Bereits zum fünften Mal findet in Winterthur die Ausstellung Jungkunst statt. Der von einem nicht-profitorientierten Verein organisierte Event ist mehr als eine Trendmesse, es ist ein sorgfältig kuratierter Querschnitt durch das aktuelle Kunstschaffen der Generation unter 35. Dass Konzept und Kunst ankommen zeigen erste Verkäufe am Abend der Vernissage. Die Messe ermöglicht den von einer Jury ausgewählten Künstler/innen ihre Werke direkt zu verkaufen.
So nimmt die Fotografie einen wichtigen Platz ein, sowohl als eigenständiges Medium als auch als Grundlage für Malerei und Installation. Je länger je weniger macht es Sinn, die einzelnen Bereiche voneinander abzugrenzen. Interessant ist der Trend zum Gegenständlichen. Abstrakte Malerei im früheren Sinne findet man kaum, doch Bildserien und Einzelwerke, die eindeutig auf der Sichtweise der Fotografie und von Bewegtbildern basieren.
Die Higlights der jungen Fotografie heben sich rasch ab. Unbestritten ist die Qualität der Arbeiten von Nicole Hametner. Ihre Portfolios lassen sich nur im Original betrachten, sie sind sozuagen in keinem Medium reproduzierbar. Ob die Beleuchtung mit Neonröhren optimal ist, sei dahingestellt. Unsere mit einer Taschenkamera und Direktblitz entstandene Aufnahme verblüfft. Das Bromidpapier (?) reflektiert. Hametner hat ein kleines und in Kleinauflage erschienenes Büchlein aufgelegt, das man am liebsten mitlaufen lassen würde.
Gleich nebenan findet man die Bildserien von Anita Vozza, ebenfalls mehrfache Preisträgerin. Während Hametner bewusst an die Tradition der klassischen (amerikanischen) Fotografie anknüpft, bewegt sich Vozza mit ihren Stimmungsbildern in Richtung Malerei. Bei David Favrod wird auch erst auf einen zweiten Blick deutlich, dass er Fotografien präsentiert.
Weitere Künstler/innen präsentieren Werke auf der Grundlage von fotografischen Dokumenten und einer fotografischen Sichtweise. wes21, wie sich der Bieler Grafiker und Maler nennent, hat Leinwand und Farben in die Ausstellung mitgenommen. Grundlage für seine Bilder sind teils eigene, teils recherchierte Fotografien. Eric Andersen (im Bild) gestaltet aus Fotografien und Texten Plakate, die er im Siebdruck editiert. Völlig neue Wege geht Aglaia Haritz. Sie hat Screenshots aus einem Handymovie in Zeichnungen umgesetzt. Das Handy ist Teil des Portfolios und kann vom Besucher aktiviert werden. Haritz macht einen Prozess deutlich, was ebenfalls charakteristisch für ihre Generation ist. Der Konzeptidee folgt das Handymovie, und dann entstehen aus den Prints die einzelnen Zeichnungen. Man gewinnt den Eindruck, dass dieser Zyklus noch nicht abgeschlossen ist, und die Künstlerin das Entwicklungspotenzial erst auslotet.
Die Stärke von Jungkunst liegt in ihrer Beschränkung auf wirklich interessante und über Jahre ausgereifte Kunstprojekte. Fotografie, Malerei, Zeichnungen und etwas Skulptur ergänzen sich hervorragend. Im Vordergrund steht die Qualität. Provokationen müsste man andernorts suchen, man ist ja auch in Winterthur.
Jungkunst – Junge Schweizer Kunst
City Halle Winterthur, bis 31. Oktober 2010
Die City Halle befindet sich am Eingang zum Sulzer-Areal, wenige Fussminuten vom Bahnhof.
Hinweis: Ausstellungsraum ist das architektonisch spektakuläre Dachgeschoss der historischen Fabrik. Es wird über eine mehrstufige Treppe erreicht. Auf Anfrage kann man sich (z.B. auch mit Kinderwagen) mit dem Warenlift nach oben bringen lassen.
Freundlicher Empfang, Lounge, Barbetrieb und DJ ergänzen den Kunstgenuss.