David Meili, 8. November 2009, 10:04 Uhr

Hirschmann als Fotograf, Burka auf dem Laufsteg und ein halbvolles Glas

Pressespiegel zum Wochenende vom 7./8. November 2009
0901108_hirschmannDa Mord und Totschlag bis Samstagabend ausblieben, musste sich der SonntagsBlick dem Wochenthema Carl Hirschmann annehmen. In der Titelstory, nahezu auf zwei Seiten ausgebreitet, entsteht ein neues Bild des Clubbetreibers. (Bildnachweis: tillate.com)

Als leidenschaftlicher Foto- und Videograf, der sich angeblich über Stunden in seinem Büro einschliesst, um eigene und fremde Nackedeien auf dem Bildschirm anzuschauen, könnte Hirschmann sein Talent als Bilderproduzent vertiefen. Lehrmeister würde er nicht nur in St. Tropez, sondern auch auf dem Platz Zürich finden, z.B. mit Otto R. Weisser.

Sonntag.ch wird auf Seite 9 weit konkreter mit Namen und Fakten. Offensichtlich riskiert die „Aargauer“, wie an unserem Tankstellenshop das Blatt bezeichnet wird, mehr als die Konkurrenz von der Dufourstrasse. Die Nakedei auf den Hirschmann-Files, die neben Whitney Toyloy zu sehen sein soll, ist gemäss Sacha Ercolani eine Schönheit, die bis mehr eher als Partygängerin, denn als Model aufgefallen ist: Luciana Miller. Da die Hirschmann-Story eher ein Laufsteg als eine Bühne ist, hat es noch für viele Platz, selbst für Fotografen der Partyszene, einen Soft-Rapper mit seiner Ex-Miss und weitere Grössen des Zürcher Nachtlebens.

Die NZZ am Sonntag beschäftigt ein Albtraum der Mode- und Peoplefotografen. Wenn nur noch die Burka die Damenmode prägt, muss sich auch die Modefotografie in den privaten Raum zurückziehen. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf empfindet gemäss NZZ am Sonntag zumindest „Sympathie“, wenn es angeht, ein unsere Branche bedrohendes Kleidungsstück zu verbieten. In Genf ist man davon nicht begeistert, da Burkas fast ausschliesslich von shoppenden Luxustouristinnen getragen werden.

091107_burkaDoch Widmer-Schlumpf wurde selbst Opfer vom Modetrend. Wie wenn die neue, offizielle Postkarte von unserer Landesregierung nicht an sich schon parodistische Züge tragen würde, hat ein Komitee von Minarettgegnern aus dem Wallis den Bogen nochmals überspannt. Den drei Bundesrätinnen wurde als konsequente Weiterführung des Photoshop-Journalismus die Burka umgehängt. Die Bundeskanzlei hat umgehend auf das Kleingedruckte für ein Recycling des  Meisterwerks hingewiesen und damit auch den Künstler des „Originals“ offenbart. Doch nun wurde die Identität des „Fotografen“ wieder gelöscht (Name der Redaktion bekannt).

091107_bundesrat_mit_linieAuf Blick Online ist überraschend eine neue Variante aufgetaucht. Blick beruft sich auf die Datenbank von Keystone. Das Bild zeigt eine leuchtende Linie über den Köpfen und macht dadurch die perspektivische Verzerrung auch für Photoshop-Laien erkennbar. Soviel Transparenz brauchen wir nun doch wieder nicht. (Bildnachweis, Blick-Online/Keystone)

Doch es gibt noch schlechtere Bilder. sonntag.ch stellt auf Seite 47 den Luxuszug Zarengold vor. Blickfang: Eine vermutlich noch von Hand reouchierte und aufgeblasene Postkarte des Tourismusbüros in Irkutsk (19 x 30 cm seitenübergreifend).  Der Beitrag ist im Rahmen der Werbekampagne des Reisebüros KIRA, Baden entstanden und wird wegen einer Verkaufspräsentation, die am 18. November in der Krone in Lenzburg stattfindet,  in die aktuelle Ausgabe aufgenommen.

Der Presserat hat diese Woche die Durchmischung von Journalismus und Werbung beim Blick harsch gerügt. Für sonntag.ch und für den Reisejournalismus gelten offensichtlich andere Regeln.

Im SonntagsBlick Magazin finden wir einen Beitrag von Michael Merz zu Carlos Leal mit sehenswerten Bildern von Christophe Chammartin. Wär doch was, wenn man weitere Bilder, die im Print keinen Platz finden, online zur Verfügung stehen könnte? Die Home Story über Ulrich Kohli, fotografiert von Bernard Cottet ist zumindest gut ausgeleuchtet. Originell: Weinkenner Kohli hat ein halb gefülltes Glas in der Hand, doch die Flaschen auf dem Tisch sind noch verschlossen. Bedient sich Kohli aus der Vinobox?

Während man DAS MAGAZIN dieses Wochenende überblättern darf, legt der TagesAnzeiger in der gleichen Ausgabe vom 7. November  „Luxus in Zürich“ bei. Die Shortlist mit Lasalle, Ladurée, der Lounge der SBB und Dave Dollé als Personal Trainer ist inhaltlich nicht sehr insipiert, doch das Konzept vermittelt solide Inserate. Es finden sich viele gute Fotografien und Bildstrecken. Autor von nahezu allen Fotos ist Stefan Jermann (Truce Productions), der auch für das Layout mitverantwortlich zeichnet.  Handwerk hat einen goldenen Boden, auch in der Fotografie.

2 Kommentare zu “Hirschmann als Fotograf, Burka auf dem Laufsteg und ein halbvolles Glas”

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