Pressespiegel zum Wochenende vom 30. Juli/1. August 2010
Xenia Tchoumitcheva mag keine „gossip“. Im Rahmen eines Sommercamps hat der SonntagsBlick fünf „Prominente“ in seinen Newsroom eingeladen und die bis anhin schönste zweitplazierte Miss Schweiz auf People angesetzt (Bildnachweis: SonntagsBlick).
Das Resultat: Xenia interviewt Mister Schweiz (nicht den ehemaligen, orginellen, sondern den amtierenden, – wie heisst er?). Richtig, Jan Bühlmann, und wir erfahren, dass seine Freundin namens Hanne in Norwegen lebt. Tchoumitcheva fand es spannend, „freche Fragen zu stellen“, wie, „Wo wird Hanne übernachten, wenn sie in der Schweiz ist.“(Fotos: Sebastian Derungs)
Die Promis aus dem Newsroom findet man mit Schwerpunkt-Interviews und in (PR-)Reportagen über die Zeitung verteilt. Der Applaus ist der Lohn des Künstlers. Ex- und Neu-Tourismus Direktor Jürg Schmid benötigt am meisten Image-Korrektur, und Christine Maier redigiert per iPhone. Chefredaktor Hannes Brischgi legt in seinem Kommentar noch eins drauf. Wenn schon, denn schon.
Das magazin zum SonntagsBlick bringt einen interessanten Beitrag von Michael Merz über Le Corbusier. Die legendäre Reportage über den Architekten von René Burri wird ab 20. August im Museum Bellerive zu sehen sein.
Bitte keine Kornkreise, dieses Jahr, bat Landwirt Peter Heidelberger in Hochfelden beim Flughafen Zürich/Kloten die Extra-Terrestrischen, doch dann schlug die Landjugend(?) zu.
Sogleich war auch ein Experte zur Stelle, strich die Halme, um die kosmische Energie abzufangen und den Geistern die Referenz zu erweisen. Gemäss Sarah Sidler vom Tages-Anzeiger versagten aufgrund der kosmische Energie auch die Kamera-Batterien von Besucher Martin Obrist aus Embrach. Weiteren Besucher/innen konnten sich nicht vorstellen, wie das „Phänomen“ entstanden ist, die Präzision sei „unglaublich“.
Nun ist der Spuk vorbei. Das Feld ist abgeerntet. Peter Heidelberger hat sein Kässeli und den Weizen eingefahren. Letzterer wird separat gelagert, gemahlen und demnächst zu einem Kornkreis-Brot verarbeitet. Geblieben ist auch die Aufnahme von Christoph Schmäh. Schmäh ist einer der bis anhin wenigen Fotografen, die eine Microdrone erfolgreich einsetzen. (Copyright: www.air-image.ch)
Mit den Sommerthemen spielen die beiden führenden Online-Portale von TA-Media (Newsnetz) und Ringier (Newsroom) Ping-Pong. Taucht eine Meldung auf einem der Portale auf, findet man sie auf dem anderen innerhalb von dreissig Minuten in Zusammenfassung. Da sich die Welt immer schneller dreht, sind die Primeurs zumeist online verbraten, bevor die Print-Ausgaben erscheinen.
Am Abend trifft man sich unter Leidensdgenoss/innen am See und pflegt Kontakte. Man weiss ja nie, ob man einige Tage später hinter einem anderen Bildschirm sitzt. Aufträge für Fotos sind rar. Praktikantin Anja aus Dresden erhält den Auftrag, lizenzfreie Bilder zusammenzusuchen. Sie bleibt mindestens bis zur Love Parade in Zürich, mag die Stadt. Fotografen vertröstet man mit dem erhofften Anziehen des Inseratemarkts gegen den Herbst und mehr Spielraum bei den Budgets auf den Redaktionen.
