Pressespiegel zum Wochenende vom 9./10. August 2009
Die Zürcher Street Parade sorgt nicht mehr für Schlagzeilen. In der Berichterstattung am Samstagabend finden sich über die Medien hinweg beinahe identische Texte und vor allem die gleichen Bilder. Nahezu alle werden aus dem Angebot von Keystone bezogen, – bequem und kostengünstig. (Bildnachweis: Street Parade).
Noch vor wenigen Jahren sind von den Pressehäusern an der Dufourstrasse, der Falkenstrasse und der Werd die besten Fotograf/innen ausgeschwärmt, um coole Szenen zu erfassen. Heute ist der Reiz verflogen, etwas blanker Busen genügt. Keystone liefert ihn, und hätte fotografisch Besseres zu bieten. Immerhin bringt Blick Online in seiner Bildstrecke und auf Seiten 8/9 im SonntagsBlick Luftaufnahmen von Reuters.
Sonst setzen die Blick-Medien auf Bildli von Textjournalisten und Praktikanten (Bildnachweis jeweils als „Webcenter“), und sie setzen auf „Leserreporter“.
Von einem Freizeitmitarbeiter stammt das „Skandalbild“ der Woche. Doch ist es echt? Mit der Berichterstattung über Blüttler- und Swingerszenen an den Flussläufen im Sopra Ceneri füllte der Blick ein Sommerloch. Und ist das am meisten angeklickte und weitergeleitete Leserbild wirklich ein Leserbild? Bei uns kommen Zweifel auf. (Bildnachweis: Blick).
Mit einem Handy wurde die Aufnahme zweifellos nicht geschossen, denn die Kontrastwiedergabe schafft nur eine hochwertige Digitalkamera. Zudem ist die Foto zu gut gestaltet, um als spontaner Schnappschuss durchzugehen. Und überhaupt, die beiden treiben es wie auf dem Set eines billigen Pornofilms und könnten als C-Movie Darsteller/innen durchgehen. Hat sich jemand einen Scherz erlaubt oder eine News-Nische ausgelotet? Besteht das Bild ev. aus zwei Photoshop-Ebenen? Die Analyse der Online-Datei lässt keine weiteren Hypothesen zu. Doch spätestens vor Weihnachten werden getürkte Leserbilder zum Thema.
SonntagsBlick klopft sich auf Seiten 2-3 mit Prominenten als Praktikant/innen selbst auf die Schulter. Was Melanie Oesch von Bildredaktion versteht, bleibt bei aller Sympathie zur jungen Dame ein Rätsel. Immerhin wissen wir nun, dass sie Backstage eine Brille trägt, vermutlich von Max Mara.
Mit Roger Federer hat es die People Presse nicht leicht. SonntagsBlick ist in argen Nöten und hat ein Werbebild von LearJet auf Seite 22/23 mit dem Bild der Federer Twins und einem Songtext von Reinhard Mey kombiniert.
Mit dem Gratisangebot der „Amateur“-Aufnahme seiner Familie auf Facebook verzichtet Federer auf Tantiemen, gewinnt jedoch sehr viel mehr an Prestige bei seinen Sponsoren und Fans als bei einer Vermarktung gegen Geld. Die Facebook Site von Federer wird durch einen Avatar professionell betreut. Viele „Freund/innen“ geben sich der Illusion hin, mit Federer selbst zu korrespondieren. Facebook ist zur Zeit die grösste Herausforderung für die People Presse, im Print wie Online.
Die Suche nach guten Fotoreportagen ist am letzten Ferienwochenende wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. DAS MAGAZIN überspringt eine Nummer, doch im magazin zum SonntagsBlick findet sich etwas. Michael Obert („Regenzauber“) hat mit Daniel Rosenthal Kinderarbeiter in Schokoladen-Plantagen an der Elfenbeinküste besucht. Text und Aufnahmen sind sehr eindrücklich und können in Handel und Industrie auch bei uns etwas bewegen.
Für das kommende Wochenende hoffen wir auf gute, aktuelle Fotoreportagen, People- und Lifestyle Berichte mit Originalfotos, sonst versinken auch wir Spätsommerloch.
Wie schliesst die Promi-Party auf der Redaktion des SonntagsBlick ab? „So, jetzt sind die Leser dran.“, – und diese braucht unsere Presse im matchentscheidenden dritten Quartal mehr denn je.
Zur Streetparade haben die etablierten Medien im Vergleich zu den privaten Bildersites seit je her wenig zu bieten. Ein Beispiel:
http://streetparade.romanvirdi.com
@smoothie Grossartige Bilder, wie sind sie entstanden?