Urs Tillmanns, 9. Mai 2010, 15:58 Uhr

Die Samsung NX10 in der Praxis

Spiegellose Systemkameras dürften der Trend dieses Jahres werden. Bereits auf der PMA 2009 erstmals gezeigt, ist die Samsung NX10 jetzt lieferbar und erweitert mit Modellen von Olympus und Panasonic das Angebot in dieser neuen Kameraklasse. Wir hatten Gelegenheit, die NX10 in der Praxis zu erproben. Hier unsere Erfahrungen.

Das Mock-up, welches Samsung vor anderthalb Jahren auf der PMA in Vitrinen präsentierte, kam dem fertigen Modell schon erstaunlich nahe, was auffällt, wenn man sich auf die Anordnung der Bedienelemente und andere Details achtet. Auf der gleichen Messe waren die Panasonic Lumix GH1 als Neuheit zu sehen, sowie ein Gestaltungsmuster der Olympus PEN. Heute sind diese Kameras alle da, und die Klasse der spiegellosen Systemkameras wird sich wahrscheinlich bald noch vergrössern: Sony wird ihre auf der diesjährigen PMA als Mock-up gezeigte kompakte Alpha in den nächsten Tagen vorstellen, dann wird wahrscheinlich Nikon folgen und zur photokina dürfte Canon ihre Spiegellose präsentieren.

Übrigens wichtig zu wissen, dass Samsung die NX10 gänzlich selbst entwickelt hat, während verschiedene frühere Modelle des koreanischen Herstellers aus einer Zusammenarbeit mit Pentax hervorgingen, ja sogar mit Pentax-Modellen baugleich waren.

Zwei Bauteile aus der Samsung-Entwicklung verdienen besondere Beachtung: Einmal der CMOS-Sensor im APS-C Format 23,4 x 15,6 mm mit 14,6 Millionen Pixel, über welchen die Bilder aufgenommen werden und mit 4’592 x 3’056, 3’872 x 2’592 oder 3’008 x 2’000 Bildpunkten auf einer SD/SDHC-Speicherkarte abgespeichert werden können. Das zweite wichtige Bauteil ist das AMOLED-Display (Active Matrix Organic Light Emitting Diode) mit einer aktiven Matrix, bei dem jedes einzelne Pixel mit Strom versorgt und zum Leuchten gebracht wird.

Das AMOLED-Display der Samsung NX10 mit den verschiedenen Funktionsanzeigen

Das AMOLED-Display ist deutlich heller als ein LCD-Monitor, das Bild baut sich schneller auf und der Betrachtungswinkel beträgt nahezu 180 Grad. Damit ist die Frage, weshalb die NX10 keinen Schwenkmonitor besitzt, auch schon beantwortet. Man muss diesen Betrachtungswinkel wirklich in der Praxis erlebt haben: Ob hoch über den Köpfen einer Menschenansammlung oder bei extremen Bodenperspektiven – man sieht jederzeit das Bild hell und klar. Auch bei sehr hellen Lichtverhältnissen ist das Bild noch gut zu erkenne, wobei man dann naheliegenderweise den Suchereinblick benutzt. Dabei schaltet die Kamera über einen Augensensor automatisch zwischen dem Display und dem Suchermonitor um. Die Anzeigen im Display und im Suchermonitor sind identisch, und der Suchermonitor zeigt mit den 921’000 Bildpunkten ein erstaunlich gutes Bild.

Ein wichtiger Unterschied zu den Mitbewerbern des Micro Four Thirds Systems ist das Seitenverhältnis der Bilder. Der NX10-Sensors weist eine Proportion von 3:2 auf und entspricht damit dem klassischen Kleinbild, während das Seitenverhältnis des MFT-Bildes 4:3 beträgt. 3:2 oder 4:3 ist wohl Geschmacksache; weder das eine noch das andere Format lässt sich handfest argumentieren.

Der APS-C grosse Sensor leistet eine beachtliche Bildqualität. Auf Grund des kurzen Auflagemasses ist er gut zu reinigen – falls notwendig …

Trennt man das Objektiv vom Kameragehäuse, so sieht man den Sensor in seiner vollen APS-C Grösse. Aufgrund des geringen Auflagemasses der Kamera kommt man sehr gut zu, um diesem zu reinigen, falls dies wirklich erforderlich ist. Beachtet man die Regel, die Kamera beim Objektivwechsel immer auszuschalten, und achtet man sich bei «nacktem» Sensor etwas auf Staubfreiheit der Umgebung, so sollte eine Sensorreinigung eigentlich selten notwendig sein, zumal die Kamera bei jedem Einschalten selbsttätig einen Reinigungsvorgang einleitet.

