Urs Tillmanns, 15. August 2010, 07:00 Uhr

Filmleinwände aus Hittnau

Wussten Sie, dass im Zürcher Oberland Projektionswände produziert werden – und dies seit drei Generationen? In allen Arten und Grössen bis neun Meter breit und fünfeinhalb Meter hoch, für Tagungsräume, Kinos oder Openair-Veranstaltungen? Fotointern hat Heinzpeter Meier bei seiner Arbeit zugeschaut.

Seine Hauptabnehmer sind Bühnenbauer, Kinoinhaber und Veranstalter von Grossanlässen, die riesige Leinwände für ihre Film- und Beamerpräsentationen brauchen. Aber auch Privatpersonen gehören zur Klientel, die eine Projektionswand nach Mass im Wohnzimmer einbauen lassen wollen oder Firmen, um ihre Besprechungsräume projektionstechnisch optimal auszustatten. Dazu gibt es Leinwände aus den verschiedensten Materialien, solche für normale Aufprojektion, andere für Rückprojektion, dann solche, die sowohl für Auf- als auch für Rückprojektion verwendet werden können, oder Spezialwände mit gelochtem Stoff, der bei Grossprojektionen dem Wind eine geringere Angriffsfläche bietet oder eine Beschallung durch die Projektionswand ermöglicht.

Das Fabrikgebäude von Heinzp. Meier an der Wetzikerstrasse etwas ausserhalb Hittnau

Der Stoff, aus dem die Wände sind

Interessant, dass sich zwar in den letzten Jahren die Projektionstechnik revolutionär verändert hat, während die Terminologie der «Filmleinwandhersteller» dieselbe geblieben ist. Filme werden immer weniger projiziert – digitales Video löst auch in den Kinos die perforierten Analogstreifen ab. Und die «Leinwand» dürfte ein sprachliches Relikt aus der Malerei sein, denn aus Stoff sind die Projektionswände schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

Heinzpeter Meier zeigt uns ein Stück Rohnesselstoff, der früher mit einer geheimen Mischung bestrichen und so zur Leinwand wurde

«Aber sie waren es lange» erzählt Heinzpeter Meier. Sein Grossvater Rudolf Meier habe 1938 in der damaligen Weberei Spoerri begonnen Rohnesselstoff mit weisser Farbe zu bestreichen und so Filmleinwände bis ein Meter Breite anzubieten. Dies entpuppte sich als Flop, denn die Farbe wurde spröde und brösmelte beim Ausrollen. Zudem waren die damit erzielten Reflexionseigenschaften dürftig. Grossvater Meier und sein Vater haben jahrelang getüftelt und schliesslich einen Anstrich gefunden, der reflexionsintensiv und alterungsbeständig war. Nur, woraus er bestand, ist bis heute ein streng gehütetes Familiengeheimnis. Man weiss nur, dass darin Kreide, Knochenmehl und Titanpulver enthalten war.

Der Stoff wurde auf riesige Holzrahmen gespannt, die heute noch in der Fabrik von Heinzpeter Meier zu sehen sind, und peinlichst gleichmässig beschichtet. Später, als in den sechziger Jahren die Perlleinwände aufkamen, wurden mit riesigen Sieben feinste Glasperlen auf der Stofffläche verteilt. «Das war harte Muskelarbeit» erinnert sich Heinzpeter Meier, «denn vier Mann waren an einem Sieb beschäftigt dieses gleichmässig zu bewegen, um so das schwere Glasgranulat homogen so aufzutragen, dass am nächsten Morgen das nicht haftende überschüssige Material wieder abgewischt werden konnte. Die Glaskügelchen waren danach überall …»

Eine Kofferleinwand mit einem Perltuch aus den fünfziger Jahren, die damals noch unter der Marke «Swissaperl» durch die Weberei Emil Spoerri vertrieben wurde

Internationale Beziehungen

Heute bezieht Meier den Stoff aus den USA und aus Deutschland. Stoff ist es nicht mehr, sondern spezieller Kunststoff, der besondere Reflexionseigenschaften aufweist und sich rumpffrei spannen lässt. Das Material ist je nach Projektionsart und Anwendung unterschiedlich beschaffen und muss auch entsprechend verarbeitet werden. Zudem ist der Kunststoff heute abwaschbar und länger haltbar als die früheren Stoffwände. Das Material kommt in grossen Rollen, die danach in Meiers Fabrik zugeschnitten und nach Kundenwunsch konfektioniert werden. In Deckenkasten motorisiert oder mit Kurbel links oder rechts, in Bodenkasten, gespannt für Aussenanwendungen, auf Rahmen oder sogar direkt auf eine Wand aufgezogen – es gibt kein Projektionsproblem, das Meier nicht lösen könnte.

Rund zwei Filmleinwände pro Tag verlassen die Fabrik. Hinzu kommen Reparaturen und Projektionsflächen, die vom Gilb befreit werden wollen

Dahinter steht viel handwerkliches Geschick mit einer entsprechend gut eingerichteten Werkstatt. Die Grossleinwände werden auf präzise Stahlkerne montiert, die auf den Zehntelmillimeter genau ausgewuchtet werden, damit beim Auf- und Abrollen keine Rümpfe und Falten entstehen. Die Mechanik dazu, ob motorisch getrieben oder mit einer Kurbel, konstruiert und fertigt Meier selbst – von der Neunmeter-Projektionswand bis hin zur «kleinen» Ständerleinwand für den Privatbereich oder den Vortragseinsatz.

Auch Reparaturen führt Meier aus. Mechanische Probleme wären zwar relativ selten, vor allem bei seinen Produkten. Es käme höchstens mal vor, dass man einen Motor austauschen müsse. «Was wir jedoch relativ häufig machen, sind Reinigungen von Filmleinwänden» sagt Meier, «besonders von solchen, die in Räumen waren, in denen viel geraucht wurde. Das war früher ja sogar in den Kinos der Fall. Heute kommen vergilbte Leinwände immer seltener. Und wenn sie kommen, dann sind sie in vielen Fällen so gelb, dass alles Reinigen nichts mehr hilft.»

Grossleinwände werden auf Stahlkerne aufgezogen, die auf den Zehntelmillimeter genau ausgewuchtet werden müssen. Eine präzise Steuerung und ein Storenmotor sorgt für ein reibungsloses Auf- und Abrollen

Meistens arbeitet Heinzpeter Meier alleine, und wenn er Hilfe braucht, steht ihm ein Teilzeitangestellter zur Verfügung. Und so verlassen rund vierhundert Projektionswände aus seiner Hand die Fabrik in Hittnau – in die Schweiz, nach Deutschland und in alle Welt.

Urs Tillmanns

Weitere Informationen finden Sie hier oder direkt bei

Heinzp. Meier
Filmleinwände
CH-8335 Hittnau
Tel. 044 950 47 11
Fax 044 950 60 65

2 Kommentare zu “Filmleinwände aus Hittnau”

  1. Guten Tag
    Wir haben in userem Theorielokal eine Leinwand 2×2 m. Die ist an einem Ecken beschädigt. Nun wäre unsere Frage ob sie mal in der Region Wetzikon sind und die Leinwand begutachten könnten. Ob man die Leinwand reparieren könnte (ev. neu bespannen) oder ob es eine neue braucht. Bitte Kontaktieren sie uns. Vielen Dank im voraus! 079 304 32 00 Freundliche Grüsse Jonas Ott

    1. @ Jonas Ott

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