Pressespiegel zum Wochenende vom 19./20. März 2011
Die grossen Themen der Woche sind bekannt. Sie zeigen, wie Bilder für die Meinungsbildung immer wichtiger werden, und wie sehr sie auch manipuliert werden können. Die Fotografie kennt seit dem Amerikanischen Bürgerkrieg eine lange Tradition. Ob man sich als Fotograf manipulieren lässt oder seinen eigenen Grundsätzen folgt, selbst wenn sie oft unbequem sind, ist ein persönlicher Entscheid (Bildnachweis: In der vergangenen Nacht war, bescheidener Beitrag vom Home-Office aus, exif Daten der Sony auf Nachfrage).
Unter das Thema Vollmond fällt auch das Interview mit Roger de Weck, Generaldirekor der SRG als grösstem Medienkonzern der Schweiz, nun online auf Blick-Online. Eine professionelle PR hätte so etwas nie freigegeben. Doch an der Giacometti-Strasse lief man stets mit einem Messer im Rücken durch die Gänge. Für die Fotografie ist die aktuelle Diskussion von Bedeutung. Mit ihrer kaum mehr überschaubaren Verzettelung ist die SRG als Auftraggeberin auch für die Berufsfotografie ein babylonischer Turm.
Kurt W. Zimmermermann lancierte diese Woche sein Buch Menschen, Tiere, Sensationen. Neben Rainer Stadler (NZZ) betrachtet er sich in einem Interview mit persoenlich.ch als einziger namhafter Medienkritiker in der Schweiz. Dann fügt er an, dass Der Sonntag auch noch eine Medienseite habe, und erwähnt kurz das Internet, und kommt auf die Idee, dass auch seine Interview-Partner miteinbezogen werden könnten.
Mehr über die Zukunft der Print-Medien erfährt man in LeMatinDimanche, Seite 23. Hans-Peter Rohner, Chef der PubliGroupe, schätzt sein iPad. Er liest den Tages-Anzeiger um 6.30 Uhr, „gratuit“! „Pourquoi alors irais-je l’acheter une heure plus tard au kiosque de la gare?“ Soviel Ehrlichkeit erwartet man nicht vom CEO des führenden Unternehmens in unserer Branche. (Interview noch nicht online).
Zimmermann ist kein Freund des Internet. Das Buch heisst übrigens Schlagzeilen, Skandale, Sensationen und ist bei OF erschienen, und enthält weitgehend alte Kolumnen aus der Weltwoche. Man kann es in der Buchhandlung vis-à-vis vom Annahof auch gleich lesen, bei Starbucks im gleichen Haus). Ob man für die Weltwoche schreibt, ist eine Gewissensfrage.
Aus der Beliebigkeit gelangt man an diesem Wochenende zum Qualitätsjournalismus. Serge Höltschi hat sich als Fotograf in die amerikanische Boxszene gewagt und bringt mit Claudia Langenegger hervorragende Bilder in das SonntagsBlick Magazin. Doch dann geht es weiter, in eine Generation von Journalisten von früher mit Giorgio von Arb (Bild) und Erwin Koch (Text) über die umtriebigen Mönche in Disentis. Man muss die Bilder als Trailer für das Buch sehen, und kann es z.B. bei OF immer noch durchblättern, bevor man es kauft. Sie wirken, wie die Reportage , aus einer anderen Zeit. Vielleicht entspricht es dem Inhalt. Das Buch kann man ja auch verschenken.
Ivan Radia war einer der wenigen Journalisten, der gestern Nacht unsere Hundestaffel begrüsste, als sie aus Sendai zurück kamen. Die Frucht des langen Wartens im Niemandsland der Rega-Basis am Ende der Welt ist ein Beitrag in LeMatinDimanche, mit einem Bild von Alessandro della Bella für Keystone. Der Schreibende hätte die Kollegen und die Wauwaus zu Fuss besuchen können, wäre er nicht vor dem Fernseher eingeschlafen. Die Doppelseite in LeMatinDimanche ist auch aus einem anderen Grund bemerkenswert. Sie zeigt den Schneefall als Element zur Steigerung der Dramaturgie. Die Spitzenobjektive von Canon und Nikon, die dort produziert werden, ermöglichen selektive Schärfe, wie im Kino, und manchmal hilft auch Photoshop noch etwas mit.
