Pressespiegel zum Wochenende vom 27./28. Februar 2010
Gibt es den Autosalon noch? Das einst für viele wichtigste Ereignis nach der Winterolympiade ist je länger je weniger in den Medien präsent. Wohl sind zur Eröffnung am 4. März Sonntagspresse und Magazine mit Autoprospekten vollgestopft, doch animierende Reportagen und eigenständige Fotos finden sich selbst im redaktionellen Teil kaum.
Wie es in der Schweiz keinen kritischen Auto-Journalismus mehr gibt, werden auch die früher im Auftrag von Redaktionen oder von den Journalisten selbst erstellten Bilder durch Werkfotos ersetzt. Die Autowerbung verfügt über eine lange Tradition im Management mit Redaktionen. Wer spurt, wird mit Werbung und Incentives verwöhnt, wer das neue Modell für die „sportliche Familie“ nicht so toll findet, ist rasch aus dem Rennen.
So ist das Autosalon EXTRA als Beilage zu SonntagsBlick und Blick gut gemacht, informativ, doch letztlich eine PR-Broschüre, die allen gerecht werden muss. Positiv vom Einheitsbrei hebt sich die von Sabine Wunderlin fotografierte Reportage über autofahrende Frauen ab. Natürlich fahren alle defensiv. Vermutlich erreichen die Text-Autor/innen ihren Arbeitsplatz im Zürcher Seefeld am Morgen mit dem Tram , der Bronx der SUV-Pilotinnen von der Goldküste.
Dann finden wir im gleichen Heft als Bonus-Track ein Shooting von Thomas Buchwalder mit Zoe Scarlett. Zoe ist mit klassischen Autos aufgewachsen, und Buchwalder kann ihre Begeisterung perfekt umsetzen.
In DAS MAGAZIN erklärt Miklos Gimes sein „Tsüri“ den „Zürichern“. Ein etablierter Szenenkenner rollt die Geschichte der vergangenen Jahre auf und glorifiziert, zum Teil mit Ironie, doch weltverbessernd das rot-grüne Wirtschaftswunder.
Wie illustriert man die „Little Big City“? Lukas Wassmann hat die Aufgabe gut gelöst. Doch wie im Impressum korrekt angemerkt wird, ist ein Teil der Bilder für ein Buch des Immobilien-Unternehmens Allreal entstanden. So wirkt die Bebilderung wie vieles im Text provinziell. Absicht oder unfreiwillige Ironie?
In sonntag.ch findet sich ein witziges Interview mit Denis MacShane, der mit seinem Beitrag in Newsweek (wer liest noch Newsweek?) unter dem Titel „The End of Switzerland“ die Schweiz in Pfanne gehauen hat, illustriert durch Agenturbilder. So weiss MacShane, dass ein Sozi aus Zürich Bundesrat sei, der Name ist ihm entfallen. Und da er stets von der Romandie aus arbeitete, ist Zürich für ihn so weit entfernt, wie Prag oder Budapest.
Den Sozi gibt es immer noch. Und die PR-Maschine von Bundesrat Moritz Leuenberger läuft nach langen Amtsjahren wie geschmiert. Der Tages-Anzeiger (Ausgabe vom 27. Februar) stellt ihm zur Darstellung der Infrastrukturpolitik seines Freundeskreises eine ganze Seite zur Verfügung. Man erfährt nicht viel Neues, doch Béatrice Devènes hat den melancholischen Staatsmann in einem offensichtlich von ihm selbst ausgewählten Porträt dargestellt. Er hängt sozusagen im Bürostuhl, in dem er vermutlich hin und wieder auch ein Nickerchen macht.
Krokus war als Band schon immer etwas morbid. Nun sucht das Urteam mit dem Album „Hoodoo“ ein Comeback. Thomas Weber (tillate.com) hat die Grufties für sonntag.ch (Seite 18) stimmungsgerecht bei der Plattentaufe in Solothurn porträtiert. Ob die Schnappschüsse derart dunkel angedacht wurden, bleibt offen. Bei sonntag.ch wissen sie offensichtlich oft nicht genau, wie ihre Zeitung abschliessend aus der Druckmaschine kommt.
In sonntag.ch findet sich ein lesenswerter Beitrag von Christian Dohrer über neue Formen des Journalismus und der Bürgerkommunikation, z.B. mit einer Kette von Pressecafés in Tschechien, die in multifunktionalen, öffentlichen Räumen produzieren. Vielleicht könnte man sich als Fotograf/in einem zukünftigen Mediencafé anschliessen, solange die Idee noch neu ist.
Da ein SVP-Nationalrat aus dem Aargau auf die Pro Helvetia und die von ihr mit EURO 10 000.- sehr bescheiden mitfinanzierte Ausstellung von Christoph Büchel in der Wiener Sezession eindrischt, unterstützt in sonntag.ch Kulturedaktorin Claudia Marinka Mikusik mit einem mässig intellektuellen Kommentar den Aargauer Kulturpolitiker. Ein aus dem Kurier übernommener Beitrag auf Seite 37 bringt zwei anrüchige Bilder und den ernüchternden Text. Ebenso ernüchtert schreibt Christiane Binder für den SonntagsBlick (Seite 14/15) nach einem Augenschein vor Ort.
Weit erotischer wirkt ein Shooting von Marco Nietlisbach in seinem Studio in Gebensdorf/AG. SonntagsBlick Leserinnen durften als Weihnachtsgschenk ihren Lieblingsstar treffen, – und die Visagistin Andrea aus St. Gallen entschied sich für Zoe Scarlett. Gemäss Scarlett hat Andrea „heisse Kurven“, was auf den Bildern uch erkennbar ist. Andrea hat definitiv das Zeug als Burlesque-Model zumindest in St. Gallen und den Zugang in eine neue Liga, die Scarlett in der Deutschschweiz etabliert hat.