Vor vollem Haus und mit Klappsesseln aus der aktuellen Ausstellung rasch aufgerüstet, eröffnete Urs Stahel die Plat(t)form 2011 . Ursprünglich ein Geheimtipp für Insider, ist die jährlich vom Fotomuseum Winterthur durchgeführte Plat(t)form zu einem der wichtigsten und intellektuell vielleicht anspruchsvollsten Events in der Schweizer Fotoszene geworden. Sie folgt einem bewährten Ritual. Durch den ersten Abend führte Kurator Thomas Seelig.
Urs Stahel übernahm die nicht einfache Aufgabe, einem internationalen Publikum Fotomuseum und Fotozentrum vorzustellen. Sein Kurzreferat ging nur in wenigen Worten auf die Geschichte der Institution ein. Schwerpunkt bildete eine Standortbestimmung, die man gerne nochmals durchlesen möchte. Stahel ging auf wesentliche Aspekte des Wandels ein, die er seit der Gründung des Museum vor 18 Jahren durchlebte, und die ein kontinuierliches Überdenken des Auftrags des Museums bestimmen. Einige Aspekte sind elementar. Bei der Gründung war das Museum weitgehend auf analoge Fotografie und ihre Vermittlungsprozesse ausgerichtet. Es gab Portfolios, Verleger, Gestalter, Bücher, Ausstellungen und Sammler.
Sammler überbrachten die Früchte ihrer Leidenschaft ins Fotomuseen. Die erfolgreichsten unter ihnen gründen heute eigene Museen. Fotosammlungen belegten Nischen in Kunstmuseen, nahmen dankbar Nachlässe auf und konnten gelegentlich zu bescheidenen Beiträgen neue Werke ankaufen. Heute zeigt sich die Situation völlig anders. Das Fotomuseum Winterthur ist Teil des globalisierten Kunstbetriebs. Stahel und sein Team sind mit der Herausforderung konfrontiert, welche Werke junger Fotograf/innen sie erwerben sollen, und wie weit es für ein Museum als öffentliche Institution möglich ist, die Sammlung durch den Verkauf von Werken zu verschlanken und neue Akzente zu setzen.
Nachdem im vergangenen Jahr Salzburg mit seiner innovativen Fotoszene vertreten war, amtet in diesem Jahr Christine Frisinghelli als Herausgeberin von Camera Austria aus Graz als Expertin. Ihre etwas in die Länge gezogenen Ausführungen brachten wenig Neues. Frisinghelli erläuterte das aktuelle Ausstellungsprogramm und das Heft, das an der Rezeption des Fotomuseums aufliegt.
Mit grossem Interesse erwartete man die Präsentation einer weiteren Expertin, Banu Cennetoglu. Nach einer internationalen Karriere vertrat sie 2009 die Türkei an der Biennale in Venedig. Sie wies zuerst auf ihre Hassliebe zur Fotografie als Medium hin. Dann folgte eine eindrückliche Präsentation ihres Projekts für die Biennale, in dem sie die Jahre zusammengetragenen Bilder in einem Buch auflegte. An sechs Arbeitsplätzen konnten die sechs Exemplare durchgeblättert werden. Bis zum Ende Ausstellung durfte man anonym Bilder aus einem Stock mit einem Code für sich privat downloaden (in Venedig).
Die Überraschung für das Schaulaufen der Expert/innen war nicht geplant. Da Peter Galassi, Chief Curator Photography MoMA kurzfristig aus privaten Gründen nicht anreisen konnte, gelang es, John Fleetwood ins Team zu bringen. Fleetwood leitet den legendären Market Photo Workshop in Johannesburg. Fleetwood wird im Februar in seiner Institution eine Ausstellung mit Werken von Schweizer Fotografen präsentieren. Dann folgten nach einer kurzen Einführung über den Aufbau der Fotografenausbildung unter der Apartheid aktuelle Projekte aus Südafrika. Die als Reportagen konzipierten Portfolios seiner Student/innen möchte man gerne im Print und in der Schweiz sehen. Winterthur kennt keine Standing Ovations, doch John Fleetwood wird an diesem Wochenende gefragt sein.
Der Abend schloss mit der üblichen Perspektive von Sammlern und Vermittlern. Diesen Bereich verritt im Kuratorium Christian Schwarm aus Stuttgart. Schwarm bildet eine Art Brücke zwischen der Plat(t)form als Showcase für die junge Fotografie, den privaten Sammlern und den Museen. Dass auch die Welt der Kunstvermittler im Umbruch ist, hat das Fotomuseum sehr wohl erkannt.
Mit den Expert/innen und Fotograf/innen kann man an diesem Wochenende ausführlich diskutieren und Gedanken austauschen. Nach der Präsentation am Freitagabend hatte das gastfreundliche Bistrot George bereits aufgestuhlt. Gäste und Szene verliefen sich in die Altstadt oder zur Busstation. Heute Abend gibt es im George eine Dinnerparty, die ebenso öffentlich ist, wie alle Veranstaltungen.
Plat(t)form 2011
Fotomuseum Winterthur
28.1. bis 30.1. 2011 (Detailprogramm auf dem Internet)
Von der innovativen tit(t)elgestaltung her zu schliessen muss das eine gaanz kreative veranstaltung sein…..Zum glück werden domainnamen nie so daherkommen können!
Wenn man irgendwelche Fotos an die Wand hängt, dann irgendwas reininterpretiert, ist das eine kreative Ausstellung, mehr nicht! Fotografie ist Wegwerfware.
Ich hab den Doppelnamen jetzt verstanden. Schlimm finde ich jeweils wie sich kritiker richtig winden müssen um in den Bilder was philosophisches zu entdecken. zb. Als ein promotor an einer kunstausstellung den kaufinteressenten erklären musste, dass das gezeigt banale auf gar keinen fall wertlos sei…. aspekte zdf. Das war niedlich.