Schwinger schaffen es nicht alle Tage auf die Frontpage. Doch für sonntag.ch hat Daniel Ammann im Bild erfasst, wie Arnold Forrer Moderator Roman Kilchsberger aufs Kreuz legte. Der Schwingsport ist nicht zuletzt durch Auftritte von Sympathieträgern im Fernsehen so populär wie noch nie. Im Sport-Bund der Zeitung lernt man über Serienbilder (Daniel Ammann), wie der Einstieg in den Sport erfolgt. Vor Nachahmung (beim Schwingen) wird abgeraten.
Lichtblick in DAS MAGAZIN ist das Interview mit Nomi Fernandes von Michèle Rothen. Véronique Hoegger hat Nomi porträtiert, wie sie vermutlich ist. Mutter einer fünfjährigen Tochter, Geschäftsfrau und engagiert im Aufbau einer neuen Agentur. Man darf zweimal hinschauen, um die Lingerie-Schürze in Beziehung zum Text zu setzen. Gut gemacht.
Ausserdem in DAS MAGAZIN die sehr gute Aufnahme eines moldavischen Landarbeiters (in der Schweiz!) von Dan Cermak. Man mag Igor und freut sich mit ihm, wenn er sich einen EU-Pass kaufen kann und vielleicht in der Schweiz eine Familie gründen wird. Mathias Ninck hat kurz zusammengefasst, was man über ihn, seine Arbeit und seine Herkunft wissen soll.
Die Thurgauer Zeitung gibt uns Einblick in die Arbeitsweise der Spielfilmproduktion von SF DRS. Gedreht wird analog mit einer Arri. Man stelle sich Fotografen auf einem Set vor, die mit einer analogen Hassie aufkreuzen.
Der Plot ist beim Lesen des Beitrags im Kopf bereits abgedreht. Ein Pfarrer liegt im Wachkoma und wollte über eine Patientenverfügung sich sterben lassen. Doch in der Familie kämpft man dafür und dagegen. Das Pfarrhaus in Thundorf/TG wird nach einer aufhellenden Renovation der Kirchgemeinde nun als Filmkulisse wieder düster gemacht. The Others lassen grüssen. Doch unsere vorwegenommene Kurzkritik ist unfair. Der Regisseur produziert vielleicht eine hinterhältige Parodie auf den in Agonie liegenden „Schweizer Film“. Lassen wir uns überraschen.
„Was leuchten soll im Vaterland…“ vermittelt eine neue Website unter dem Namen Kunst und Politik . Dreissig Kulturschaffende aus Verbänden äussern sich zur Schweiz . „Kuratiert“ wird die Auswahl von Ruth Schweikert. Beteiligt haben sich vor allem Schriftsteller/innen, die regelmässig aus öffentlichen Mitteln alimentiert werden.
Das für den 1. August angekündigte Panorama an einschlägigen Beiträgen ist für die Öffentlichkeit erst an dem 5. August abrufbar, für die Presse seit einigen Tagen per Passwort. Nur gilt unsere Site nicht als „Presse“, und die Fotografie ist offensichtlich auch nicht „Kultur“. Bilder stehen uns nicht zur Verfügung.
Es dürfte wenig Fotograf/innen geben, die in ihre kulturpolitischen Auffassungen mit Daniel de Roulet oder Samir teilen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Im Gegensatz zur Literatur gibt es seit dem Zweiten Weltkrieg keine „Schweizer“ Fototografie mehr. Unser Medium hat sich bereits nach 1945 globalisiert. Die lokale Schriftstellerei dreht sich immer noch um den Mythos Schweiz.
Martin Ebel hat die Wehleidigkeit im Tages-Anzeiger treffend dargelegt (leider nicht online), Roman Bucheli hat sie in der NZZ, wie zu erwarten, für seine Schriftsteller und seine betagte Leserschaft (Feuilleton) unterstützt. Auch Manfred Papst erarbeitet sein Brot als Literaturkritiker weitgehend mit Swissness und unterstützt Bucheli in der NZZamSonntag (Seite 55). Sein Fazit: „Das ist gut so.“