Wir gehen hier nicht weiter auf die technische Beschreibung der Kamera ein und verweisen auf unseren Beitrag, den wir anlässlich der Neuvorstellung publiziert hatten.

Das Äussere

Die NX10 präsentiert sich mit dem Gehäuseaufbau, in welchem der Blitz und der Suchermonitor untergebracht sind, in einem DSLR-ähnliches Design, nur ist sie deutlich kleiner als eine Spiegelreflexkamera. Durch den mattgespritzten Kunststoff, den Griffwulst und die Daumenmulde wirkt sie sehr ergonomisch, und sämtliche Bedienelemente sind gut erreichbar. Sie macht einen sehr wertigen Eindruck und ist gut und solide verarbeitet. Betriebsbereit mit dem Normalzoom 1:3,5-5,6/18-55 mm, das zum Lieferumfang gehört, ist sie angenehme 633 Gramm leicht.

Mit dem lichtstarken Pancake 1:2,0/30 mm ist die Samsung NX10 auch ohne grosse Fototasche immer mit dabei

Die Sucheranzeigen sind an den beiden seitlichen Bildrändern angeordnet. Unten im Display befindet sich die Statuszeile, auf welcher die Funktionswahl, die Belichtungszeit, die Arbeitsblende, die Skala mit der Belichtungskorrektur bzw. -abweichung, die Restbildanzahl und der Batteriezustand angezeigt werden. In der Mitte des Suchers ist das AF-Feld sichtbar, das von Spotmessung auf Mittenbetonung und Mehrfeldmessung über das Menü oder – viel bequemer – über die Funktionstaste umgeschaltet werden kann. Über die Funktionstaste können alle wichtigen Einstellungen direkt aufgerufen werden, z.B. Qualität, Dateigrösse, AF-Bereich, Blitz, Farbbereich, Intelligenter Bereich (erweiterte Licht- und Schattenzeichnung) und die Bildstabilisation. Über die benutzerdefinierte Anzeige kann die Anzeige der Symbole, der Rasterlinien und des Histogramm ein- bzw. ausgeschaltet werden. Mit der gleich darüber angeordneten Display-Taste kann im Aufnahmemodus die Anzeige der Informationsikonen ein oder ausgeblendet werden, während sie im Betrachtungsmodus dazu dient, die Aufnahmedaten, das RGB-Histogramm und die Metainformationen des Bildes anzuzeigen.

Kamera für allen Ansprüche

Die NX10 ist eine «Familienkamera», weil sie sich für jeden Anwender entsprechend einstellen lässt. Mit der Smart-Funktion wählt die Kamera das Motivprogramm automatisch und bringt in jeder nur erdenklichen Licht- und Motivsituation ein zwischen akzeptables und sehr gutes Ergebnis auf die Speicherkarte. Abgesehen davon bietet sie für mittlere Ansprüche neun anwählbare Motivprogramme, die in den entsprechenden Situationen für optimale Bildergebnisse sorgen.

Für höchste Ansprüche dient die Zeit- oder Blendenvorwahl, oder es kann gänzlich manuell gearbeitet werden. Dabei wird die Blende – der kleinste Wert ist 22 – über das Wahlrad neben dem Auslöser gewählt. Zur Verstellung der Verschlusszeit wird gleichzeitig die Av-Taste (Belichtungskorrektur) gedrückt. Die Belichtungsabweichung sieht man auf der Plus-/Minus-Skala. Die Verschlusszeit reicht von 1/4’000 bis zu 30 Sekunden und «Bulb» für Langzeitbelichtung (was die Übersetzer der Bedienungsanleitung mit dem unverständlichen Wort «Glühbirnenbelichtung» übersetzt haben).

A propos manuell: Es gibt gewisse Motivsituationen, in denen eine automatische Scharfeinstellung gestört wird und nicht funktioniert. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Farbkontrast zwischen Motiv und Hintergrund zu gering ist, wenn sich hinter dem Motiv eine helle Fläche befindet oder wenn starke horizontale Strukturen (z.B. eine Jalousie) vorhanden sind. Dann empfiehlt sich die manuelle Fokussierung, die problemlos möglich ist, nachdem der Schiebeschalter am Objektiv auf MF umgestellt worden ist. Dreht man nun am Fokussierring des Objektivs, so wird das Einstellbild (in Sucher oder auf dem Display) zweifach vergrössert, was die Scharfeinstellung enorm erleichtert.

