Noch nie wurde die Vernissage für eine Single Exhibition, sprich Werkschau, eines Schweizer Fotografen derart „gepushed“, wie die Ausstellung über das Schaffen von Michel Comte der vergangenen dreissig Jahre im Museum für Gestaltung in Zürich. Mehrere prominente Berufskollegen, Kulturkritiker und Sammler machten Vorbehalte gelten und liessen sich (noch) nicht auf den Event ein.
Zu Unrecht, denn die Ausstellung ist hervorragend konzipiert und gestaltet. Selbst wer nicht alle Bilder von Comte mag und viele nicht als museumswürdig betrachtet, verpasst mehr als George Clooney, Uma Thurman und Carla Bruni im Überformat.
Nur einige der etwa 600 Besucherinnen und Besucher haben sich am vergangenen Samstagabend auf Berühmtheiten aus Hollywood eingestellt. Zu Gast waren auch Ex-Promis und Ex-Missen aus der Schweizer Szene, und Meinungsträger ohne Dünkel, wie Kurt Aeschbacher. Auftraggeber wie Frank Bodin und andere langjährige Geschäftspartner aus der Werbung genossen den Sommerabend in interessanten Gesprächen.
Das Publikum an der Opening Night war schwierig einzustufen. Die Kleider stammten eher aus Sihlcity als aus den Trendboutiquen im Kreis 4. Deutlich schieden sich Spreu und Weizen nach den kurzen Ansprachen im Vortragsaal. Insider wählten nach der Treppe den Weg rechts zum Buffet, denn das Museum für Gestaltung ist bekannt für kulinarische Genüsse. Die Mehrheit der Gäste, die mit der Lokalität nicht vertraut waren, sammelte sich vor der Ausstellung. Viele blieben länger als geplant und kamen erst zurück, als die Platten weggeräumt waren. Hunger leiden musste niemand, denn vor dem Museum hatte die Metzgerei Ryf einen Grillstand aufgebaut, und das Fotofest zog sich bei Bier und einer der besten Bratwürste von Zürich bis gegen Mitternacht hin.
Selbst wenn man mehrere Werkschauen von Fotografen in Erinnerung hat, ist man von der Ausstellung fasziniert. Sie verführt in einzelne Kammern, die Erlebnisse vermitteln. Der rote Faden ist die von Comte durchlebte Zeitgeschichte mit Mode- und Peoplefotografie. Miles Davies ist ebenso präsent wie andere Popstars, und immer wieder trifft man auf die „Originale“ der Covers von Vogue.
Doch an diesen Bildern scheiden sich die „Geister“.
Michel Comte hat sich wie kaum ein anderer europäischer Fotograf auf die Postproduktion verlassen. Von der Organisation des Shootings bis zum finalen Cover durchläuft das Bild einen langen Produktionsprozess, in dem, vergleichbar mit dem Film, zwanzig bis dreissig Personen kreativ und handwerklich mitwirken. Die in der Presse genannten CHF 50 000.- pro Tag liegen dann doch im Bereich für den Produktionsaufwand eines Fernsehspots, – und jenseits des Tageshonorars eines Starfotografen.
Leider gibt es keinen Abspann wie im Film. Der Erfolg der Ausstellung ist auch eine Hommage an das Labor Tricolor in Zürich, dem Comte einige der besten Prints verdankt.
Roni Ochsner und sein Team wurden in der Laudatio nicht erwähnt. Nach einer berührenden Liebeserklärung an Ayako versicherte Comte, er möchte persönliche und humanitäre Projekte in den Vordergrund seines Schaffens stellen. Dass Comte ein hervorragender Reporter und Porträtist ist, wussten wir bereits vor der Ausstellung.
Wir freuen uns auf die nächste Werkschau. Doch heute Abend vorerst auf Glanz&Gloria auf SF DRS.
Museum für Gestaltung, bis 3. Januar 2010
Beitrag Blick (mit Video)