Morgen, 4. Juni 2010 beginnt in Genf das Fotofestival «50 Jours pour la Photographie à Genève» mit über 30 Ausstellungen, den öffentlichen «Portfolio Viewing»-Tagen (12. bis 14. Juni), einem Kolloquium und verschiedenen Vorträgen. Schwerpunktthema der diesjährigen Triennale ist «das fotografische Archiv». Wir wollten mehr zu den Hintergründen dieser alle drei Jahre stattfindenden Grossveranstaltung wissen und haben uns mit dem Initianten und Direktor Jörg Bader unterhalten.
Fotointern: Herr Bader, die Triennale in Genf findet dieses Jahr bereits zum dritten Mal statt. Wie hatte alles begonnen?
Jörg Bader: Die Idee zu einer Triennale wurde nach einem kulturellen Anlass im Jahre 2002 geboren, als uns nach einem Festival «24 Stunden für die Fotografie» die Stadt Genf anfragte, ob wir nicht regelmässig ein solches themengebundenes Festival durchführen könnten. Die Idee fiel bei uns auf fruchtbaren Boden, besonders als sich die Stadt Genf bereit erklärte, einen solchen Anlass massiv finanziell zu unterstützen. Bereits ein Jahr danach organisierten wir die erste Triennale mit dem Thema «Répresention du travail / Travail de répresentation», und 2006 fand das zweite Fotofestival unter dem Titel «Photo-Trafic» statt.
Was hat sich in den letzten acht Jahren verändert?
Eigentlich nicht viel. Das Konzept des Themenfestivals ist immer dasselbe geblieben. Oder doch: Das Interesse an der dokumentarischen Fotografie ist immer stärker geworden. Das mag mit der Krise zusammen hängen. Wenn es den Leuten schlechter geht, interessieren sie sich eher dafür. Persönlich liegt mir dieser Stil auch besser als «l’art pour l‘art».
Wie selektionieren Sie die Fotografen, die mit in das Konzept einbezogen werden?
Zunächst gilt es ein übergeordnetes Thema zu finden. Gerade mit dem diesjährigen Thema «La revanche de l’archive photographique» habe ich mich sehr intensiv mit den Arbeiten des amerikanischen Kunstsoziologen Douglas Crimp und des Lausanner Kunsthistorikers OIlivier Lugon befasst, und es stand für mich schon bald fest, dass dieses Jahr die gesellschaftspolitische Richtung angesagt sein würde. Das fotografische Archiv lässt als Thema sehr viel offen, und gerade bei der Gestaltung des Kolloquiums und der Vorträge zeigte sich, wie gross die thematische Breite ist, die man den Besuchern und Zuhörern bieten kann.
Die Triennale findet ja nicht nur in Ihrem Centre de la Photographie statt, sondern zusätzlich noch in rund 30 Galerien und Institutionen in der Stadt Genf. Wie ist die Zusammenarbeit mit diesen Partnern?
Sie haben eigentlich das Stichwort schon gegeben: Es sind Partner. Wir haben hier in Genf eine relativ grosse Kunst- und Galerieszene, was vielleicht in der Deutschschweiz gar nicht so bekannt ist. Eine Szene, in der man sich kennt und sehr gut zusammen arbeitet, gerade was den Bereich der Fotografie anbelangt. Als für mich das Leitbild des fotografischen Archivs feststand, habe ich die Galerien und Institution angefragt, ob sie dazu etwas beisteuern möchten, was viele sogar dazu bewogen hat, extra auf diesen Zeitpunkt eine entsprechende Fotoausstellung zu organisieren.
Wer sind Ihre Besucher?
Gute Frage. Wir haben uns noch nie damit befasst. Es sind Leute, die einfach an Fotografie interessiert sind, an relativ anspruchsvoller, zeitgenössischer Fotografie, und ich merke an den Besucherreaktionen, dass sich die meisten sehr intensiv mit den Bildern auseinandersetzen.
Woher kommen die Besucher?
Die meisten schon hier aus dem Raum Genf. Dann kommen viele Ausländer, viele natürlich, die mit den internationalen Organisationen zusammen arbeiten. Sie reisen kaum wegen der 50JPOG nach Genf. Dann sind es relativ viele aus Frankreich und vielleicht noch aus der Suisse Romande. Deutschschweizer kommen kaum nach Genf – leider, obwohl sie ein sehr grosses Kunstinteresse haben.
Wie viele sind es etwa?
Schwer zu sagen. Ich schätze, dass es während der siebenwöchigen Dauer nur bei uns im Centre de la Photographie etwa 5‘000 sind. Oder sagen wir 4‘000, dann sind wir auf der sicheren Seite. Wie viele es in den verschiedenen Galerien sind, habe ich keine Ahnung.
In drei Jahren ist die nächste Triennale. Befassen Sie sich jetzt schon damit?
Nein. Jetzt müssen wir zuerst die nächsten 50 Tage über die Runden bringen. Aber ein mögliches Thema kreist schon bei mir im Kopf. Es könnte zum Beispiel ein Kontext von Wort und Bild sein, vielleicht «ein Bild sagt tausend Worte – tausend Worte zu einem Bild» … irgendwas in dieser Richtung. Aber vergessen Sie’s wieder …
Interview: Urs Tillmanns
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