Die Ankündigung von Becker, wiederum Vater zu werden, bewältigten die Bildredaktoren der People Presse zum tiefsten Tarif. Auf einem bereits mehrfach publizierten Schnappschuss der Beckers wurde die Bauchpartie von Lilly mit einem gelben Kreis markiert, – und mindestens der Kreis dürfte lizenzfrei sein.