Das Universalzoom 1:3,5-5,6/18-55 mm: oben Einstellung 18 mm, unten 55 mm. Ausschnitte jeweils 300%

Das Telezoom 1:4-5,6/50-200 mm: oben Einstellung 50 mm, unten 200 mm. Ausschnitt jeweils 300%

Die automatische Fokussierung der Samsung NX10 arbeitet schnell und präzise und hat uns auch bei schwachen Lichtverhältnissen nicht im Stich gelassen.

Ebenfalls über einen Schiebeschalter wird auch die Bildstabilisierung am Objektiv ein- und ausgeschaltet. Und dazu gleich der Mahnfinder: Die beiden Schiebeschalter für die Fokussierung und den Bildstabilisator am Objektiv verschieben sich relativ leicht, zum Beispiel wenn man die Kamera in die Fototasche steckt oder sie dieser entnimmt. Das ist übrigens nicht nur bei den Samsung-Objektiven so, sondern noch bei vielen anderen Herstellern. Zwar warnt ein Symbol im Sucher bezüglich der eventuellen Falscheinstellung, aber bei den vielen Symbolen, kann man schon mal das eine oder das andere übersehen. Die Folgen können fatal sein wenn der Schiebeschalter in der falschen Position verblieben ist, indem ganze Bildreihen unscharf sein können.

Der Praktiker sucht natürlich sofort nach einer Lösung: Man nehme ein starkes Klebband und fixiere damit die beiden Schalter in der gewünschten Position. Weg ist das Problem. Bleibt der Wunsch an den Herstellsteller: Man könnte die Schalter so gestalten, dass sie in horizontaler Richtung verschieb- und damit arretierbar wären.

Die optische Bildstabilisierung haben wir bei unserem Test fix vorgewählt (und mit Klebband fixiert.). Man soll die modernen, positiven Eigenschaften auch nutzen, wenn sie schon mal da sind. Und der Bildstabilisator ist nun wirklich eine der besten Erfindungen der Kameratechnik im letzten Jahrzehnt. Gerade bei einer Kamera mit einer geringen Masse, wie die Samsung NX10, ist die Bildstabilisierung eine sehr wichtige Funktion. Etwas schade, dass sich diese optische Stabilisierung in den Objektiven befindet, und dass beispielsweise das Pancake 1:2,0/30 mm auf dieses wichtige Feature verzichten muss.

Was uns sonst noch auffiel

Der eingebaute Blitz mit Leitzahl 11 springt bei Anwahl der Aufnahmemodi Smart, Szene, Nachtporträt und Beauty-Shot automatisch hoch und kann in den anderen Programmen bedarfsweise auf Tastendruck zugeschaltet werden. Die Blitzoptionen Blitzbelichtungskorrektur, Aufhellfunktion, Vorblitz gegen rote Augen sowie Vor-oder Nachsynchronisation sind über die Fn-Taste oder das Kameramenü anwählbar. Zudem kann der eingebaute Blitz von +2 bis -2 Belichtungswerten dosiert werden. Der eingebaute Blitz klappt genügend weit hoch und ergibt selbst mit angesetztem 50-200 mm Objektiv und Streulichtschutz, ausgefahren auf 200 mm keine Abschattung.

Der Zubehörschuh ermöglicht die Verwendung systemeigener Blitzgeräte, wie das Samsung SEF-42A mit Leitzahl 42 oder der Kleinblitz SEF-20A mit Leitzahl 20, der demnächst verfügbar sein sollte.

Das Rauschverhalten der Samsung NX10 bei ISO 400, 800, 1600 und 3200
(Ausschnitte = 100%)

Video in HD-Qualität

Trendentsprechend verfügt die Samsung NX10 über HD-Video mit einer Auflösung von 1’280 x 720 Pixel mit 30 Bildern pro Sekunde, das auf VGA- oder QVGA-Qualität reduziert werden kann. Der Ton wird über das kamerainterne Mikrofon aufgezeichnet, dem bei Bedarf ein softwaremässiger Windschutz verpasst werden kann. Zur Betrachtung auf einem Fernseher ist ein HDMI-Ausgang vorhanden, der mit einem PAL- oder NTSC-Signal angesteuert werden kann.

