Nur ein Jahr nachdem das Schweizerische Landesmuseum, unterstützt von der Sophie und Karl Binding Stiftung die Sammlung Herzog erworben hat, präsentiert die Fotohistorikerin und Kuratorin Ricabeth Steiger unterstützt vom Ehepaar Ruth und Peter Herzog eine Auswahl von Bildern, die unsere Geschichte bis in die sechziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts dokumentiert.
Aus Begeisterung für die Fotografie begann der Basler Anwalt Peter Herzog mit seiner Ehefrau Ruth in den siebziger Jahren grössere Bestände von Prints und Alben für seine Privatsammlung zu erwerben. Die auf über 600’000 Bilder angewachsene Sammlung dürfte zum grössten Privatarchiv der Schweiz geworden sein.
Nun sind die Ausstellung im Schweizerischen Landesmuseum und die Würdigung ihrer Leidenschaft und Kompetenz durch Guido Kalberer, Kulturchef des Tages-Anzeiger in der Ausgabe vom 22. Oktober 2009 ein verdienter Höhepunkt in ihrem Sammlerleben.
Hinter der Präsentation steht wissenschaftliche Kleinarbeit. Es galt, den Inhalt der Bilder und ihre Entstehungsgeschichte zu erschliessen, dann, sofern der Fotograf bekannt, die Urheber- und Reproduktionsrechte abzuklären. Wenn die Ausstellung „nur“ 300 Bilder und das gleichzeitig im Limmat-Verlag erschienene Buch „lediglich“ 100 Aufnahmen wiedergibt, gilt es den Aufwand von mehreren tausend Arbeitsstunden zu würdigen.
Das vorläufige Resultat der Aufarbeitung überzeugt und ist ein Meilenstein in der Erschliessung des reichen fotografischen Erbes durch unser Nationalmuseum.
Die Ausstellung ist in drei Bereiche aufgegliedert. Der erste Raum führt vom Agrar- zum Industrie- dann zum und Dienstleistungsstaat. Die Fotografie trug wesentlich zur Bildung des Image der Schweiz als Land von Milch, Käse und Schokolade bei. Aus der Reproduktion von Naturschönheiten entstand die Postkartenindustrie. Die bereits früher der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellte Sammlung der Gebrüder Wehrli dominiert, quantitativ wie qualitativ.
Raum 2 zeigt die Erschliesung der Schweiz durch Verkehr und Kommunikation, durch Strassen und Schienen bis hin zum Abheben auf Flügeln der Swissair. Im Raum 3 fokussiert sich die Ausstellung auf das interessanteste Thema, die Menschen. Das fotografische Porträt in der Reportage, im Studio und in der Presse bildet den Schwerpunkt.
Während man in den beiden ersten Räumen der Ausstellung wenig neue Impulse spürt, ist die Darstellung des Menschen innerhalb dieser Periode hervorragend gelungen. In einem Projektionsraum steht man Männern, Frauen und Kindern der Epoche Auge in Auge gegenüber und wird Teil der Zeitgeschichte.
Das Landesmuseum Zürich und seine fotohistorische Abteilung hat mit dieser Ausstellung in der Fotoszene der Schweiz an Punkten gewonnen, und zweifellos auch an Unterstützung für die substantielle und stille Arbeit von Ricabeth Steiger und ihrem Team für die kommenden Jahren.
Aufbruch in die Gegenwart – Schweiz in Fotografien 1840-1960
Schweizerisches Landesmuseum Zürich, bis 28. Februar 2010
Katalog zur Ausstellung im Limmatverlag.