Nebenbei, hervorragender Beitrag in LeMatinDimanche über Hockey, der härtesten Sportart, nach Eisfischen und Hunderennen, auch für Reporter. (Text Julien Caloz, Bildnachweis, Keystone für LeMatinDimanche).
Im SonntagsBlick Sport bringt Dominik Baumann Panorama-Bilder. Gar nicht so einfach, denn Ausleuchten kann man sie nicht. Man sieht es auch, das White Out im Hintergrund schaffen Photoshop und Mehrfach-Belichtungsprogramme nicht. (Seite 18/19, auch geeignet für Lehrmittel).
Dann kommt auf Seiten 24/25 der Absturz. Die Redaktion hat die Sportschützin Andrea Bürge völlig blutt auf die Doppelseite geklebt. Dazu wird noch erwähnt, dass sie Geflügelzüchterin erlernt hat. (Aufnahme Kilian J. Kessler). Der Beitrag ist absurd. Schiessen ist ein interessanter Sport (mentale Stärke, körperliche Kondition), doch, wie der Ehemann und Coach von Andrea Bürge auf die Idee kam, sie so entblütteln zu lassen, wissen wir nicht. Der Fotograf hat seine Pflicht getan.
Auch Der Sonntag zeigt seine Schwächen, mit einem Beitrag von Viviane Bühr über ein App, an dem Fabrio Soldati „herumknobelte“. Die Schweiz ist so gross, und um ein App zu schreiben, da muss man nicht Monate „herumknobeln“. Doch er hat es in Buenos Aires gemacht, und den exotischen Touch. Der Beitrag liegt unter dem Niveau von Der Sonntag. Vielleicht verbrachte in dieser Woche der Chef seine wohlverdienten Ferien. Wir vermissen seine gut recherchierten Beiträge. So bewegt sich die Medienkritik in der Schweiz auf schwachem Eis, auch wenn sie in diesen Tagen gefragt wäre.
DAS MAGAZIN überzeugt mit einem hervorragenden Beitrag (Text Sacha Batthyany, Bild Felix Brüggemann) über die Party-Szene in Ramallah. Wer dort war und eine schöne Nacht verlebt hat, findet den Ansatz nicht sehr originell. Doch dann beginnt man zu Lesen und die Bilder anzuschauen. Note 5.8 für Text und Bilder. Note 1 für den Internet-Auftritt. Liebe Kolleg/innen an der Werdstrasse, könntet Ihr uns nicht wenigstens ein Testbild senden?
FEMINA haben wir in Le Matin de Dimanche kaum gefunden, gleich drei Kataloge mit Autowerbung waren eingeklemmt. Das beweist, wie stark sich eine Zeitung in einer kleineren Region eines kleinen Landes sich entwickeln kann. Catherine, Mutter, 42, hat mit mit der Redakteurin ge-shopt. So etwas findet man in den Medien der Deutschweiz noch nicht. Sehr gut gemacht, und natürlich im Team, das auch erwähnt wird.
Und dann fanden wir noch ein Bild. Mahara McKay hat sich von ihrem Lover getrennt. Muriel Hilti /tillate.com) lichtete die Beiden in glücklichen Tagen ab. Man sprach gemäss SONNTAGSBLICK von einem „Traumpaar“. Vermutlich findet die liebesleidende Mahara im Tierbuch vergleichbare Exemplare unter „kratzt und beisst“. Doch es gibt auch Hoffnung. Hanspeter Danuser heiratete Amelie-Claire von Platen, bizarre Zeremonie, von Giancarlo Cattaneo fotografisch dokumentiert (ganz, ganz hinten im gleichen Blatt).
Gibts das Bild der Sony auch in scharf?
Das war kein Kameratest. Sony, oder andere Schöne auf dem Stativ, und auf dem Balkon, HDR verbessert, hätten meine Kompetenz überschritten. Ich brauchte als Textjournalist einen Teaser, und den baute ich mir als Heimwerker.