Der Weissabgleich erfolgt entweder automatisch, ist für zehn typische Lichtcharakteristika anwählbar oder lässt sich nach einem festen Verteilungstemperaturwert in Kelvin einstellen. Über den Feinabgleich kann eine gewünschte Farbtendenz in Richtung Grün, Amber, Magenta oder Blau bestimmt werden. Als Farbräume stehen sRGB (für Computerverwendungen und normale Ausdrucke) oder Adobe RGB (für professionelle Bildbearbeitung und Bildverwendung in Grafik und Druck) zur Verfügung. Mit der Smart-Range Funktion wird die Durchzeichnung in den Lichtern und Schatten optimiert.

Die Gesichtserkennung zeigt im Sucher mit dem AF-Feld an, auf welches Gesicht die Kamera scharf eingestellt hat. Nützlich ist auch die Selbstporträt-Gesichtserkennung: Diese signalisiert mit einem Ton, wenn sich das Gesicht in der Bildmitte befindet.

Die Serienbildfunktion der NX10 bietet verschiedene Einstellungen. Neben dem Einzelbild werden auch die Serienbilder mit 3 Bildern pro Sekunde als JPEG- und/oder RAW-Dateien abgespeichert. Dann gibt es die beiden schnellen Serien, die nur in JPEG abgespeichert werden können, mit 10 Bildern und mit 30 (!) Bildern pro Sekunde im Burstmode, letztere allerdings nur mit 1’472 x 976 Pixel Auflösung.

Die Samsung NX10 kann also neben JPEG in verschiedenen Kompressionsstufen auch RAW-Dateien im eigenen SRW-Format abspeichern, zu dessen Bearbeitung und Konvertierung die mitgelieferte Software «Samsung Master» verwendet werden muss, die es übrigens nur für Windows gibt. Hier können die Bilder und die Videos bezüglich Belichtung, Weissabgleich, Farbe, Farbton, Schärfe und Rauschen abgestimmt und dem persönlichen Geschmack angepasst und als finale TIFF- oder JPEG-Dateien abgespeichert werden.

Bei der Belichtungsreihenfunktion kann die Bildfrequenz, der Belichtungsintervall, die Reihenfolge und die Belichtungsstufen für die Reihenbelichtung vorgewählt werden. Zudem steht ein Bildassistent zur Verfügung, mit welchem gewisse Bildstimmungen als Farbtendenz, Farbsättigung und Kontrastwert festgelegt werden können.

Bildbearbeitung in der Kamera

Nach der Aufnahme kann das Bild direkt in der Kamera bearbeitet werden, wobei dieses als neue Datei abgespeichert wird, so dass die Originaldatei unverändert bleibt. Dabei sind folgende Effekte zu erzielen:

  • Änderung der Bildgrösse
  • Rote Augen
  • Gegenlichtkorrektur
  • Fotostil-Auswahl weich (reduzierte Farbsättigung), lebhaft (gesteigerte Farbsättigung), Natur (grünlich), Herbst (rötlich), neblig (bläulich), dunkel (farbreduziert), klassisch (schwarzweiss)
  • Bild drehen
  • Gesichtsretusche (3 verschiedene Modi)

Bildbearbeitung in der Kamera: (v.l.n.r.) unbearbeitet, weich, lebhaft, Natur …

… Herbst, neblig, dunkel und schwarzweiss

Ob man diese Funktionen nutzen will oder ob man dazu ein Bildbearbeitungsprogramm am Computer bevorzugt, ist jedem Anwender selbst überlassen. Der Trend ist interessant, dass Kameras intern über eine Bildbearbeitung verfügen, und da ist die NX10 schon sehr weit fortgeschritten.

Fazit

Die mit Spannung erwartete NX10 zeigt als Alleinentwicklung deutlich die Marschrichtung des koreanischen Elektronikkonzerns: Das Engagement im Fotobereich hält an und hat mit der NX10 einen neuen Level erreicht. Für deutlich unter 1’000 Franken mit Normalzoom bietet die Kamera einen hohen Gegenwert und Gebrauchsnutzen. Was im Vergleich zu anderen Systemkameras noch fehlt, sind weitere Objektive und Zubehörteile, welche das bisherige Angebot mit den Objektiven 1:3,5-5,6/18-55 mm, 1:4-5,6/50-200mm, 1:2,0/30 mm und zwei Blitzgeräten ergänzen. Bereits auf der PMA wurde bereits einiges davon gezeigt, und bald sollen insbesondere das 1:2.7/ 60mm Macro und das 1:3,5-6,3/18-200mm OIS die Situation verbessern. Samsung ist mit diesem System gut auf Kurs.

Urs Tillmanns

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Sarah Nohl: Schaffhauser Impressionen, fotografiert mit der Samsung NX10

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